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Die Chemieindustrie und die dreifache Krise


BNP Paribas AM
Synthetische Chemikalien sind aus dem modernen Leben nicht mehr wegzudenken: Sie werden in fast 95 Prozent aller Produkte verwendet. Gleichzeitig sind nur wenige Sektoren ähnlich stark in die dreifache globale Krise verwickelt. Die Chemiebranche spielt sowohl für den Klimawandel, den Verlust der biologischen Vielfalt und die Umweltverschmutzung als auch für Gesundheitsprobleme beim Menschen eine Rolle.
- Der Chemiesektor ist weltweit die drittgrößte Quelle für industrielle Treibhausgasemissionen.
- Die Verschmutzung durch Chemikalien ist ein wichtiger Faktor für den Verlust der biologischen Vielfalt: Sie wirkt sich nachweislich negativ auf unter anderem Insekten, Bestäuber, Fische und Vogelpopulationen aus.
- Der lebenslange Umgang mit gefährlichen Chemikalien bedroht die Gesundheit der Arbeitnehmer und der Bevölkerung insgesamt.
Es liegt daher auf der Hand, wie wichtig der Übergang zu sicheren und nachhaltigen Chemikalien ist.
Hohe gesellschaftliche Kosten
In dem Maße, in dem das Verständnis für die weitreichenden Auswirkungen dieses Sektors wächst, steigen auch die Risiken für Unternehmen und Investoren. Die gesellschaftlichen Kosten der Umweltbelastung durch Chemikalien werden auf mehr als 10 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung geschätzt. Das entspricht 7,5 Billionen US-Dollar.
Dies verdeutlicht die wirtschaftlichen Folgen der Untätigkeit. Zum Vergleich: Die Gesamteinnahmen des Sektors beliefen sich im Jahr 2022 auf 5,72 Billionen US-Dollar. Die schwedische Nichtregierungsorganisation ChemSec schätzt, dass die Einnahmen aus per- und polyfluorierten Chemikalien (PFAS) – wegen ihres langen Verbleibs in der Umwelt auch Ewigkeitschemikalien genannt – im Jahr 2022 bei 26 Milliarden US-Dollar lagen. Die damit verbundenen gesellschaftlichen Gesamtkosten für Gesundheitsfürsorge, Umweltsanierung und Wasseraufbereitung betragen hingegen 16 Billionen US-Dollar jährlich.
Globaler Trend zu verschärfter Regulierung
Die Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt reagieren. Der Green Deal der Europäischen Union (EU), die Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit und andere Regulierungsinitiativen in Japan, den USA und dem Vereinigten Königreich unterstreichen den weltweiten Trend zu strengeren Vorschriften. Schätzungen zufolge beträgt die Marktkapitalisierung allein von Unternehmen, die von PFAS-Vorschriften betroffen sind, 30 Billionen US-Dollar.
Diese Entwicklung hin zu einer strengeren Regulierung sollte ein klares Signal an die Chemieunternehmen senden: Sie müssen jetzt investieren, um Alternativen zu den betroffenen Chemikalien zu finden und damit mögliche Kosten, Strafen und Bußgelder zu vermeiden.
Eine Verschärfung der Vorschriften könnte die Einnahmen gefährden und möglicherweise ganze Klassen von Chemikalien ins Abseits katapultieren. Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Ewigkeitschemikalien verstärken die Besorgnis noch weiter.
Große Unternehmen fordern aufgrund der nachgewiesenen Schäden ebenfalls ein Verbot gefährlicher Chemikalien. Damit signalisieren sie eine Verlagerung der Nachfrage auf sicherere Alternativen. Vor diesem Hintergrund müssen sich Investoren proaktiv engagieren, um den Übergang zu entsprechenden Produkten zu fördern.
Zahlreiche Initiativen fördern den Wandel
Es gibt zahlreiche Initiativen, die Anlegern dabei helfen. Climate Action 100+ und das Dekarbonisierungsprogramm von ShareAction richten sich unter anderem an viele große Chemieproduzenten. Die Institutional Investor Group on Climate Change (IIGCC) hat die Erwartungen der Investoren in Bezug auf die Umstellung der Chemieunternehmen auf Netto-Null-Emissionen veröffentlicht. Investoren können diese im Kontakt mit Akteuren der Petrochemie nutzen.
Die Investor Initiative on Hazardous Chemicals (IIHC) unterstützt das Engagement für eine stärkere Offenlegung der Produktion von PFAS und anderen Chemikalien. Nature Action 100 befasst sich mit den Auswirkungen der großen Unternehmen des Sektors auf die biologische Vielfalt. Das Chemical Footprint Project wiederum drängt dazu, die Verwendung schädlicher Chemikalien zu beenden.
Investoren, die Frühphaseninvestitionen in sichere und nachhaltige Alternativen erleichtern wollen, können Initiativen wie ISC3 und Transition Finance for Sustainable Chemicals and Materials unterstützen.
Wir sind der Meinung, dass die Umstellung der Chemiebranche auf sichere und nachhaltige Produkte ein entscheidender Faktor für eine gesunde und nachhaltige Zukunft entscheidend ist – und Investoren dazu maßgeblich beitragen können.