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Nächste Runde Was die EZB noch in der Tasche hat

Jetzt tritt das ein, was wir schon seit langem befürchtet hatten. Über Jahre wurde diskutiert, was wohl passieren würde, wenn sich die Konjunktur abschwächt und die Zentralbanken dann keine Munition mehr hätten, um gegenzusteuern. Müssen dann andere die Stabilisierungsaufgabe über­nehmen oder rauschen wir mit Vollgas in die Rezession?

Die Zentralbanken haben das Risiko stets geleugnet. Sie behaupteten mit dem Brustton der Überzeugung, sie hätten trotz der niedrigen Zinsen und der hohen Liquidität genügend Möglichkeiten, um eine zu starke Verringerung der Inflation zu verhindern. Aber was sie wirklich in der Tasche hätten, haben sie nicht gesagt.

Nun ist es soweit. Die Konjunktur geht in den Keller. Wenn es schlecht kommt (wenn die Amerikaner zum Beispiel Zölle auf deutsche Auto-Exporte verhängen), müssen wir uns auf eine Rezession einstellen. Der Leitzins, gemessen am Einlagensatz der EZB, beträgt jetzt schon minus 0,4. Die Wertpapierkäufe der vergangenen Jahre belaufen sich auf 2.600 Milliarden Euro Ist da noch mehr möglich?

Wenn man länger nachdenkt, kommt man in der Tat auf eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten, die die EZB noch hat. Drei Gebiete bieten sich an. Erstens kann sie die Zinsen weiter senken. Bei der Einlagenfazilität hat sie das schon angedeutet. Zusätzlich kommen aber auch die Hauptrefinanzierungsfazilität (derzeit 0 Prozent) und die Spitzenrefinanzierungsfazilität (derzeit 0,25 Prozent) in Frage.

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Darüber hinaus kann sie den Einlagenzins für verschiedene Banken beziehungsweise Bankengruppen differenzieren, um die Belastungen zu verringern. Sie kann beispielsweise den Satz für kleinere Kreditinstitute niedriger ansetzen als für große. Das ist in letzter Zeit unter dem Namen „Tiering“ diskutiert worden. Sie kann aber auch die Banken je nach Einlagenstruktur unterschiedlich belasten. Denkbar etwa ist, Banken mit vielen Klein-Einlagen zu schonen. Hintergedanke ist, dass solche Banken bei einer Überwälzung der Kosten auf die Kunden eine größere Unruhe in der Bevölkerung auslösen könnten. Im Extremfall könnte es zu einem Run kommen, den man in jedem Fall vermeiden will.

Zweitens kann die EZB die Wertpapierkäufe wieder aufnehmen. Auch hier hat sie mehrere Möglichkeiten. Sie kann wie bisher Staatsanleihen und Unternehmensanleihen kaufen. Denkbar ist auch, dass sie Bankschuldverschreibungen erwirbt, wobei sich hier allerdings Interessenkollisionen mit ihrer Funktion als oberster Bankenaufseher ergeben können. Darüber hinaus kann sie auch Aktien kaufen. Die Schweiz und Japan haben damit gute Erfahrungen gemacht. Denkbar ist auch, dass die EZB die Kredite an Banken zur Refinanzierung ihres Kreditgeschäfts (die soge­nannten TLTROs) noch stärker ausweitet.

Dritter Ansatzpunkt für eine weitere Lockerung der Geldpo­litik, der für den Extremfall einer tiefen Rezession diskutiert wird, ist das „Helikoptergeld“. Es wurde von dem früheren amerikanischen Notenbankpräsidenten Ben Bernanke ins Gespräch gebracht. Seine Idee: Wenn alle Stricke reißen, lässt man von Hubschraubern willkürlich Geldscheine auf das Land abwerfen. Die Menschen, die solche Scheine finden, werden damit einkaufen und damit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ankurbeln. Das klingt verrückt. Man kann das aber auch etwas diskreter machen, indem die Notenbank jedem Kontoinhaber eine bestimmte Summe überweist und damit die Geldmenge erhöht.

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