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„Was die Staatsfinanzen betrifft, könnte Russland einigen EU-Mitgliedern als Vorbild dienen“

Angelika Millendorfer, RCM
Angelika Millendorfer, RCM
DAS INVESTMENT.com: Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat zwar alle Länder erfasst. Am schlechtesten schnitt 2008 jedoch der russische Markt ab. Warum?

Angelika Millendorfer: Als ein zyklischer Markt hat Russland stärker als andere Länder unter den krisenbedingten Einbrüchen gelitten. Hinzu kam die negative Marktstimmung, die zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wurde. Trotz der teilweise gar nicht so schlechten Fundamentaldaten versuchten die Investoren panikartig, ihre Russland-Investments loszuwerden. Dadurch fielen die Aktienkurse ins Bodenlose, was den Ausverkauf weiter beschleunigte.

DAS INVESTMENT.com: Daraufhin schloss die Regierung im Oktober 2008 kurzerhand die Börsen. Und auch sonst mischt sich Kreml nur zu gerne ins Wirtschaftsgeschehen ein. Ein Anlegerparadies sieht anders aus.
Millendorfer: Nicht unbedingt. Denn wie das jüngste Leerverkauf-Verbot in Deutschland zeigt, ist man vor investorenunfreundlichen politischen Entscheidungen auch in den Industrieländern nicht gefeit. Was zählt, ist der langfristige Erfolg – und Russland-Fonds schnitten auf Zehn-Jahres-Sicht weltweit fast am besten ab. Zudem litt Russland aufgrund seiner zyklischen Wirtschaft zwar am meisten unter der Krise, hat aber auch am stärksten von dem jetzt einsetzenden Aufschwung profitiert.

DAS INVESTMENT.com: Die Entwicklung des russischen Aktienmarktes gleicht also einer Achterbahnfahrt. Ist es nicht zu gefährlich, jetzt dort einzusteigen?

Millendorfer: Wer in Schwellenländern investiert, sollte grundsätzlich mit einer hohen Volatilität rechnen. Dafür gibt es aber hohe Risikoprämien. Und verglichen mit anderen Schwellenmärkten sind russische Aktien derzeit immer noch gut bewertet. Wir gehen davon aus, dass Russland-Papiere auch in der zweiten Jahreshälfte für Investoren interessant bleiben werden.

DAS INVESTMENT.com: Meinen Sie damit Gasprom, Lukoil und andere Energie-Werte? Millendorfer: Nicht nur. Natürlich hat Russland als der größte Produzent von Erdöl und Gas enorm von den steigenden Energiepreisen in den vergangenen zehn Jahren profitiert. Doch jetzt hat die Ölproduktion einen Punkt erreicht, ab dem nur noch ein langsames Wachstum möglich ist. Denn die kosteneffiziente Erdölförderung aus leicht erschließbaren Ölfeldern stößt nun an ihre Grenzen.
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