Steigende Effizienz, sinkende Preise Neuer Schub für grünen Wasserstoff


Wasserstoff als Energiequelle: Das Konzept ist zwar nicht neu, war aber in großem Maßstab noch nie realisierbar – bis jetzt. Grüner Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wasser erzeugt. Dabei wird dieses in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Solange dafür erneuerbare Energien verwendet werden, ist Wasserstoff eine emissionsfreie Energiequelle. In großem Maßstab hergestellt, kann diese daher eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung energieintensiver Branchen und dem Kampf gegen den Klimawandel spielen.
Das Hydrogen Council, eine Initiative von mehr als 90 führenden Energie-, Transport-, Industrie- und Investmentunternehmen, geht davon aus, dass Wasserstoff den globalen Schadstoffausstoß bis 2050 um 6 Gigatonnen reduzieren könnte – das entspricht 17 Prozent der weltweiten Emissionen im Jahr 2020. Aktuell haben rund 66 Länder Netto-Null-Emissionsziele, von denen wiederum etwa 20 einen Wasserstofffahrplan vorgestellt haben. Wir erwarten, dass weitere Staaten folgen werden.
Preise für grünen Wasserstoff drastisch gesunken
In den vergangenen zehn Jahren sind die Preise für grünen Wasserstoff aufgrund von Effizienzsteigerungen drastisch gesunken. Die bei der Elektrolyse eingesetzte erneuerbare Energie macht etwa 70 Prozent der Kosten für die Wasserstofferzeugung aus und ist in diesem Zeitraum rund 70 Prozent billiger geworden. Außerdem ist der Preis für einen Elektrolyseur um etwa 60 Prozent gefallen. Man kann davon ausgehen, dass sich dieser Preisverfall fortsetzen wird und die Attraktivität des grünen Wasserstoffs damit noch steigt: Eine jüngst überarbeitete Prognose von Bloomberg geht davon aus, dass die Kosten für grünen Wasserstoff bis 2030 um 13 Prozent niedriger ausfallen werden als bisher angenommen. NEL, der weltweit größte Hersteller von Elektrolyseuren, strebt bis 2025 Kosten in Höhe von 1,50 US-Dollar pro Kilogramm an – vorher ist davon ausgegangen worden, dass sie bis 2030 unter 2 US-Dollar pro Kilogramm liegen würden. Das verdeutlicht das Innovationstempo bei grünem Wasserstoff und den anhaltenden Rückgang der Kosten für erneuerbare Energien weltweit.
Gleichzeitig dürfte der Produktionsumfang ab 2030 zu einem raschen Anstieg der Akzeptanz in vielen Branchen führen – von der Chemieindustrie bis hin zu Brennstoffzellen für Lastkraftwagen. Angesichts der weltweit hohen Kohlenstoffpreise war das Potenzial von Wasserstoff noch nie so groß wie heute.
Politik fördert grünen Wasserstoff
Den wohl größten Anteil am Fortschritt bei grünem Wasserstoff hat die Unterstützung durch die Regierungen. Einfach ausgedrückt: Weltweit braucht die Politik einen Plan für die Ära nach den fossilen Brennstoffen. Ihre Fähigkeit, grünen Wasserstoff sowohl finanziell als auch hinsichtlich der Infrastruktur zu unterstützen, könnte entscheidend sein. Es ist eine Sache, günstig grünen Wasserstoff herzustellen. Für eine entsprechende Akzeptanz muss er aber auch zu einem konkurrenzfähigen Preis an den Endkunden geliefert werden. Dafür wird Infrastruktur benötigt.
Im August 2021 hat die britische Regierung die UK Hydrogen Strategy gestartet, um die Herausforderungen der Dekarbonisierung zu bewältigen. Ihr Ziel ist es, bis 2030 Produktionskapazitäten für kohlenstoffarmen Wasserstoff im Volumen von 5 Gigawatt aufzubauen. Damit könnte Wasserstoff in einer Menge produziert werden, die dem jährlichen Gasverbrauch von mehr als drei Millionen Haushalten im Vereinigten Königreich entspricht. Die Strategie verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz zur Entwicklung eines florierenden Wasserstoffsektors. Sie legt dar, was geschehen muss, um die Produktion, den Vertrieb, die Speicherung und die Nutzung von Wasserstoff zu ermöglichen und wirtschaftliche Chancen im gesamten Vereinigten Königreich zu sichern.
Immer mehr Unternehmen spezialisieren sich auf Wasserstoff
Allmählich entstehen Unternehmen, die sich auf die Produktion, den Vertrieb und die Nutzung von Wasserstoff spezialisieren. Weltweit gibt es über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg 228 laufende Wasserstoffprojekte, von denen 17 auf die Produktion im Giga-Maßstab ausgerichtet sind. Daneben gab es jüngst zwei bemerkenswerte Übernahmen: Das Energieunternehmen Cummins sicherte sich für 290 Millionen US-Dollar das kanadische Elektrolyseur-Unternehmen Hydrogenics. Dazu kommt die Mehrheitsbeteiligung von MAN Energy Solutions am deutschen Elektrolyseur-Hersteller H-TEC Systems für eine nicht genannte Summe.
Interessanterweise werden auch Investitionen in risikoreichere Wasserstoff-Start-ups getätigt, die sich auf die nichtelektrolytische Erzeugung von Wasserstoff konzentrieren. Die Finanzierung solcher Projektentwicklungs- und Integrationsdienstleistungen könnte ein Hinweis auf einen reifenden Sektor sein. Das Hydrogen Council schätzt, dass bis 2030 insgesamt über 300 Milliarden US-Dollar in die Wasserstoffbranche fließen. Nach Angaben der Energy Transitions Commission könnten die Gesamtinvestitionen bis 2050 etwa 15 Billionen US-Dollar erreichen. Dies zeigt sowohl den Bedarf an als auch die Möglichkeiten für private Investitionen.
Wasserstoff kann die Wirtschaft umkrempeln
Zu den größten Hindernissen für die Einführung von Wasserstoff auf breiter Basis gehören aus unserer Sicht zwei Aspekte: Der eine ist die derzeit begrenzte Nachfrage. Die weitere Entwicklung der Infrastruktur wird hier ausschlaggebend sein. Zweitens herrscht gegenüber Wasserstoff in der Gesellschaft eine gewisse Skepsis. Seit der Hindenburg-Katastrophe von 1937, als die Wasserstofffüllung des Zeppelins Feuer fing, ist seine Verwendung als Kraftstoff mit einem Stigma behaftet. Verbraucher und Investoren müssen von den Vorzügen und der Sicherheit von Wasserstoff überzeugt werden, bevor er sich durchsetzen kann.
Die Chance, dass grüner Wasserstoff die Wirtschaft nachhaltig umkrempeln kann, ist unbestreitbar – und das Tempo, in dem dies geschehen könnte, darf nicht unterschätzt werden. Von zunehmenden technologischen Verbesserungen bis hin zu Skalierbarkeit und politischer Unterstützung wurden in den vergangenen zwölf Monate enorme Fortschritte gemacht.
Eine Mischung aus politischer Unterstützung durch Anreizmechanismen für die Nutzung von Wasserstoff und die Entwicklung der Infrastruktur werden entscheidend sein. Die Anzeichen für wachsende Investitionen in letztere sind positiv. Der jüngste Anstieg der Energiepreise könnte in den nächsten zwölf Monaten zu einer Beschleunigung der politischen Maßnahmen führen. Dadurch könnten sich Anlegern immer mehr interessante Investment-Gelegenheiten bieten.