Investmentchef der Bethmann Bank Neustart für die Konjunktur
Langsam, aber sicher verflüchtigt sich der Nebel der Unsicherheiten und der Blick auf das neue Jahr gewinnt an Klarheit. In wenigen Tagen wird in den USA Joe Biden als neuer Präsident vereidigt und darf sich auf eine hauchdünne Mehrheit im Senat freuen, was das Regieren deutlich erleichtern dürfte. Und in Europa wurde ein chaotischer Brexit vermieden. Damit sind schon einmal zwei gravierende Unsicherheitsfaktoren ausgeräumt. Die Aktienmärkte feiern dies bereits mit neuen Rekordständen.
Jetzt rückt wieder die Frage in den Mittelpunkt, wie sich die Konjunktur und damit die Unternehmensgewinne entwickeln werden. Vorerst wütet vor allem in Europa und den USA die zweite Corona-Welle. Die erneuten Lockdowns belasten wie schon im Frühjahr die Realwirtschaft. Deutschland und Co. befinden sich – zumindest technisch betrachtet – wieder in einer Rezession. Nach dem vierten Quartal 2020 dürfte sich auch im ersten Quartal des neuen Jahres die Wirtschaft rückläufig entwickeln.
Doch weltweit sind die Impfkampagnen gegen Covid-19 gestartet. Trotz aller Pannen dürften in den kommenden Monaten diesbezüglich die Erfolgsmeldungen überwiegen. Es werden weitere Impfstoffe auf den Markt kommen, die Produktionskapazitäten werden hochgefahren und auch die westlichen Staaten werden die Infrastruktur besser in den Griff bekommen. Die Asiaten sind im Vorteil, verfügen sie doch über deutlich mehr Erfahrungen mit Virus-Epidemien.
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Weltweiter Wirtschaftsaufschwung
Mit der zunehmenden Immunität der Bevölkerung ist ein synchroner Aufschwung der wichtigsten Wirtschaftszonen zu erwarten. Das geht leider nicht von heute auf morgen. Ab dem Start der Impfkampagnen dürfte es etwa drei Monate dauern, bis Pflegekräfte, medizinisches Personal und besonders gefährdete Gruppen wie alte Menschen und Hochrisikopatienten geimpft sind. Doch ab dem Frühjahr sollten viele Menschen die zwei notwendigen Impfdosen verabreicht bekommen haben. Wärmere Temperaturen dürften zusätzlich für Entspannung sorgen. Spätestens dann könnten die Volkswirtschaften wieder in Schwung kommen.
In China bleibt die Stärke der Wirtschaft ungebrochen. Die Volksrepublik geht extrem konsequent gegen die Viruspandemie vor. Zuletzt reichten wenige Hundert Neuinfektionen dafür aus, dass zwei Millionenstädte in der Provinz Hebei abgeriegelt wurden. Schon im zurückliegenden Jahr zählte China zu den wenigen entwickelten Ländern, deren Volkswirtschaft trotz Corona zulegte. Jetzt dürfte sich das Wachstum massiv beschleunigen. Im Gesamtjahr ist beim chinesischen Bruttopinlandsprodukt durchaus ein Plus von acht Prozent denkbar. Auch andere Schwellenländer Asiens zeigen eine erhebliche Wachstumsdynamik. Dazu dürfte künftig auch die neue Freihandelszone RCEP beitragen.
USA erstaunlich robust
Dem sollten die USA folgen. Dort hat sich die Wirtschaft schon nach den ersten Lockdowns im April schneller erholt als erwartet. Zwar ist die Aufwärtsbewegung der Wirtschaft durch die zweite Welle der Pandemie ins Stocken geraten. Doch jetzt hat der neue Präsident Joe Biden nach den beiden gewonnen Sitzen im Senat weitgehend freie Hand. Das 908 Milliarden US-Dollar schwere Konjunkturpaket, auf das sich Demokraten und Republikaner noch vor der Amtsübergabe geeinigt haben, dürfte erst der Anfang gewesen sein.