Neue Regeln erst jetzt sichtbar Vorabpauschale und Ex-post-Kostenausweis können Rückfragen auslösen
Einfach ist Ansichtssache
Längst nicht überall stößt das neue Steuerrecht auf Gefallen. So berichtet Sören Raab, Vorstand bei der Vermögensberatung Select und gleichzeitig selbst Berater: „Die Vorabpauschale ist für Laien nicht nachvollziehbar.“ Kunden winkten seiner Erfahrung nach im Gespräch schnell ab, viele interessierten sich nicht für Steuerfeinheiten. Nur etwa jeder Zehnte frage nach. Ein Problem gebe es aber generell bei Steuern auf nicht realisierte Gewinne. Dieser Fall liegt auch bei thesaurierenden Fonds und der Vorabpauschale vor: „Für viele Kunden ist es unverständlich, wenn sie nichts bekommen und trotzdem Steuern zahlen sollen“, berichtet Raab. Nachvollziehbarer sei es, wenn eine Dividende fließt und der Gesetzgeber darauf seinen Tribut verlangt. Für Raab ist klar: „Steuerliche Themen verstehen Kunden nicht mehr im Detail.“ Immerhin akzeptierten sie sie in der Regel, wenn auch resigniert. „Der Gesetzgeber hat in der jüngsten Steuerreform verpasst, für mehr Klarheit und Transparenz zu sorgen“, ärgert sich der Anlageprofi.
Anders sieht das Andreas Beys von der Kölner Fondsgesellschaft Sauren. Der Steuerexperte bezeichnet das neue Investmentsteuerrecht als „vergleichsweise einfaches Steuergesetz“. Denn um die Vorabpauschale und auf ihrer Basis die abzuführende Kapitalertragsteuer zu ermitteln, sind nur fünf Faktoren nötig: der Fonds-Anteilspreis zum Jahresanfang und der zum Jahresende, der Basiszins – ermittelt von der Bundesbank –, Ausschüttungen und die Kapitalbeteiligungsquote von Fonds für mögliche Teilfreistellungen.
3 Beispielfälle zur Vorabpauschale
Beys erinnert an die rund 15 Jahre alte Forderung von CDU-Politiker Friedrich Merz: Jeder Bürger solle seine Einkommensteuer auf einem Bierdeckel ausrechnen können. Laut Sauren-Mann Beys ist die neue Investmentbesteuerung, zumindest bei Publikumsfonds, nun ein solches Bierdeckel-Gesetz. Mit nur einer Handvoll Werten lässt sich die Steuerlast ermitteln. Die Vorabpauschale nimmt offenbar unterschiedliche Gestalt an – je nachdem, ob man sie von Anlegerseite aus betrachtet oder ob man mit steuerfachmännischem Blick in ihren Maschinenraum schaut. Allerdings räumt selbst Steuerspezialist Beys ein: Ein relativ einfaches Steuergesetz werde von Anlegern nicht unbedingt auch einfacher verstanden.
Vermittler Dennis Frohreich vom Hamburger Finanzdienstleister Frohreich Investments sieht die größte Herausforderung für Berater darin, den Kunden zu erklären, dass sich durch die Vorabpauschale die Steuerlast insgesamt nicht wesentlich ändert. Die laufende Besteuerung ohne sichtbare Erträge sei generell ein „emotionales Thema“, räumt Frohreich ein. Es falle am Jahresanfang besonders schwer ins Gewicht, denn gleichzeitig buchten viele Versicherer ihre Beiträge ab. Und noch ein Punkt bereitet der Branche Kopfzerbrechen: Kunden müssen ausreichend Geld auf einem Verrechnungskonto bereithalten, damit die Depotbank die Steuersumme von dort direkt abbuchen kann. Einige Institute behelfen sich allerdings auch anders. Sie holen sich laut Steuerfachmann Beys das benötigte Geld aus dem Verkauf von Fondsanteilen des Anlegers.