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Weshalb darf der größte Rüstungs-ETF nicht in Rheinmetall investieren?

Wenn es kracht auf der Welt, profitieren die Waffenhersteller. Ganz vorne mit dabei: Rheinmetall. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern ist einer der größten Gewinner an der Börse seit Beginn des Ukraine-Kriegs.
Die beeindruckende Kursentwicklung hat das Unternehmen sogar in den deutschen Leitindex Dax katapultiert. Als Vorzeigekonzern der heimischen Rüstungsindustrie ist Rheinmetall in nahezu allen ...
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Wenn es kracht auf der Welt, profitieren die Waffenhersteller. Ganz vorne mit dabei: Rheinmetall. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern ist einer der größten Gewinner an der Börse seit Beginn des Ukraine-Kriegs.
Die beeindruckende Kursentwicklung hat das Unternehmen sogar in den deutschen Leitindex Dax katapultiert. Als Vorzeigekonzern der heimischen Rüstungsindustrie ist Rheinmetall in nahezu allen Diskussionen um Verteidigungspolitik präsent.
Parallel dazu hat sich ein regelrechter Boom bei Rüstungs-ETFs und -Fonds entwickelt – doch ausgerechnet im größten dieser Fonds fehlt der deutsche Branchenführer.
Ein Umstand, der Fragen aufwirft.
Rüstungs-ETF von Vaneck wächst und wächst
Mit einem verwalteten Vermögen von über vier Milliarden US-Dollar ist der Vaneck Defense ETF (ISIN: IE000YYE6WK5) der mit Abstand größte Rüstungs-ETF für europäische Anleger. Er hat sein Fondsvolumen in nur sieben Monaten vervierfacht, nachdem er im August 2024 bereits die Marke von einer Milliarde US-Dollar geknackt hatte.
Der ETF investiert in „Unternehmen aus westlichen und ausgewählten verbündeten Ländern, die mindestens 50 Prozent ihres Umsatzes in der Verteidigungsindustrie erwirtschaften“, erklärt Dmitrii Ponomarev, Produktmanager bei Vaneck: „Er konzentriert sich auf Bereiche, die für die nationale Sicherheit wichtig sind, wie Verteidigungstechnologien, Dienstleistungen und IT und Analytik.“
Das klingt doch sehr nach Rheinmetall, oder?
Woher kommt der Rheinmetall-Ausschluss?
Nun könnte es kompliziert werden. Wir machen es einfach und erklären den Sachverhalt in drei Schritten:
- Der ETF von Vaneck bildet einen Index nach, der in Zusammenarbeit mit Market-Vector entsteht.
- Dieser Index hat vor seinem Start im Frühjahr 2023 genau definiert, welche Titel reinkommen und welche nicht. Ausgeschlossen sind Unternehmen, „die in die meisten Formen kontroverser Waffen involviert sind oder die mit erheblichen Kontroversen konfrontiert sind, einschließlich Verstößen gegen den UN Global Compact (UNGC) und die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen“, führt Ponomarev gegenüber DAS INVESTMENT aus.
- Zur Bewertung verlässt man sich auf Daten von ISS ESG. Und in diesen schneidet Rheinmetall „im Hinblick auf die Beteiligung an kontroversen Waffen nicht gut ab und wird daher aus dem Index ausgeschlossen“, sagt Ponomarev.
Andere Fondsanbieter haben kein Problem mit Rheinmetall
Aber, aber! Wie kann das sein, dass Rheinmetall selbst für einen Rüstungs-Fonds zu „schmutzig“ ist? Und wenn ja, weshalb investieren dann andere Fonds und ETFs nonchalant in den deutschen Rüstungsriesen?
Denn in der Tat: Im Gegensatz zum Vaneck-ETF ist Rheinmetall in anderen Rüstungs-ETFs prominent vertreten. Um einige Beispiele zu nennen:
- Der Han-ETF Future of Defence (ISIN: IE000OJ5TQP4) hat Rheinmetall mit 6,6 Prozent als Top-Position im Portfolio.
- Der im März 2025 aufgelegte Wisdomtree Europe Defence ETF (ISIN: IE0002Y8CX98) setzt mit einer Gewichtung von 18,2 Prozent noch stärker auf den deutschen Rüstungskonzern.
- Selbst bei aktiv gemanagten Fonds wie dem LBBW Sicher Leben (ISIN: DE000LB6B0M7) und dem Deka-Security and Defense (ISIN: LU2941481082) ist Rheinmetall vertreten – bei LBBW mit 2,6 Prozent und bei Deka mit 2,5 Prozent jeweils unter den Top-10-Positionen.
- Allianz Global Investors gehen sogar noch einen Schritt weiter: Die Tochter der Allianz ermöglicht es ihren Portfoliomanagern, auch bei nachhaltigen Artikel-8-Fonds in Rüstungskonzerne zu investieren.
Rheinmetall selbst schreibt klipp und klar auf seiner Homepage: „Weder Rheinmetall AG noch ihre Tochtergesellschaften/Joint Ventures entwickeln, produzieren oder vertreiben Anti-Personenminen, biologische, chemische oder nukleare Waffen, Streumunition oder Munition mit abgereichertem Uran.“
Ponomarev von Vaneck zeigt sich gegenüber DAS INVESTMENT unbeeindruckt: „Andere Anbieter wenden möglicherweise weniger strenge Kriterien an oder konzentrieren sich auf ganz andere Aspekte. Die Unternehmen werden nicht nach persönlichem Ermessen ausgeschlossen, sondern streng nach definierten Kriterien und Analysen Dritter.“

