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Netfonds-Profi Christian Hammer „Diese Berater werden durch Online-Angebote abgelöst“

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Welche Vorteile hat der traditionelle Berater?

Hammer: Meist sind die klassischen Berater besser informiert und haben eine höherwertige Ausbildung. Auf einer Plattform wird man außerdem nur zu einem bestimmten Produkt oder einem eingeschränkten Thema beraten. Beratung fängt aber früher an. Der Berater schaut nicht nur auf einen einzelnen Vertrag, sondern aufs Ganze. Ein Vertrag kann hier und da günstiger sein, aber vielleicht braucht ihn der Kunde gar nicht. Diese Diskussion bleibt auf einer Plattform auf der Strecke.

Sehen Sie große Tech-Firmen wie Amazon oder Google als gefährliche Gegner? 

Hammer: Die ganz großen Tech-Anbieter sehe ich momentan als keine so große Gefahr. Sie bewegen sich eher im Zahlungsdienstleisterbereich und kümmern sich um Kreditkarten und Online-Konten. Sie wollen vor allem Daten sammeln. Ganz bestimmt wollen sie auch ins Versicherungsgeschäft einsteigen, in England hat man damit auch schon angefangen. Leider ist es auch so: Wenn sie etwas machen, machen sie das meist sehr gut. Wir werden sie weiterhin zumindest als latente Gefahr im Gesamtmarkt sehen. Kurzfristig sind es aber eher die Vergleichsplattformen wie Check24 oder Fintechs im Investment-Bereich, die den Beratern das Leben schwer machen.

Ändert die Corona-Krise wohl etwas an der Gemengelage, in der sich freie Finanzberater bewegen? Immerhin haben die Kontakteinschränkungen der digitalen Beratung einen Schub verpasst.

Hammer: In der Tat merken wir, dass Berater das digitale Angebot nun beschleunigt stärker nutzen wollen. Neben Online-Klickstrecken sind vor allem Videoberatung und Online-Unterschriftsprozesse gefragt. Dort haben wir unser Angebot auch weiter ausgebaut.

Was muss ein Berater tun, um im Wettbewerb gut dazustehen?

Hammer: Wer qualitativ gut ist, wird seinen Kundenstamm ausbauen können. Denn Kunden suchen Beratung auf einem Gebiet, auf dem sie sich nicht auskennen. Wo sie jemanden mit Fragen löchern können. Und dann das Gefühl genießen können, sich gut positioniert zu haben. Das ist mit Online-Plattformen noch nicht möglich. Allerdings entwickeln sich Plattform auch weiter, mithilfe von Logiken und Künstlicher Intelligenz. In ein paar Jahren werden Plattformen wohl noch weitreichendere Job übernehmen.

Das bedeutet für Berater?

Hammer: Der Markt wird sich ausdünnen. Viele Teilnehmer sind nicht so gut qualifiziert. Wer nur Verträge weiterleitet und über die Vermittlung hinaus nichts anbietet, wird durch Online-Angebote abgelöst werden. Für die Zukunft ist die Qualität das Entscheidende. Berater, die keine Qualität bieten, können durch Plattformen abgelöst werden. Wer eine ganzheitliche, gute Beratung bietet, wird sich auch in Zukunft vor Kundenanfragen kaum retten können.

Über den Interviewten:
Christian Hammer ist Geschäftsführer des Hamburger Haftungsdachs NFS Netfonds Financial Service.

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