Natixis-Chefstratege David Lafferty
Sieben offensichtliche und weniger offensichtliche Risiken
Aktualisiert am 01.08.2019 - 11:00 Uhr
David Lafferty, Chefstratege bei Natixis Investment Managers Foto: Natixis IM
Kein Zweifel: Die Rally, die sämtliche Risikoaktiva hingelegt haben, ist beeindruckend. Seit dem Tiefpunkt des S&P 500 an Heiligabend 2018 liegen US-Aktien um 18,8 Prozent höher, globale gemessen am MSCI World Index um 16,5 Prozent (Stand Ende Februar). Selbst Schwellenländeraktien stiegen um 11,8 Prozent. Bei Anleihen haben sich die Spreads im High-Yield-Segment um über 140 Basispunkte erhöht, während US-Investment-Grade-Anleihen um 27 Basispunkte gestiegen sind. Dennoch: Wir bleiben skeptisch und verweisen auf die sieben Risiken, die wir am Horizont sehen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das von Demokraten kontrollierte US-Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren („Impeachment“) einleitet, sehen wir bei mindestens 50 Prozent. Schließlich reicht eine einfache Mehrheit der Abgeordneten, um eine Anklage an den Senat weiterzuleiten. Dort allerdings muss für eine Verurteilung in öffentlicher Abstimmung zu jedem Anklagepunkt eine Zweidrittelmehrheit erreicht werden. Das macht eine Entfernung Trumps aus dem Amt weitaus unwahrscheinlicher – immer abhängig davon, was Mueller tatsächlich findet.
Stellt eines dieser Szenarien – Impeachment mit oder ohne Verurteilung – eine ernsthafte Bedrohung für den Markt dar? Sicher nicht. Aber ein...
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Die Wahrscheinlichkeit, dass das von Demokraten kontrollierte US-Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren („Impeachment“) einleitet, sehen wir bei mindestens 50 Prozent. Schließlich reicht eine einfache Mehrheit der Abgeordneten, um eine Anklage an den Senat weiterzuleiten. Dort allerdings muss für eine Verurteilung in öffentlicher Abstimmung zu jedem Anklagepunkt eine Zweidrittelmehrheit erreicht werden. Das macht eine Entfernung Trumps aus dem Amt weitaus unwahrscheinlicher – immer abhängig davon, was Mueller tatsächlich findet.
Stellt eines dieser Szenarien – Impeachment mit oder ohne Verurteilung – eine ernsthafte Bedrohung für den Markt dar? Sicher nicht. Aber ein hässliches Verfahren und ein noch schärferer Kampf zwischen den Parteien wären kurzfristig nicht gut für die Märkte. Niemand mag Unsicherheit. Doch fundamental wird sich in den nächsten zwei Jahren in Bezug auf die Steuersenkungen oder Deregulierungen, die seit der Wahl von Trump die Herzen der US-Aktienanleger erobert haben, kaum etwas ändern. Im extremsten Fall würde nach einem erfolgreichen Amtsenthebungsverfahren Präsident Trump durch Vizepräsident Mike Pence ersetzt. Und der würde die aktionärsfreundliche Politik der jetzigen Regierung höchstwahrscheinlich für den Rest der Amtszeit fortsetzen.
Anders sieht die Sache aus, wenn es den Demokraten in 2020 gelingen würde, einen sauberen Schnitt zu machen. Dann kämen von der politischen Seite neue Risiken auf die Märkte zu. Zwar würde ein Risiko, nämlich der Unsicherheitsfaktor Trump, wegfallen. Aber der Effekt, wenn etwa die Steuersenkungen zurückgenommen werden sollten, wäre stärker und würde die US-Aktien am meisten treffen. Zusammengefasst: Für 2019 sehen wir den Schlagabtausch zwischen Mueller, den Demokraten und der Trump-Administration als volatile Ablenkung, aber nicht als Impuls für eine Baisse, die wir mithin nur eine Wahrscheinlichkeit von 25% geben.
Datenschutz
Ein letztes Risiko sehen wir in zunehmender Regulierung von Datensicherheit und –vertraulichkeit. 2019 könnte sich als das Jahr erweisen, in dem die Regierungen ernsthaft beginnen, die Verwendung personenbezogener Daten einzuschränken. Wenn nach der Allgemeinen Datenschutzverordnung der EU (DSGV) jetzt auch der US-Kongreß Untersuchungen einleitet, zeigt das, dass das Thema nicht wieder weggeht. So wichtig der Persönlichkeitsschutz ist – der wirtschaftliche Impact von "Big Data“ beruht nun mal auf der Monetarisierung dieser Daten; sei es durch den Verkauf personenbezogener Daten oder durch die Verwendung für die Feinsteuerung von Werbegeldern. Das zeigt – völlig wertfrei – das Spannungsfeld: Zunehmende staatliche Kontrolle kann es für Unternehmen in Zukunft schwieriger machen, von diesen Daten zu profitieren.
Sicher wird im politischen Prozess ein Interessenausgleich gesucht werden. Dennoch sehen wir eine Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent, dass die Regulierungsbehörden den „Big Data“- Hype tatsächlich abwürgen. Die Auswirkungen wären erheblich, da Datenschutzfragen für fast alle Unternehmen in den großen Indizes gelten und somit weit über die größten Namen der Technologiebranche hinausgehen. Dieses Risiko wird weithin unterschätzt.
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