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Niedrige Bauzinsen Wann lohnt sich ein Widerruf von Immobiliendarlehen?

Niedrigzins nutzen

Zinsen haben in der Regel die Angewohnheit, sich selbst zu regulieren. Dies wiederum hängt mit der marktbedingten Angebot- und Nachfragesituation zusammen. Verschiedene Institutionen sorgen dafür, die Zinsen zu leiten und zu deckeln, wie etwa die Europäische Zentralbank (EZB). Die niedrigen Zinsen orientieren sich am Leitzins, der von der EZB festgelegt wird. Er sank, weil die EZB infolge der Wirtschaftskrise im Jahr 2010 einen Aufschwung erwirken wollte. Dies sollte insbesondere die verschuldeten Staaten entlasten und Unternehmen, aber auch Verbraucher dazu animieren, wieder vermehrt Kredite aufzunehmen sowie ihr Geld in Umlauf zu bringen. Davon können auch diejenigen profitieren, die bereits einen Kredit – teils zu sehr hohen Zinssätzen – aufgenommen haben.

Eine Umschuldung ist nur möglich, wenn der Darlehensnehmer seinen alten Vertrag ablöst. Das wiederum bringt in der Regel eine Entschädigungsforderung der Bank mit sich: Die Vorfälligkeitsentschädigung. Diese setzt sich meist aus dem Margenschaden und dem Refinanzierungsschaden zusammen. Letzterer bezeichnet den Schaden, den die Bank durch die nun verlorengehenden, aber fest eingeplanten Zinseinnahmen erleidet. Denn auch wenn Verbraucher den Kredit abbrechen, hat die Bank weiterhin Ausgaben wegen des Darlehens. Der Margenschaden ist wiederum der dadurch entstehende Gewinnverlust, denn der rückgezahlte Restbetrag erzielt als Einlage durch die derzeitigen Niedrigzinsen nun viel weniger Gewinn beziehungsweise eine kleinere Marge. Doch die sogenannte Margenerstattung wird von der Vorfälligkeitsentschädigung abgezogen.

Der Refinanzierungsschaden ist jedoch für die Bank problematisch, weil sich die darlehensgebende Bank das Kapital für das Darlehen selbst leihen musste, nämlich bei einer Zentralbank, wie beispielsweise die Europäische Zentralbank (EZB). Auch die EZB verlangt natürlich Zinsen für die Anleihe, die die Bank zahlen muss. Erhält sie nun aber keine Zinsen mehr vom Darlehensnehmer, müsste sie selbige aus eigener Tasche an die EZB zurückzahlen. Daher muss hier der Schuldner in die Presche springen und die schon erwähnte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen.

Doch die Vorfälligkeitsentschädigung ist unter Umständen zu umgehen. Der Widerruf eines Immobiliendarlehens kann sich dabei als lohnenswert erweisen, wenn der Kreditnehmer den sogenannten Widerrufsjoker besitzt und einsetzt. Diesen kann er ausspielen, wenn sein Kreditvertrag eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthält. Der Bankenfehler

Zwischen November 2002 und Juni 2010 wurden vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) reihenweise falsche Widerrufsbelehrungen ausgehändigt und von den Banken übernommen.

Als medial bekannt wurde, dass Fehler in den Widerrufsbelehrungen enthalten waren, veränderten Banken letztere, um sie an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen. Dies stellt sich nachträglich als Fehler heraus: Die Muster des BMVJ wurde unter „Musterschutz“ gestellt. Kreditinstitute, welche diese im guten Glauben genutzt und nicht angepasst haben, werden dadurch geschützt. In mehreren Urteilen legten die Gerichte fest, dass bereits kleinste Abweichungen in der Formulierung oder Formatierung des Musters jedoch ausreichen, um den Musterschutz aufzuheben. Denn der Musterschutz greift nur, wenn das Muster eins zu ein übernommen wurde.

