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Aktualisiert am 14.09.2016 - 11:48 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 5 Minuten

Netfonds-Vorstand Oliver Kieper „Die vollen LV-Garantiezinsen auszuschütten widerspräche der Schutzfunktion für das gesamte Versichertenkollektiv“

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Und mit welchen Details über mögliche Verlustrisiken von Lebensversicherungen sollten Versicherungsmakler ihre Kunden mindestens aktiv aufklären?

Kieper:
Dazu gibt es in unserem Haus zwar keine Checkliste, aber diese Frage ist ein wichtiger Inhalt in unseren Rechtsschulungen mit Fachanwälten zur Beratungsdokumentation. Aus Sicht der Juristen ist es wichtig, sowohl auf das Emittenten-Risiko als auch auf die Sicherungseinrichtung hinzuweisen, die im Ernstfall einspringt und im Einzelfall auch zu einer Garantiezinssenkung führen kann. Die entscheidende Frage bei der Risikoaufklärung ist aber vielmehr: Wie beurteile ich das Ausfallrisiko einer Lebensversicherung in Deutschland? Und diese Gefahr ist meiner Meinung nach als sehr gering einzuschätzen.

Welche Rolle spielte diese Frage bisher für Versicherungsmakler?

Kieper:
Eine sehr große. Es gab keine Netfonds-Veranstaltung mit Maklern zu den Angeboten eines Lebensversicherers, in der nicht die Finanzkraft des Anbieters indirekt hinterfragt wurde. Denn zentral ist bei der Beurteilung eines Lebensversicherers neben seinem Bedingungswerk immer die Frage, ob er seine Versprechen auch einhalten kann. Um genau das sicherzustellen, arbeiten wir nur mit kapitalstarken Gesellschaften zusammen. Ein Unternehmen mit guter Bonitätsnote einer Rating-Agentur weist nur ein geringes Emittenten-Risiko auf. Die Wahrscheinlichkeit ist hier also hoch, dass es seine Garantien einhalten kann.

Dennoch bestehen mögliche Risiken für die Garantien von Lebensversicherungen. Wie sollten Versicherungsmakler argumentieren, wenn sie von Kunden darauf angesprochen werden?

Kieper:
Sie sollten dem Kunden erklären, dass eine Garantiezinssenkung nur bei einem Extremereignis möglich ist, das bei Abschluss des Vertrags und somit zum Zeitpunkt der Tarifkalkulation kaum vorstellbar beziehungsweise maximal unwahrscheinlich war. Ein Beispiel dafür sind die aktuellen Nullzinsen in der Eurozone, die in Wirtschaftslehrbüchern bisher nicht als Möglichkeit erwähnt wurden. Unter solchen Rahmenbedingungen sind die einstmals gegebenen Garantiezusagen nicht mehr zu halten. Denn nur die ersten Empfänger könnten ihre volle Garantie erhalten, während die letzten wohl leer ausgingen. Die vollen Garantiezusagen weiter auszuschütten, widerspräche also der Schutzfunktion für das gesamte Versichertenkollektiv.

Ist das aber für die Kunden nicht ein schwacher Trost?

Kieper:
Ja, aber anders als bei den Bausparkassen wird bei den Lebensversicherungen nicht das Kollektiv durch das Verhalten einzelner Kunden geschädigt, die ihre heute nicht mehr zu erfüllenden Zinsversprechen einfordern. Die im Versicherungsaufsichtsgesetz getroffene Regelung hilft stattdessen bei der Gefahrenabwehr. Wenn die Lage ernst ist, dann geht der Lotse an Bord und hilft, das Boot zu steuern. Das kann im Einzelfall auch eine für den Kunden bedauernswerte Garantiezinssenkung einer Lebensversicherung bedeuten. Aber im Gegensatz zu Totalverlusten der Anleger, wie beispielsweise nach der Lehmann-Pleite, führt die Garantiezinssenkung lediglich zum Verlust von erwarteten Zinseinnahmen. Die Sicherungsmaßnahme erhält die Wirtschaftsfähigkeit der Unternehmen und verhindert so den Zusammenbruch des Finanzsystems.

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