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Nordea: Warum Dänemark den Pfandbrief-Markt dominiert
Ineffizienzen. Poul Callesen, Produktmanager bei Nordea Asset Management, liebt dieses Wort. In dem knapp einstündigen Gespräch in Vorbereitung dieses Artikels verwendet er es ein gutes Dutzend Mal. Doch es zeigt, worauf sich der freundliche Däne und sein Team im beruflichen Alltag fokussieren, um für die Anleger eine möglichst hohe Rendite zu erzielen.
Wenn von Marktineffizienzen die Rede ist, spricht man häufig von Small und Mid Caps, also kleinen und mittelgroßen Firmen, die von Analysten weniger gecovert werden als die großen Blue-Chip-Unternehmen. Wer hier ein bisschen mehr weiß als die Konkurrenz, hat einen Vorteil und kann diesen für sich ausspielen – und so Gewinne einfahren oder Aktien rechtzeitig abstoßen. Doch Einzelaktien sind nicht das Metier von Poul Callesen. Er arbeitet bei Nordea als Produktspezialist im Team für Covered Bonds, also Pfandbriefe.
Der Charme der Langeweile
Pfandbriefe gelten als eines der sichersten Finanzinstrumente überhaupt, da sie durch Immobilien oder andere feste Vermögenswerte besichert sind und unter strengen gesetzlichen Rahmenbedingungen ausgegeben werden. Diese doppelte Absicherung – sowohl durch das physische Vermögen als auch durch rechtliche Vorgaben – minimiert das Ausfallrisiko für Investoren erheblich. Und um es erheblich genauer einzuordnen: In mehr als 250 Jahren hat es bis heute keinen Ausfall von Pfandbriefen gegeben.
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Ineffizienzen. Poul Callesen, Produktmanager bei Nordea Asset Management, liebt dieses Wort. In dem knapp einstündigen Gespräch in Vorbereitung dieses Artikels verwendet er es ein gutes Dutzend Mal. Doch es zeigt, worauf sich der freundliche Däne und sein Team im beruflichen Alltag fokussieren, um für die Anleger eine möglichst hohe Rendite zu erzielen.
Wenn von Marktineffizienzen die Rede ist, spricht man häufig von Small und Mid Caps, also kleinen und mittelgroßen Firmen, die von Analysten weniger gecovert werden als die großen Blue-Chip-Unternehmen. Wer hier ein bisschen mehr weiß als die Konkurrenz, hat einen Vorteil und kann diesen für sich ausspielen – und so Gewinne einfahren oder Aktien rechtzeitig abstoßen. Doch Einzelaktien sind nicht das Metier von Poul Callesen. Er arbeitet bei Nordea als Produktspezialist im Team für Covered Bonds, also Pfandbriefe.
Der Charme der Langeweile
Pfandbriefe gelten als eines der sichersten Finanzinstrumente überhaupt, da sie durch Immobilien oder andere feste Vermögenswerte besichert sind und unter strengen gesetzlichen Rahmenbedingungen ausgegeben werden. Diese doppelte Absicherung – sowohl durch das physische Vermögen als auch durch rechtliche Vorgaben – minimiert das Ausfallrisiko für Investoren erheblich. Und um es erheblich genauer einzuordnen: In mehr als 250 Jahren hat es bis heute keinen Ausfall von Pfandbriefen gegeben.
Genau diese Vorhersehbarkeit, stabile Renditen und das Fehlen von spektakulären Kursschwankungen lassen Pfandbriefe in den Augen einiger als „langweilig“ erscheinen.
In Wirklichkeit sind sie jedoch eine bemerkenswerte Kombination aus hoher Sicherheit und, in den Händen von geschulten aktiven Fondsmanagern, sogar ein besserer Renditebringer als Unternehmensanleihen. „In den vergangenen zehn Jahren haben wir mit europäischen Pfandbriefen nach Kosten durchschnittlich 0,5 Prozent mehr Ertrag pro Jahr generieren können als mit Unternehmensanleihen, und das bei geringerem Risiko und besserer Bonität. Eigentlich sollte das nicht möglich sein, aber in der Praxis ist dies durch aktives Management möglich“, sagt Callesen. „Völlig egal, ob die Zinsen gestiegen oder gesunken sind, ob die Spreads enger oder weiter wurden.“
Nichts geht über Erfahrung
An den Kapitalmärkten hat sich das längst herumgesprochen. Im Nordea 1 European Covered Bond Fund mit einer Duration von rund 5 Jahren stecken mittlerweile rund 5,2 Milliarden Euro, im kürzer laufenden Nordea 1 - Low Duration European Covered Bond Fund (Duration etwa ein Jahr) sind es mehr als 3 Milliarden Euro. „Gerade institutionelle Anleger blicken zunehmend auf Covered Bonds und aktive Lösungen", so Callesen.
Gelegentlich komme es vor, dass manch professioneller Anleger denke: Es gab keinen Ausfall in mehr als 200 Jahren, das bekommen wir auch selber hin. „Doch dadurch entstehen häufig nur weitere Ineffizienzen, die wir anstreben auszunutzen.“
Da ist das Wort wieder. Was er mit Ineffizienzen meint, erläutert Callesen an einem Beispiel: „Die Aareal Bank aus Wiesbaden emittiert in Euro und in Dollar. Die Sicherheit in Form des Deckungsstocks zwischen den zwei Pfandbriefen, ob Dollar oder Euro, ist dieselbe. Theoretisch sollte es – nach Hedge - zwischen beiden Pfandbriefen also keinen Unterschied geben. Die gibt es aber, und die nutzen wir aus“, erklärt Callesen.