Was sind eigentlich „kontroverse Waffen“?
Sind Vaneck und sein Datenanbieter ISS ESG also zu pingelig oder blicken die anderen Fondsanbieter lieber nicht so genau hin? Letztlich geht es um die Definition von kontroversen Waffen, um genau zu sein: Es geht um Munition mit abgereichertem Uran, sogenannten M829A4-Geschossen, die besonders durchschlagskräftig sind. Sie gilt als „panzerbrechend“ und ist aufgrund der gesundheitlichen und ökologischen Risiken umstritten.
Allerdings gibt es kein Abkommen, das die Produktion oder Nutzung von Uranmunition verbietet. „Die Studienlage ist diffus“, schreibt „Die Zeit“ bereits 2023. Die USA hat solche Munition an die Ukraine geliefert – ein strategischer Vorteil im Krieg gegen Russland.
Aber nicht nur, dass über Uranmunition diskutiert wird: Bei Vanecks Ausschluss von Rheinmetall geht es nicht mal um das Unternehmen selbst, sondern um ein Tochterunternehmen namens Nitrochemie. Datenanbieter ISS ESG bestätigt, dass Rheinmetall als Firma eingestuft wird, die über das Tochterunternehmen Nitrochemie an der Produktion von Komponenten für Uranmunition beteiligt ist.
Nitrochemie Wimmis mit Sitz in der Schweiz hat den US-Rüstungskonzern Northrop Grumman mit Treibladungspulver für Uranmunition beliefert. Der Vertrag zwischen der US-Armee und Northrop Grumman endete zwar laut ISS ESG im Dezember 2023 – und damit auch die Belieferung durch Nitrochemie. „Auf der Grundlage der Kommunikation mit Rheinmetall geht ISS ESG jedoch davon aus, dass das Unternehmen die Lieferung seines speziell modifizierten Treibladungsmittels für die M829A4-Munition auf Anfrage wieder aufnehmen würde“, erklärt ein ISS ESG-Sprecher.
Zusammengefasst: Vaneck schließt also Rheinmetall aus, weil ein Tochterunternehmen in der Vergangenheit eine Komponente für Munition geliefert hat, die viele andere nicht zu „kontroversen Waffen“ zählen.
Vanecks Rheinmetall-Dilemma
ISS ESG betont gegenüber DAS INVESTMENT, dass die Entscheidung über Ein- und Ausschlusskriterien nicht im eigenen Verantwortungsbereich liege, sondern „von unseren Kunden oder den Kunden unserer Kunden unabhängig getroffen“ würden.
Für Vaneck stellt die Situation ein Dilemma dar. DAS INVESTMENT weiß, dass das Thema intern durchaus kontrovers diskutiert wird:
- Auf der einen Seite steht die Integrität der selbst auferlegten Ausschlusskriterien – würde man diese aufweichen, könnte dies die Glaubwürdigkeit des Anbieters beschädigen.
- Auf der anderen Seite verhindert der Ausschluss von Rheinmetall die Auflage eines reinen Europa-Rüstungs-ETFs, der angesichts des Marktwachstums vermutlich sehr erfolgreich wäre. So hat zum Beispiel der ETF von Wisdomtree in weniger als einem Monat über 720 Millionen Euro eingesammelt.
Die aktuelle Verteilung des Vaneck-ETF zeigt hingegen eine Dominanz der USA mit knapp 53 Prozent, gefolgt von Frankreich (11,4 Prozent) und Italien (8,1 Prozent). In den Top-Holdings finden sich unter anderem RTX Corp (8,2 Prozent), Thales (8,1 Prozent) und Leonardo (8,1 Prozent).

Könnte Rheinmetall doch noch in einen Vaneck-ETF kommen?
Allerdings ist es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass Rheinmetall doch noch bei Vaneck landen könnte. „Der Index und der ETF werden vierteljährlich neu gewichtet, und in diesem Zeitraum werden auch die Unternehmen auf die Einhaltung der Grundsätze überprüft“, sagt Ponomarev von Vaneck: „Wenn ISS ESG feststellt, dass Rheinmetall nicht mehr gegen die Ausschlusskriterien verstößt, nehmen wir es gerne auf.“
Vaneck ist mit seiner kritischen Einordnung von Rheinmetall keineswegs alleine. Umgehung von Exportkontrollen, Korruptionsvorwürfe, Marktmissbrauch – das Unternehmen sorgt immer wieder für Negativschlagzeilen.
Und so sagt auch Hendrik Leber, Geschäftsführer von Acatis und angesehener Value-Investor, gegenüber DAS INVESTMENT: „Ich bin klar positioniert: Man muss nicht alles machen, was man machen darf. (...) Rheinmetall hätte ich vor drei Jahren kaufen können und damit gutes Geld verdient – aber solche Investments überlasse ich anderen.“



