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Interview mit Stefan Fritz von GLS Investments „Ob Greenwashing oder Regulatorik: Glaubwürdigkeit ist wichtiger denn je“

Stefan Fritz, Spezialist Investmentfonds bei GLS Investments
Stefan Fritz, Spezialist Investmentfonds bei GLS Investments: „Was aus unserer Sicht noch zu wenig im Fokus steht, sind Sozialthemen, für die sich etwa unser Kinder Perspektivenfonds stark macht.“ | Foto: GLS Investments

DAS INVESTMENT: Herr Fritz, Sie nehmen an vielen Investorenkongressen teil: Was ist Ihr Eindruck im Gespräch mit Anlegern, wenn es um nachhaltige Investitionen geht?

Stefan Fritz: Viele Privatanlegerinnen und -anleger wollen etwas für die Umwelt tun, sie denken dabei oft auch an ihre Kinder oder Enkelkinder. Mit institutionellen Anlegern wiederum spreche ich über den zunehmenden regulatorischen Druck. In beiden Anlegergruppen, sorgt für eine gewisse Verwirrung, dass das EU-Parlament im vergangenen Jahr keine Einwände dagegen hatte, bestimmte Atomkraft- und Erdgasaktivitäten als umweltverträglich gelten zu lassen. Seit Jahresbeginn gelten somit Investitionen in diese Technologien unter bestimmten Bedingungen in der EU als „grün“ und sind als „Übergangstätigkeiten“ in die Taxonomie aufgenommen. Das bedeutet sie werden als Tätigkeiten klassifiziert, die den Übergang zur Klimaneutralität beschleunigen.

Gibt es weitere Kritikpunkte?

Fritz: In der Tat. Thematisiert wird zudem eine teils sehr kritische Berichterstattung der Medien über nachhaltige Anlageangebote. Das führt zu Glaubwürdigkeitsproblemen und Verunsicherung. Meiner Meinung nach hängt das nicht zuletzt mit dem Thema „Zeitenwende“ zusammen, mit dem wir uns seit gut einem Jahr auseinandersetzen müssen. Themen wie der Ukraine-Krieg und weitere geopolitische Konflikte überlagern die Nachhaltigkeitsdebatte. Damit hat sich am Markt beispielsweise die Einstellung zum Thema Rüstung – zu dem wir weiterhin sehr klar positioniert sind – geändert.

Nicht zuletzt überfordert die immer komplexere Regulatorik viele professionelle Anlegerinnen und Anleger, die dadurch im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte zuweilen etwas übermüdet sind.

Wie könnte einer gefühlten Übersättigung bei der überwältigenden Masse an Informationen rund um Klimawandel und ESG entgegengewirkt werden? Was muss sich ändern, damit der nachhaltige Kapitalmarkt noch transparenter wird und Anleger größeres Vertrauen gewinnen?

Fritz: Glaubwürdigkeit ist hier als ein ganz wichtiger Aspekt zu nennen. Sie entsteht nicht von heute auf morgen, sondern wächst über einen langen Zeitraum. Dafür braucht es eine klare, verständliche Kommunikation – und einfache Investitionsbeispiele und keine komplexen Zahlen- oder Scoring-Modelle. Die wenigsten Branchenfremden verstehen Scoring-Mechanismen. Beispiel: Was ist eine 7 im Vergleich zu einer Benchmark von 5? Das ist wenig durchsichtig. Wir setzen stattdessen auf Investitionsberichte, die in Richtung eines greifbaren Storytellings gehen. Sie stellen nachhaltige Geschäftsfelder vor, und zeigen mittels verständlicher Diagramme eindeutig auf, wieviel Prozent des Portfolios in welchen Sparten allokiert sind; sei es nachhaltige Mobilität oder erneuerbare Energien.

Wichtig ist uns ebenfalls, das Investieren stets ganzheitlich betrachtet wird: Neben Umwelt- und Klimathemen ist es uns ein großes Anliegen, auch soziale Themen abzudecken.

Viele Anleger wünschen sich, neben der Rendite, einen nichtfinanziellen Mehrwert mit ihrer Geldanlage zu erzielen. Wie lässt sich sicherstellen, dass die Geldanlage den gewünschten Impact hat?

Fritz: Indem wir bei Kapitalmarktfonds in den direkten Dialog mit Unternehmen gehen, auch Engagement genannt. In Gesprächen setzen wir uns gezielt und beharrlich für Verbesserungen ein, zum Beispiel wenn Unternehmen Kontroversen aufweisen. Nehmen wir beispielsweise die Telekom Austria. Wir kontaktierten den Kommunikationsdienstleister wegen Geschäftstätigkeiten in Belarus. Der Vorwurf lautete, dass Telekom Austria an der Störung von Webseiten einzelner Oppositioneller beteiligt war. Aus unserer Sicht konnte das Unternehmen die Vorwürfe nicht ausreichend entkräften. Wir haben das Unternehmen daraufhin aus den Portfolios genommen.