Es gibt noch viele weitere Beispiele dafür, dass der Markt manchmal nicht ganz so effizient ist, wie es gemeinhin angenommen wird. Man nehme etwa eine hypothetische Präsidentschaftswahl in Frankreich, Marine Le Pen steht in Prognosen gegen Emmanuel Macron gut da. Die Medien werden nervös, an den Märkten nimmt die Panik zu. „Aber kommt es dann zu Verkäufen bei französischen Pfandbriefen“, fragt Callesen, nur um die Antwort direkt selbst zu geben. „Nein. Sondern bei französischen Staatsanleihen. Dadurch entstehen attraktive Spreads zwischen Covered Bonds und Staatsanleihen, die wir versuchen auszunutzen. Dieses Phänomen ist in verschiedenen Ländern gelegentlich zu beobachten.“
Für die Renditejäger von Nordea ist der Fall dann klar: Wenn die Staatsanleihe mit derselben Laufzeit aufgrund der Paniksituation an den Märkten höhere Renditen abwirft, geht das Team Long auf Staatsanleihen gegen Pfandbriefe. „Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich das wieder nivelliert.“ Bis dahin nimmt man den Gewinn dankend mit. „Wir diskutieren in unseren Morgen-Meetings deshalb auch immer die Weltlage. Was ist zu erwarten, wo könnte eine Krise entstehen – und wie könnte sich das auf das Geschäft mit Pfandbriefen auswirken?“
Dänemark und die Pfandbriefe
Im Auf und Ab der Märkte rückt das stabile Geschäft mit Covered Bonds häufig in den Hintergrund. Doch der Markt für gedeckte Schuldverschreibungen ist gigantisch: Im Jahr 2021 belief sich das Volumen auf rund 2,9 Billionen Euro. Die größten Länderemittenten sind Dänemark, Deutschland, Frankreich, Spanien und Schweden.
Die hyggeligen Dänen auf der Eins – woran liegt das? „Das ist ein bisschen kompliziert zu erklären“, beginnt Callesen. Einerseits sei Dänemark eine Besonderheit, weil der Immobilienmarkt anders laufe als in vielen anderen europäischen Ländern. Während in Deutschland etwa die meisten Menschen zur Miete wohnen, seien rund zwei Drittel der dänischen Immobilien Eigentumswohnungen und Eigentumshäuser.
Der zweite Grund sei das Ausgleichsprinzip (auch „Balanceprinzip“ genannt), ein charakteristisches Merkmal des dänischen Hypothekenmarktes. Das bedeutet, dass für jeden Kredit, den eine Bank vergibt, eine entsprechende Anleihe mit denselben Merkmalen (Laufzeit, Zinssatz, Tilgung) ausgegeben wird. „Dies stellt sicher, dass die Zahlungsströme von Kreditnehmern und Anleihegläubigern genau übereinstimmen. Wenn beispielsweise ein Hausbesitzer seine Hypothek vorzeitig zurückzahlt, dann kauft die Bank für den Kreditnehmer die entsprechende Anleihe auf dem Markt zurück.“ Für das Kündigungsrecht zahlt der Darlehensnehmer einen höheren Zins. Dieses System biete eine hohe Transparenz und Sicherheit, da die Banken nicht dem Zinsänderungsrisiko ausgesetzt sind.
Dadurch sei Dänemark allein für 450 Milliarden des globalen 3-Billionen-Geschäfts verantwortlich.
Lauern auf die Chance
Viele Asset Manager sind aktiv im Geschäft mit europäischen Pfandbriefen in Euro, selbst die internationalen Dickschiffe wie JP Morgan. Doch die Experten von Nordea gehen noch einen Schritt weiter: „Wir sind in vielen Ländern und Währungen aktiv, wenn es zu Ineffizienzen kommt“, so Callesen. Man lauere immer auf die nächste Chance: „Wenn die EZB etwa ein neues Lockerungs-Paket (Quantitative Easing) ankündigt und man sieht, dass kanadische Emittenten in Euro vom Programm nicht unterstützt werden, ergeben sich wieder neue Chancen. Dann sind wir aktiv zur Stelle.“
Um sich in diesem speziellen Terrain sicher zu bewegen, braucht es ein erfahrenes Team. „Unser Team für nordische und europäische Pfandbriefe umfasst etwa zehn Leute. Die Portfoliomanager in diesen Themen arbeiten seit über 15 Jahren zusammen. Die kennen einander und auch die Strategien in- und auswendig. Das ist ein großer Teil der Erfolgsformel.“
Poul Callesen selbst arbeitet seit 34 Jahren bei Nordea Asset Management. Angefangen hat er im Jahr 1989. Die Faszination von Anleihen und Pfandbriefen ist jedoch immer noch dieselbe. Er selbst hat sein Aktienengagement für die private Altersvorsorge heruntergefahren, besitzt nur noch ein paar Anteile an Novo Nordisk, dem Hersteller von Insulin und der Abnehmspritze Wegovy. Ansonsten setzt er wie auch die großen Lebensversicherer zunehmend auf kündbare dänische Pfandbriefe. Klar, da sind keine Tenbagger drin. Aber solide Renditen bei wenig Risiko und geringer Volatilität.
Und Altersvorsorge muss ja nicht aufregend sein.