Die Verbraucherzentralen Hamburg, Sachsen und Bremen überprüften rund 10.000 Kreditverträge – nahezu 80 Prozent erwiesen sich als fehlerhaft und wichen zudem vom Muster des BMJ ab. Die Fehler in der Widerrufsbelehrung äußerten sich auf verschiedene Arten. Durch sie wurden die Schriftstücke für den Kunden teilweise unverständlich, weil zum Beispiel nicht deutlich daraus hervorging, wann die Frist für den Widerruf zu laufen begann. So stand darin beispielsweise geschrieben:

„Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn Ihnen diese Belehrung ausgehändigt worden ist, jedoch nicht, bevor uns die von Ihnen unterschriebene Ausfertigung des Darlehensvertrages zugegangen ist.“

Da der Kunde jedoch nicht wissen konnte, wann der Darlehensvertrag wieder bei der Bank einging, konnte er ebenso wenig wissen, wann nun die Widerrufsfrist tatsächlich zu laufen begann. Somit verlor die Widerrufsbelehrung den Musterschutz und gewann eine endlos geltende Widerrufsfrist, da diese erst gar nicht zu Laufen begann.

Haben Verbraucher also ihre Baufinanzierung zwischen 2002 und 2010 abgeschlossen, sollten sie dringend ihren Darlehensvertrag von einem Anwalt oder einer Verbraucherzentrale prüfen lassen. Stellt sich folglich heraus, dass die Widerrufsbelehrung Fehler aufweist, dann gilt es so schnell wie möglich zu handeln. Der Clou beim Widerruf: Der Kreditnehmer braucht keine Vorfälligkeitsentschädigung zu bezahlen! Unter Umständen bekommt er sogar Geld von der Bank zurück. Auf www.widerruf-immobiliendarlehen.org erfahren Sie, welche Schritte für einen problemlosen Widerruf nötig sind.

Was bedeutet Umschuldung?

Bei einer Umschuldung löst ein Kreditnehmer seinen Kredit bei seiner alten Bank ab. Um das machen zu können, muss er jedoch innerhalb von 30 Tagen nach der Kündigung den Restbetrag in voller Höhe begleichen. Das funktioniert meistens nur, wenn der Schuldner entweder ein finanzielles Erbe gemacht hat oder wenn er in der Höhe der Restsumme einen neuen Kredit – eben zu aktuell niedrigen Zinsen – bei einer neuen Bank aufnimmt. Ist es nun möglich, das Immobiliendarlehen vorzeitig abzulösen und umzuschulden, so kann der Darlehensnehmer derzeit einige tausend Euro durch die Zinssatzverringerung einsparen. Weil aber bei einer Darlehensablösung eine Vorfälligkeitsentschädigung droht, lohnt sich eine Umschuldung meist nur, wenn die Spanne zwischen dem alten und dem neuen Zinssatz entsprechend groß ist oder der Darlehensnehmer das „Glück“ einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung hat.

Widerrufsjoker wird abgeschafft

Am 21.03.2016 tritt das „Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie“ – kurz RefE – in Kraft. Mit dem Gesetz wird eine feste Frist bestimmt, in welcher ein Widerruf möglich ist. Dann kann der Widerrufsjoker nur noch ein Jahr und 14 Tage nach Vertragsabschluss eingesetzt werden. Im Gespräch ist jedoch eine Schonfrist bis Juni 2016. Bis dahin sollten also Schuldner, die ihr Immobiliendarlehen widerrufen wollen, ihr Vorhaben in Angriff genommen haben. Außerdem haben all diejenigen, die ihr Immobiliendarlehen nach 2010 abgeschlossen haben und trotzdem eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung bekamen, eine Widerrufsfrist von einem Jahr und 14 Tagen. Dann muss der Immobilienbesitzer keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Zusätzlich erhält er seine bereits geleisteten Zinszahlungen plus Zinseszins zurück.

Informationen am Rande


Im Übrigen kann ein Immobiliendarlehen spätestens nach zehn Jahren ohne Probleme gekündigt werden. Laut Gesetz hat die Bank nämlich nur eine maximale Zinsbindungsfrist von zehn Jahren. Bei dieser Zinsbindung – auch Sollzinssatz genannt – wird ein festgesetzter Zinssatz ausgehandelt, der über einen gewissen Zeitraum – maximal zehn Jahre lang – entrichtet wird. Dies kann jedoch Fluch und Segen zugleich sein. Sinkt nämlich der Zinssatz – wie dies in den vergangenen Jahren der Fall war – dann profitiert hiervon nur die Bank. Andersherum jedoch, wäre es ein Vorteil für den Darlehensnehmer.

Sollte sich ein Widerruf des Immobiliendarlehens für einen Schuldner momentan nicht bezahlt machen, dann kann er die gegenwärtigen Niedrigzinsen dennoch zu seinem Vorteil nutzen, indem er jetzt schon eine Anschlussfinanzierung organisiert.

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