Natixis-Chefstratege David Lafferty
Die Krux mit den Aktienrückkäufen
Aktualisiert am 06.03.2020 - 16:35 Uhr
Apple-Logo: Der Technologieentwickler hat in den vergangenen zwei Jahren Aktien im Wert von 140 Milliarden US-Dollar zurückgekauft.
2019 haben Unternehmen weltweit Aktien im Wert von 1.000 Milliarden US-Dollar zurückerworben. Fluch oder Segen für die Wirtschaft? Natixis-Chefstratege David Lafferty gibt eine Einschätzung ab.
Eigentlich begeben Unternehmen Aktien, um sich von Anlegern Geld für neue Investitionen zu besorgen. Tatsächlich sind es aber seit einiger Zeit immer mehr die Unternehmen selbst, die ihre eigenen Aktien den Anlegern abkaufen. Laut einer aktuellen Schätzung haben amerikanische Unternehmen zwischen den Jahren 2009 und 2019 Aktien im Volumen von 4.000 Milliarden US-Dollar erworben.
Weltweit werden es allein in 2019 wohl nahezu 1.000 Milliarden US-Dollar sein, die von den Unternehmen zurück zu den Anlegern wanderten; vier Fünftel davon von Unternehmen mit Sitz in den USA. Allein Apple hat in den letzten beiden Jahren Aktien im Wert von 140 Milliarden Dollar zurückgekauft. In Europa sind...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Eigentlich begeben Unternehmen Aktien, um sich von Anlegern Geld für neue Investitionen zu besorgen. Tatsächlich sind es aber seit einiger Zeit immer mehr die Unternehmen selbst, die ihre eigenen Aktien den Anlegern abkaufen. Laut einer aktuellen Schätzung haben amerikanische Unternehmen zwischen den Jahren 2009 und 2019 Aktien im Volumen von 4.000 Milliarden US-Dollar erworben.
Weltweit werden es allein in 2019 wohl nahezu 1.000 Milliarden US-Dollar sein, die von den Unternehmen zurück zu den Anlegern wanderten; vier Fünftel davon von Unternehmen mit Sitz in den USA. Allein Apple hat in den letzten beiden Jahren Aktien im Wert von 140 Milliarden Dollar zurückgekauft. In Europa sind die Rückkäufe mit einem Volumen von 100 Milliarden US-Dollar zwar deutlich geringer, der Trend geht aber ebenfalls nach oben.
Verkehrte Welt? Jedenfalls wirft diese Verwendung von Kapital viele Fragen auf, darunter auch solch weitreichende wie: Werden dadurch Löhne und Gehälter niedrig gehalten? Werden Fortschritt und Innovation verhindert? Tragen sie zur Ungleichverteilung von Vermögen bei? Braucht eine alternde und schrumpfende Volkswirtschaft generell weniger Kapital?
So weit will ich gar nicht gehen, sondern eine viel einfachere, für den Investor gleichwohl wichtige Frage stellen: Sind Aktienrückkäufe immer ein gutes Zeichen für die Stärke eines Unternehmens?
Zugegeben: Aktienrückkäufe scheinen ein relativ einfaches Management-Tool zu sein, quasi ein Allheilmittel gegen alles, was den Aktienkurs schrumpfen lässt. Schlechte Quartalsergebnisse? Verlust von Führungskräften? Sinkende Gewinnmargen?
Wenn Unternehmen ein Aktienrückkaufprogramm ankündigen, reduzieren sie die Anzahl der ausstehenden Aktien, und der Markt wird das Unternehmen wahrscheinlich mit steigenden Kursen belohnen. Und nicht nur das eigene Unternehmen: Immerhin reduziert das immens hohe Volumen an Rückkäufen das Angebot an Aktien im Allgemeinen, und Knappheit sorgt dann auch auf der Ebene eines Index für steigende Preise.
Diese einseitig optimistische Sichtweise ist zu naiv. Die Entscheidung für einen Aktienrückkauf ist ein komplexer Balanceakt über alle Stakeholder und Zeithorizonte hinweg. Aktive Investoren, ob Sell-Side-Analysten oder Buy-Side-Investoren, müssen diese Rückkaufprogramme genauer unter die Lupe nehmen. Sie können durchaus ein wirksames Instrument sein, um Wert für die Aktionäre freizusetzen. Sie sind aber längst kein Allheilmittel – und sie sind nicht umsonst.
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