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Negativzinsen, Teil 3 „Verstehen die Kunden, was geschieht, kommt es zum Bank Run“

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Die Negativverzinsung hat auch die Fondsbranche erreicht: Mindestens drei - wahrscheinlich aber vier - der fünf größten Depotbanken verlangen von den Fonds Strafzinsen für die Cash-Vorräte. Die Fondsgesellschaften werden die Strafgebühren wohl an die Anleger weiterleiten müssen. Welche Auswirkungen wird das auf die Fondsbranche haben?

Der Strafzins kann unkluges Investieren befördern: Investoren erhalten den Anreiz, wenig oder keine Kasse zu halten, obwohl es Marktbedingungen geben kann, in denen die Kassenhaltung vorteilhaft ist. Zudem wird vermutlich auch die Nachfrage nach Euro-Anleihen steigen und die Renditen noch weiter nach unten ziehen. Schließlich ist eine Nullverzinsung auf Schatzanweisungen immer noch besser, als 0,25 Prozent pro Jahr bei der Kassenhaltung zu verlieren. Die Bereitschaft, sich schlechte Risiken zu extrem tiefen Zinsen einzukaufen, steigt. Und nicht zuletzt dürften Ausländer ihre Euro-Kassenhaltung zurückfahren, das sollte tendenziell den Euro-Außenwert schmälern.

Negativzinsen aufs Tages- und Festgeld, steigende Kosten bei Fonds: Sollen Anleger ihr Geld nicht besser vom Konto abheben und unter die Matratze oder in den Banktresor legen?

Wenn die EZB so weiter macht, wird Bargeldhaltung in der Tat vorteilhafter sein als die Haltung von Sicht-, Termin- und Spareinlagen bei Banken. Bei der Schließfachlagerung des Bargeldes sollte man sich jedoch vorher genau informieren, wie hoch zum Beispiel die Versicherungssumme ist. Schließlich werden auch in Banken zuweilen Tresore geknackt (DAS INVESTMENT.com berichtete) Man könnte auch darüber nachdenken, in Fremdwährungen auszuweichen – wie Schweizer Franken und US-Dollar. Allerdings geht man dann Wechselkursrisiken ein.

Welche alternativen Geldanlagen sehen Sie im derzeitigen Zinsumfeld?

Produktivkapital, im einfachsten Fall der Erwerb von Aktien, gegebenenfalls auch der Einstieg in Private-Equity-Formate. Genauer: das Investieren in Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auch in wirtschaftlich und monetär turbulenten Zeiten bestehen können. Solche „guten Unternehmen“ aufspüren und sie zu günstigen Preisen kaufen, ist, wie ich meine, die überlegene Strategie. Sie geben dem Investor die Möglichkeit, eine Rendite zu erzielen, die höher liegt als die Teuerungsrate, also eine positive reale Verzinsung zu erwirtschaften. Sparer und Investoren sollten zudem daran denken, Gold als Teil ihrer Vorsichtskasse zu halten.


Zur Person: Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa. Informationen über seinen Investmentansatz finden Sie hier: www.polleit-riechert.com.  

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