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Niedrigzinsen und Immobilienboom Warum sich Deutsche immer mehr Geld fürs Renovieren leihen

Ein Mann verlegt Laminat. Für Modernisierungsarbeiten müssen Verbraucher immer höhere Summen aufwenden.
Ein Mann verlegt Laminat. Für Modernisierungsarbeiten müssen Verbraucher immer höhere Summen aufwenden. | Foto: Rainer Sturm/Pixelio.de
Florian Reichert

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Dieses ökonomische Grundprinzip macht vor der Baubranche nicht halt. Weil die Zinsen für Immobiliendarlehen und Modernisierungskredite sich schon seit Monaten auf historischen Tiefständen bewegen, sind Immobilien oder Modernisierungen momentan heiß begehrt. Die Folge: Es fehlt an Fachkräften wie Handwerkern und Installateuren. Da ihre Auftragsbücher randvoll sind, steigen die Kosten für ihre Dienste. Das führt unter anderem dazu, dass Verbraucher heute mehr Geld für Modernisierungsmaßahmen ausgeben als noch vor fünf Jahren. 2014 etwa schlossen Check24-Kunden Ratenkredite mit dem Verwendungszweck „Modernisierung“ in Höhe von durchschnittlich 10.057 Euro über das Vergleichsportal ab – in diesem Jahr liegt der Durchschnitt bislang schon bei 17.287 Euro. Das ist ein Anstieg von 72 Prozent in nur fünf Jahren.

Immobilienboom befeuert Kosten für Modernisierungen

Ein Grund für die gestiegenen Kreditbeträge liegt in den gestiegenen Baupreisen. Die Preise für Bauleistungen am Bauwerk insgesamt, zu denen auch Modernisierungsmaßnahmen zählen, stiegen laut statistischem Bundesamt allein im Mai dieses Jahres um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Instandhaltungsarbeiten an Wohngebäuden verteuerten sich gegenüber dem Vorjahr um 4,3 Prozent.

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Zu diesen Preiserhöhungen trägt unter anderem die hohe Nachfrage nach Fachkräften bei. Vier von fünf Bauunternehmen beklagen laut Hauptverband der Deutschen Bauindustrie mittlerweile einen Mangel an Fachkräften, 2010 war es nur eins von fünf. Bauunternehmer, die Handwerker anwerben oder halten wollen, füllen die Lohntüte etwas mehr, was zu gestiegenen Lohnkosten in der ganzen Branche führt. Hinzu kommen gestiegene Preise für Baustoffe. Ein weiterer Kostentreiber findet sich in den Rahmenbedingungen. Zwar hat es seit 2016 keine nennenswerte Verschärfung der Bauvorschriften mehr gegeben, doch hat sich die Zahl der Verordnungen laut dem Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) seit 1990 vervierfacht. Bauunternehmen mussten also investieren, um neue Anforderungen bei technischen- und ökologischen Standards zu erfüllen.

Finanzierungen werden günstiger

Auf der einen Seite benötigen Eigenheimbesitzer und Mieter also immer mehr Geld für die Modernisierung der eigenen vier Wände, auf der anderen Seite sinken aber die Kosten für Modernisierungskredite: So verringerte sich beispielsweise der durchschnittliche über Check24 abgeschlossene Effektivzins für Kredite mit dem Verwendungszweck „Modernisierung/Baufinanzierung“ von 4,46 Prozent in 2014 auf 3,47 Prozent in 2019. Unter den Verwendungszweck fallen Finanzierungen für Umbau- und Instandhaltungsarbeiten an Immobilen, die in der Regel unter 50.000 Euro liegen, manchmal auch kleinere Baufinanzierungen. Für höhere Beträge können Kreditnehmer bei den Banken auch grundpfandrechtlich abgesicherte Immobilienkredite abschließen.

Es ist paradox: Der gleiche Mechanismus, der für günstigere Zinsen bei Modernisierungskrediten sorgt, ist auch dafür verantwortlich, dass die Kosten der Modernisierungsmaßnahmen steigen. Denn durch die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sind sowohl die Zinsen für Konsumentenkredite als auch die Zinsen für Baufinanzierungen sehr niedrig. Günstige Zinsen für Baufinanzierungen sorgen für eine erhöhte Nachfrage durch die Verbraucher. Dadurch wird das Angebot an Immobilien, aber auch an Fachkräften für Bau- und Modernisierungsmaßnahmen geringer – was wiederum zu höheren Baupreisen führt.


Über den Autor:
Florian Reichert ist als Ge­schäfts­füh­rer von Check24 Ver­gleich­spor­tal Fi­nan­zen für den Kre­dit­ver­gleich des Portals verantwortlich.

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