Nachhaltigkeitsexperte Dominik Benedikt
Ein ewiger Kreislauf

Dominik Benedikt ist Research Analyst bei der österreichischen Fondsgesellschaft Erste Asset Management. Foto: Erste Asset Management
Kobalt und Lithium sind heiß begehrte Rohstoffe, doch ihr Abbau ist umweltschädlich und das Recycling schwierig. Ein Gastbeitrag von Dominik Benedikt, Nachhaltigkeitsexperte bei der Fondsgesellschaft Erste Asset Management.
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Eine kontinuierliche, lineare Entnahme aus einem System in Richtung eines anderen Systems führt stets zu Problemen. Dies gilt für die negative Leistungsbilanz einer Volkswirtschaft wie auch Rohstoffe. Manche sind wie Sand am Meer verfügbar, werden aber in benötigten Qualitäten immer knapper. Der Abbau ist häufig mit ökologischen und sozialen Problemen behaftet.
Ein Beispiel ist Lithium, für dessen Abbau enorme Mengen Wasser eingesetzt werden müssen. Kobalt ist ebenfalls ein knapper Rohstoff. Beide Rohstoffe sind Ausgangsmaterial jener Batterien, die den nachhaltigen Wandel zur Elektromobilität antreiben sollen.
Kobalt ist besonders problematisch. Erstens ist es nicht nur beschränkt verfügbar, sondern es liegen etwa 60 Prozent der Vorkommen in der Demokratischen Republik Kongo, einem Land in dem Menschenrechtsverstöße keine Seltenheit sind. Zweitens wird es häufig unter katastrophalen Arbeitsbedingungen abgebaut.
Rund 20 Prozent des Abbaus erfolgt in unregulierten Minen, in denen Arbeitssicherheit ein Fremdwort, Kinderarbeit und schwerste Unfälle dafür an der Tagesordnung sind. Drittens ist Kobalt ein giftiges Schwermetall. In Spuren ist es als Vitamin B12 lebensnotwendig, gelangen aber große Mengen aus achtlos entsorgten Akkus ins Grundwasser, ist es hochgiftig.
Trotz aller Anstrengungen der Batterieindustrie, den Kobalt-Anteil in Akkumulatoren zu senken, ist der Rohstoff unverzichtbar. Doch wie kann das Problem gelöst werden? Durch Recycling ist es möglich, die in Batterien enthaltenen Metalle zurückzugewinnen. Dadurch wird nicht nur der Lebenszyklus von Elektroautos verlängert – ein häufiger Kritikpunkt an der Elektomobilität – sondern auch eine alternative, nachhaltigere Kobalt-Quelle erschlossen. Dies trägt unmittelbar dazu bei, soziale und ökologische Probleme, die mit der steigenden Nachfrage nach Lithium und Kobalt einhergehen, abzufedern.
Umicore, Europas größtes Recyclingunternehmen für Batterien, gewinnt nach eigenen Angaben bis zu 80 Prozent des in den Batterien enthalten Materials zurück. Ein vollständiges Recycling scheitert weniger an der Machbarkeit, als an einer noch mangelnden Wirtschaftlichkeit.
Die Beschränkung des Recyclings aufgrund von Kostenargumenten ist ein immer weniger triftiges Argument. Das Recycling-Unternehmen Tomra liefert nicht nur Recycling-Technologie, sondern hat in den USA begonnen, auf eigene Rechnung eine Rohstoffkette für wiederverwertetes Plastik aufzubauen. Diese beginnt bei der Sammlung und Sortierung und endet bei der Wiedervermarktung der sauber getrennten Kunststoffe.
Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass durch die unsachgemäße Entsorgung jährlich Rohstoffe im Wert zwischen 90 und 120 Milliarden US-Dollar verloren gehen. Also doch the Circle of Life? Nicht ganz. Eine Herausforderung des Recyclings ist, dass dieses bei vielen Materialien häufig noch ein sogenanntes Downcycling ist: aufgrund von Verunreinigungen kann das wiederwertete Material nur für minderwertigere Nutzungen in den Kreislauf rückgeführt werden.
Ein Ansatz, der versucht, dies zu umgehen, heißt „Cradle to Cradle“. Dieser Entwurf für eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft wurde Ende der 1990er-Jahre vom deutschen Chemiker Michael Braungart und dem US-amerikanischen Architekten William McDonough entworfen. Dabei geht es darum, Produkte von Anfang an so zu entwerfen, dass diese am Ende ihres Lebenszyklus vollständig und ohne Downcycling der Rohstoffe wiederverwertet werden können.
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