Wir setzen aber auch auf thematisches Engagement. Ein Dämmstoffhersteller im Portfolio verwendet in der Produktion Formaldehyd, dessen Einsatz in der Regel mit hoher Luftverschmutzung einhergeht. Auch hier traten wir in den Austausch. Der Hersteller hat verständnisvoll reagiert und legte detailliert dar, wie versucht wird, den Einsatz der Chemikalie zu minimieren. In unsere Investitionsberichte nehmen wir solche Beispiele auf, um zu zeigen, bei welchen Unternehmen wir in welcher Hinsicht mehr Nachhaltigkeit einfordern.

Mit dem Kinder Perspektivenfonds bietet GLS Investments seit kurzem einen ganz eigenen Ansatz der nachhaltigen Entwicklung an. Was hat es mit dem Fonds auf sich?

Fritz: Wir sind mit dem Kinder Perspektivenfonds (ISIN: DE000A3DEBS8) Anfang Januar dieses Jahres an den Markt gegangen. Wir sind sehr froh, dass es uns gelungen ist, den Fonds aufzusetzen, denn das Thema Kinderrechte findet bislang nur sehr wenig Beachtung am Kapitalmarkt. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Stärkung von Kinderrechten weltweit zu leisten und haben uns dazu Verstärkung durch die erfahrene NGO „SOS-Kinderdörfer weltweit“ geholt.

Beim Kinder Perspektivenfonds handelt es sich um einen offensiven Mischfonds mit zwei Dritteln Aktien und einem Drittel Anleihen. Investiert wird in Unternehmen, die sich bei der Einhaltung von kinderrechtlichen Sorgfaltspflichten besonders auszeichnen. Die Unternehmen stellen Produkte und Dienstleistungen bereit, die zur Stärkung von Kinderrechten beitragen. Die Titel im Portfolio durchlaufen ein mehrstufiges Auswahlverfahren, das auf den bewährten Anlagegrundsätzen von GLS Investments basiert. Zusätzlich haben wir einen auf kinderrechtliche Belange orientierten Prüfschritt eingeklinkt, um die besondere thematische Ausrichtung zu unterstreichen. Uns macht besonders stolz, dass es uns gelungen ist, ein externes Expertengremium einzurichten. Dieser „Engagement Council“, unter Leitung der SOS-Kinderdörfer weltweit, setzt sich für den verstärkten Dialog mit Unternehmen ein, um auf das Thema Kinderrechte aufmerksam zu machen und das Thema voranzubringen. Die „SOS-Kinderdörfer weltweit“ beraten uns in Bezug auf Kinderrechte und bringen ihre Erfahrungen aus über 70 Jahren als Kinderhilfsorganisation in den Engagement Council mit ein.

Mit dem Kinder Perspektivenfonds hat GLS Investments sich ein besonderes Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Welche weiteren Trends zeichnen sich derzeit im Bereich nachhaltiger Investments ab und welche Chancen bieten sich hier für Anleger?

Fritz: Der Kinder Perspektivenfonds ist noch ein Nischenthema, es gibt bislang nur ein paar Mitbewerber, beispielsweise aus dem kirchlichen Bereich. Beim Blick auf Trends erwarten wir, dass sich das, salopp gesagt, Regulatorik-Karussell noch einige Runden weiterdrehen und bei einigen Marktteilnehmern noch für ein flaues Gefühl im Magen sorgen wird. Die Diskussionen rund um das Greenwashing werden uns ebenfalls weiter begleiten. Glaubwürdigkeit ist deshalb wichtiger denn je. Der Fokus im Markt wird zukünftig weiterhin auf Klima- und Umweltthemen liegen, entsprechend regulatorisch getrieben. Wichtiger wird zudem das Thema Biodiversität. In diesem Bereich wird es nach und nach immer mehr Strategien geben. Was aus unserer Sicht noch zu wenig im Fokus steht, sind Sozialthemen, für die sich etwa unser Kinder Perspektivenfonds stark macht. Hier bieten sich eine Reihe von Zukunftschancen für Anlegerinnen und Anleger. Wir wollen das „S“ in ESG bewusst stärken.

Zum Interviewten:

Stefan Fritz arbeitet als Spezialist Investmentfonds mit Fokus Sustainable Finance Regulatorik, Prozessmanagement und Fachkommunikation bei GLS Investments. In den Jahren 2015 bis 2018 war er für das französische Researchunternehmen Novethic mit Sitz in Paris tätig und baute dort u.a. das Audit des FNG-Siegels auf.

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Alleinige Grundlage für den Kauf von Fondsanteilen sind die Verkaufsunterlagen (Basisinformationsblatt, aktueller Verkaufsprospekt inklusive Anlagebedingungen, letztverfügbarer Halbjahres- und Jahresbericht). Eine aktuelle Version der Verkaufsunterlagen in deutscher Sprache erhalten Sie kostenlos in Papierfassung bei der jeweiligen Verwahrstelle, der jeweiligen Verwaltungsgesellschaft und hinsichtlich der BFS-Fonds zusätzlich bei der Vertriebsstelle sowie im Internet unter www.universal-investment.com, www.gls-investments.de und www.sozialbank.de

Das Investmentvermögen weist ein nicht auszuschließendes Risiko erhöhter Volatilität auf, d.h. in kurzen Zeiträumen nach oben oder unten stark schwankender Anteilspreise. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung und garantiert nicht notwendigerweise positive Entwicklungen in der Zukunft. 

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