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DZ-Bank-Spezialist Noch keine neue Aktienkultur in Deutschland

Junge Menschen beim Picknick
Junge Menschen beim Picknick: Gerade jüngere Leute haben während der Corona-Pandemie die Kapitalmärkte für sich entdeckt. | Foto: Unsplash.com

Zinssätze für Einlagen nahe null Prozent und Anleiherenditen mit Minuszeichen – die langanhaltende Niedrigzinsphase bringt die oft eher sicherheitsorientierten deutschen Privatanleger in ein Dilemma: Einerseits sind sie verständlicherweise kaum noch bereit, sich langfristig mit festverzinslichen Bankeinlagen oder Rentenpapieren zu binden. Andererseits meiden viele private Haushalte Anlagen mit oft besseren Renditechancen aber Kursrisiken, wie Aktien oder Aktienfonds.

Risikoscheue Privatanleger

Häufig bleiben daher Sparbeträge und Rückflüsse aus fälligen Anlagen einfach auf dem Girokonto stehen. Die Folge ist ein gewaltiger Geldanlagestau. Inzwischen sind rund zwei Billionen Euro dauerhaft in Form von Sichteinlagen oder Bargeld „zwischengeparkt“. Derzeit besteht das Geldvermögen der deutschen Privathaushalte zu fast 70 Prozent aus Bankeinlagen, Bargeld und Versicherungen.

Nur gut 7 Prozent sind in Aktien investiert. Natürlich schützt diese recht einseitige Portfoliostruktur bei Kurseinbrüchen an den Börsen, wie wir sie im letzten Jahr erlebt haben, als beispielsweise der Dax von 19. Februar bis 18. März um rund 39 Prozent in die Tiefe rauschte. Aber bei langfristiger Perspektive besteht die Gefahr, dass das Geldvermögen durch die lange Zeit extrem niedriger Zinsen insgesamt nicht einmal mehr eine Rendite abwirft, die die Inflation ausgleicht. Tatsächlich findet der Geldvermögensaufbau nach dem weitgehenden Wegbrechen des Zinseszinseffektes vor allem über den mühsamen Weg der Ersparnis vom laufenden Einkommen statt.

Vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase ist die Forderung einer neuen Aktienkultur in Deutschland daher mehr als verständlich, zumal die Corona-Krise den Geldanlagestau aktuell mit doppelter Wucht verstärkt. So legen die Bürger aus Vorsicht und aufgrund von Lockdown-Maßnahmen einen höheren Teil ihres verfügbaren Einkommens auf die hohe Kante. Mit der Folge, dass die Flut an Sichteinlagen bei Banken immer weiterwächst. Tatsächlich ist die Sparquote von 10,9 Prozent auf 16,2 Prozent im letzten Jahr in die Höhe geschossen. Das war die mit Abstand höchste Sparrate seit der deutschen Wiedervereinigung, und die krisenbedingt hohe Ersparnis hält aktuell immer noch an. Außerdem verschiebt die lockere Geldpolitik einschließlich der rekordhohen Wertpapierkaufprogramme der EZB und anderer Zentralbanken als Reaktion auf die Folgen der Krise den lange erhofften Zinsanstieg auf unbestimmte Zeit weiter in die Ferne.

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Neue Aktienkultur in Deutschland?

Zuletzt überraschte jedoch die Reaktion privater Anleger auf die Corona-Krise. Während private Haushalte in der Vergangenheit auf Krisen und Kurseinbrüche an den Börsen häufig mit Panikverkäufen von Aktien reagierten, fielen diese im bisherigen Verlauf der Corona-Krise weitgehend aus. Eher im Gegenteil: In den ersten drei Quartalen 2020 stiegen die Netto-Aktienkäufe der privaten Haushalte in Deutschland auf 33,9 Milliarden Euro. Das war rund das Dreifache der durchschnittlichen Geldvermögensbildung in dieser Anlageform in den jeweils ersten drei Quartalen der letzten Jahre. Auch bei Fonds und Zertifikaten konnten gute Mittelzuflüsse registriert werden.

Doch ist das bereits die ersehnte neue Aktienkultur in Deutschland? Wie nachhaltig ist der Trend und reicht er aus, um den skizzierten Geldanlagestau bei den privaten Haushalten allmählich aufzulösen?

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