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Niedrigzinsumfeld Stehen Bruttobeitrags-Garantien in der Lebensversicherung vor dem Aus?

Ist für die Zinsmisere in Europa mitverantwortlich: Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank. Foto: Getty Images
Ist für die Zinsmisere in Europa mitverantwortlich: Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank. Foto: Getty Images
Norbert Porazik ist sauer. Der Chef des Maklerpools Fonds Finanz regt sich über den Gesetzgeber auf. Genauer gesagt über die Entscheidung des Bundesfinanzministeriums, den Höchstrechnungszins für neu abgeschlossene Lebensversicherungen zum 1. Januar 2017 von jetzt 1,25 auf dann nur noch 0,9 Prozent herunterzuschrauben. Auf Facebook schreibt Porazik: „Lieber Gesetzgeber, wenn du den Garantiezins auf 0,9 Prozent senkst, dann musst du auch die Bruttobeitragsgarantie in der Riester-Rente abschaffen, oder kannst du nicht rechnen? Gerne rechne ich es dir bei Gelegenheit vor. LG, Dein Norbert.“

Der Facebook-Post vom Fonds-Finanz-Chef ist eine herrliche Zusammenfassung dessen, was Versicherer und Vertriebler gerade umtreibt. Die Kapitalmarktzinsen sind niedrig, daher muss auch der Garantiezins sinken. Der vom Bundesfinanzministerium vorgegebene Satz orientiert sich nämlich an der Umlaufrendite zehnjähriger Bundesanleihen, und die befindet sich seit Jahren im Sinkflug. Momentan liegt sie bei 0,03 Prozent. Die niedrigen Zinsen beeinflussen aber nicht nur die Höhe des Garantiezinses. Alle Produkte, die eine Garantie bieten – auch Fondspolicen also – sind betroffen.

Überschüsse sinken

Bei der klassischen Lebensversicherung garantieren die Anbieter ihren Kunden eine Mindestrente, die sie ihr Leben lang bekommen. Dazu fließt der Kundenbeitrag nach Abzug der Kosten in das Sicherungsvermögen des jeweiligen Versicherers. Er legt das Geld am Kapitalmarkt an und verspricht, jedes Jahr den Garantiezins zu erwirtschaften. Weil die Anbieter vom Gesetz her dazu angehalten sind, das ihnen anvertraute Geld vorsichtig anzulegen, wandert das meiste davon in festverzinsliche Wertpapiere. Macht der Anbieter seine Sache gut, erwirtschaftet er Überschüsse, die die garantierte Rente aufpeppen.

Wegen der niedrigen Kapitalmarktzinsen fällt es den Versicherern aber immer schwerer, jedes Jahr aufs Neue diesen Satz zu erwirtschaften. Schließlich gibt es selbst auf Unternehmensanleihen mittlerweile negative Zinsen. Hinzu kommt, dass die Versicherer für Bestände mit höheren Garantiezinsen – in der Spitze liegen sie bei 4 Prozent – Reserven bilden müssen. Seit 2011 hat die Branche hierfür bereits mehr als 30 Milliarden Euro zurückgelegt, in diesem Jahr kommen wohl weitere 12 Milliarden hinzu.

Nicht selten müssen die Anbieter dabei höher verzinste ältere Wertpapiere verkaufen und das frei gewordene Geld dann zu schlechteren Konditionen wieder anlegen. Das ganze System beschleunigt also die Spirale der abnehmenden Renditen für den Kunden. Viele Versicherer empfehlen die klassischen Policen deshalb schon selbst gar nicht mehr. Und auch Berater werden wohl Schwierigkeiten damit haben, die Klassiker loszuwerden, wenn man in Zukunft nicht mal mehr ein Prozent garantierte Rendite versprechen kann.