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Honorarberatungsgesetz: „Das versteht kein Kunde“

Rüdiger Reinholz, Chef und Gründer von Reinholzcapital
Rüdiger Reinholz, Chef und Gründer von Reinholzcapital
Jeder Supermarkt führt Light-Lebensmittel, die als besonders fett- und kalorienarm angepriesen werden. Doch Experten raten von solchen Produkten ab: Sie enthielten versteckte Dickmacher und seien obendrein noch ungesünder als das Original. Mit anderen Worten: Eine Mogelpackung, die diätwillige Verbraucher in falscher Sicherheit wiegt.

Das Ende April vom Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente“ funktioniere nach einem ähnlichen Prinzip, meint die Opposition. Vor allem der sogenannte „Honorarberater light“ ist den SPD- und Grünen-Politikern ein Dorn im Auge.

Denn neben dem Honorar-Anlageberater, der im Kreditwesengesetz (KWG) reguliert wird und den strengen Anforderungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) sowie der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) unterliegt, legt die neue Regulierung auch das Berufsbild eines Honorar-Finanzanlageberaters fest.

Letzterer darf ausschließlich zu offenen und geschlossenen Fonds sowie zu Vermögensanlagen beraten und wird vom Gewerbeaufsichtsamt überwacht. Ein einheitliches Verbraucherschutzniveau könne damit nicht gewährleistet werden, meinen SPD und Grüne und fordern eine einheitliche Aufsicht, die bei der Finanzbehörde Bafin liegen soll.

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Auch Branchenvertreter schließen sich dieser Forderung an. Örtliche Gewerbeämter wären mit ihrer Funktion als Kontrollorgan komplett überfordert, erklärt Dieter Rauch, stellvertretender Vorsitzender des Berufsverbands deutscher Honorarberater (BVDH). „Morgens überwachen sie die Hygiene in der Frittenbude und nachmittags komplexe Finanzdienstleistungen“, sagt er. Das könne nicht funktionieren.

Auch den Anlegern tue der Gesetzgeber mit dieser Spaltung keinen Gefallen, meinen einige Branchenvertreter. Der Verbraucher werde im Paragraf 34 Gewerbeordnung (GewO) nun – nach c, d, e und f – bereits mit dem fünften Buchstaben h für den Honorar-Finanzanlagenberater „regelrecht erschlagen“, sagt Hans-Joachim Reich von Reich Consulting.

Zusätzlich kämen die Honorarberater-Neuerungen im KWG hinzu. Da würden selbst Fachleute verzweifeln, ist der Honorarberater überzeugt. „Das versteht kein Kunde“, bestätigt Rüdiger Reinholz von Reinholzcapital.

Versicherungen bleiben außen vor

Auch die Tatsache, dass das neue Gesetz sich auf Finanzanlagen beschränkt und die Versicherungsvermittlung außer Acht lässt, stößt sowohl in der Opposition als auch in der Branche selbst auf Kritik. Indem die Honorarberatung auf bestimmte Produkte beschränkt werde, verfehle es sein Ziel, die Kunden umfassend zu beraten und bedarfsgerechte Lösungen zu entwickeln, so die Argumentation. „Wenn schon Honorarberatung, dann richtig“, meint Reinholz. Sonst könnten Berater, die sowohl im Finanz- als auch im Versicherungsbereich tätig sind, doppelt abkassieren, befürchtet er.

Auch Dorothea Mohn von der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) vermisst die Möglichkeit, einen ganzheitlichen Beratungsansatz anzubieten, der Versicherungen, Spareinlagen, Bausparverträge und Kredite einschließt. Sie bezeichnet das neue Gesetz als „Placebo“ und fordert eine „echte Regulierung“. Die Regierungsparteien hingegen verstehen die Aufregung nicht. Sie bezeichnen die Regulierung der Honorar-Anlageberatung über Finanzinstrumente als einen ersten Schritt.

Im Versicherungsbereich wolle man zunächst die Vorgaben europäischer Regulierungsbehörden abwarten, erklärt Björn Sänger, der für die gesetzliche Regelung der Honorarberatung zuständige Berichterstatter in der FDP-Bundestagsfraktion. Außerdem gäbe es auf dem Markt derzeit kaum Netto-Tarife, was die Produktauswahl für Versicherungs-Honorarberater wesentlich einschränke.

Denn im Gegensatz zu Honorar-Anlageberatern dürfen unabhängige Versicherungsberater laut Paragraf 34 e GewO keine Provisionen annehmen, selbst wenn sie diese an die Kunden weiterleiten würden. Zudem existiert das umstrittene Provisionsabgabeverbot immer noch – auch wenn die Finanzaufsicht bis zur endgültigen Klärung keine Verstöße gegen dieses Verbot ahndet. Doch ob Versicherungen oder Finanzanlagen: Ganz unproblematisch ist die Durchleitung der Provisionen an den Kunden nicht.

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