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Neuberger-Berman-Spezialist Jon Jonsson Inflation im Anmarsch – was können Anleger tun?

Jon Jonsson, Senior-Portfolio-Manager bei Neuberger Berman, geht in Zukunft von moderat steigenden Preisen aus.
Jon Jonsson, Senior-Portfolio-Manager bei Neuberger Berman, geht in Zukunft von moderat steigenden Preisen aus. | Foto: Neuberger Berman

DAS INVESTMENT: Herr Jonsson, einige Marktbeobachter warnen, dass jetzt die Inflation mit Macht zurückkehrt. Woher kommen die Sorgen?

Jon Jonsson: Anlass zu der Erwartung gibt vor allem die gute US-Wirtschaftslage. Hier herrscht seit längerem großer Konjunktur-Optimismus. Und der ist zuletzt weiter angeheizt worden von sehr guten Arbeitsmarkt-Daten, die auch die US-Notenbank Fed bei ihren Zinsentscheidungen berücksichtigt. Zusätzlichen Auftrieb erwarten die Märkte durch die Steuerreform von US-Präsident Trump. Wenn die US-Volkswirtschaft tatsächlich heiß läuft, wird auch die Inflation stärker steigen.

Wie wahrscheinlich ist das Ihrer Meinung nach?

Jonsson: Schwer zu sagen. Trotz des weltweit synchronen Wachstums und sinkender Arbeitslosigkeit blieb die Inflation zuletzt gedämpft. Und obwohl die Arbeitslosigkeit in den OECD-Staaten seit 2009 von 8,5 Prozent auf weniger als 6 Prozent gesunken ist, deuten die Daten des Internationalen Währungsfonds darauf hin, dass das weltweite Lohnwachstum bei etwa 2 Prozent pro Jahr stecken geblieben ist. Die Verbraucherpreisinflation dagegen fiel von 5 Prozent 2011 auf 1,6 Prozent im Jahr 2016. Der US-Verbraucherpreisindex CPI ist im Sommer 2017 sogar noch weiter zurückgegangen. Und so sagen viele Stimmen, die Inflation sei erledigt – oder doch wenigstens missing-in-action.

Wir glauben, das ist vorschnell geurteilt. Auch in den frühen 1960er-Jahren, vor einer langen Phase hoher Inflation, gab es sinkende Arbeitslosigkeit parallel zu niedriger Inflation. Wenn man den US-Verbraucherpreisindex CPI im Zeitverlauf betrachtet, liegt die aktuelle Kerninflation in den USA etwa im Mittel dieser historischen Spanne.

Also steigende Inflation?

Jonsson: Nicht zwingend. Es gibt sogar Überlegungen zu strukturellen Ursachen, die die Inflation möglicherweise niedrig halten.

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Welche wären das?

Jonsson: Es sind vielfältige Gründe dafür im Gespräch – von der Globalisierung bis hin zu E-Commerce und Sharing Economy.

Erläutern Sie das bitte.

Jonsson: Seit den 1970er-Jahren sind die Lieferketten immer internationaler aufgestellt. Verbesserte Handelsbeziehungen, der Technologiewandel und bessere Transportwege haben die  Produktionskosten für viele Güter gesenkt. Beispiel China: Nach Öffnung seiner Wirtschaft und Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) konnte China das Potenzial der Erwerbsbevölkerung in der Produktion erst richtig nutzen – und die Preise fielen.

Andere halten die zunehmende Nutzung von Technologie in unserem Alltag für den Grund für eine eher niedrige Inflation. Beim Online-Einkauf lassen sich Produkte oder Dienstleistungen bei hunderten von Anbietern vergleichen und mit nur einem Mausklick bestellen. Auch dadurch fallen die Preise. Das bestätigt der Digital Price Index von Adobe Analytics.

Ähnliche Effekte hat die sogenannte Sharing Economy: Mit Airbnb werden die Preise für Hotelzimmer billiger. Uber und Lyft verändern den Markt für Taxidienste. Wenn die Generation der Millennials nun beschließt, weniger Autos zu kaufen, weil sie mit Uber oder Lyft günstiger und bequemer fahren, dann wird das auch andere Teile der Wirtschaft beeinflussen.

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