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„Notenbank bedrängt“ Das sagen Finanz-Experten zur jüngsten Zinssenkung der Fed

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„Stehen vor keiner Rezession“

Sonal Desai

Sonal Desai, Investmentchefin Franklin Templeton Fixed Income:

„Auf ihrer Sitzung im September senkte die US-Notenbank (Fed) ihren Leitzins um 25 Basispunkte (bps) auf eine Bandbreite von 1,75% bis 2%, was die Markterwartungen bestätigt. Die Botschaft des Vorsitzenden Jerome Powell in der Pressekonferenz nach der Sitzung war jedoch sorgfältiger kalibriert als in der Vergangenheit - und sie hatte eine ernüchternde Wirkung. Während die sofortige Reaktion des Marktes Enttäuschung zum Ausdruck brachte, glaube ich, dass die Fed die Markterwartungen über den zukünftigen Zinspfad dämpfen musste. Dies war ein vernünftiger erster Schritt.

Mit zwei Zinssenkungen in diesem Quartal sagte Powell, dass er erwartet, dass diese jüngste monetäre Lockerung Auswirkungen auf die üblichen langen und variablen Zinsen haben wird; und er bemerkte, dass die Fed ein weiterhin solides Wachstum erwartet, dass der Arbeitsmarkt stark bleibt und die Inflation allmählich auf ihr Ziel ansteigt. Die Fed erklärte, sie werde die Handelsunsicherheit und die jüngste Abschwächung in Europa und China weiterhin beobachten. Der Ausblick für die USA bleibt jedoch unverändert, mit einem starken privaten Konsum und einem vorsichtigen Unternehmenssektor.

Und während die Fed die Handelsunsicherheit nicht beseitigen kann, zeigte sich Powell zuversichtlich, dass die Maßnahmen der Fed den Konsum langlebiger Güter, den Wohnungsbau sowie das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen unterstützen werden. Mit anderen Worten, die Botschaft der Fed lautet, dass es keinen Grund zur Panik gibt, wir stehen nicht am Rande einer Rezession, und es gibt keinen Grund, mit einer massiven weiteren monetären Lockerung zu rechnen.

Tatsächlich klang Powell unbeeindruckt von den Umkehrungen der Zinskurven: Er stellte fest, dass die langfristigen Renditen von US-Treasuries stark gesunken seien und den größten Teil der Bewegung innerhalb weniger Tage wieder gut gemacht hätten. Er erklärte, dass Schwankungen der globalen Nachfrage nach US-Treasuries und der Marktstimmung eine Schlüsselrolle bei der Inversion spielen, und die Zinskurve der Treasuries nicht viel über die wirtschaftlichen Aussichten der USA Aussage.“

„Weitere Zinssenkung 2019 noch nicht sicher“

Carsten Mumm

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel:

„Die US-Notenbank Fed hat eine schwierige Gratwanderung vorerst erfolgreich bewältigt. Einerseits wurden den Erwartungen des Marktes mit der Leitzinssenkung um 25 Basispunkte auf 1,75 – 2,0 Prozent entsprochen. Andererseits vermied Fed-Präsident Jerome Powell eine weitere geldpolitische Lockerung, wie sie von US-Präsident Donald Trump vermehrt eingefordert wurde — zuletzt sogar bis auf null. Die Notenbank unterstreicht dadurch ihre unabhängige Stellung mit dem ausschließlichen Fokus auf die Geldwertstabilität und eine gute Beschäftigungslage.

Begründet wurde der Zinsschritt mit der Sicherung der bisher weiterhin hohen wirtschaftlichen Dynamik. Powell deutete wie bei der letzten Sitzung an, dass es sich um eine vorsorgliche geldpolitische Lockerung als Versicherung gegen offensichtliche Risiken, v.a. den globalen wirtschaftlichen Abschwung, den Handelskonflikt und den anstehenden Brexit, handelt. Die Erwartungen an das Wachstum der US-Volkswirtschaft in 2019 wurden von den Währungshütern von 2,1 auf 2,2 Prozent angehoben.

Unverändert hingegen blieben die Projektionen für die maßgebliche PCE-Inflationsrate in Höhe von 1,5 Prozent bzw. 1,8 Prozent für die Kernrate. Dabei verweist die Fed auf die nach wie vor niedrigen Inflationserwartungen der Marktteilnehmer. Powell betont, dass sich die Fed nicht auf einem kein vorgezeichneten Weg weiterer Zinssenkungen befindet, sondern die weitere geldpolitische Ausrichtung anhand der kommenden wirtschaftlichen Entwicklung ausrichtet. Einen besonderen Fokus legte Powell auf die außerordentliche Intervention der Notenbank am Geldmarkt am Anfang dieser Woche. Ursache des zwischenzeitlichen Engpasses an Interbankenliquidität waren technische Aspekte, wie Käufe neu emittierten US-Staatsanleihen und fällige Quartals-Steuerzahlungen. Es gibt daraus keine Rückwirkungen auf die aktuelle geldpolitische Ausrichtung.

Bemerkenswert war, dass zwei Mitglieder des Open-Market-Committees gegen eine Zinssenkung gestimmt haben. Ein Mitglied sprach sich hingegen für eine Senkung des Leitzinses um 50 Basispunkte auf 1,5 - 1,75 Prozent aus. Dadurch zeigt sich die besonders schwierige Situation der Notenbank in der aktuellen Situation. Angesichts der jüngsten wirtschaftlichen Datenveröffentlichungen mit einem Wachstum der US-Industrieproduktion um 0,6 Prozent, einer um 0,5 Prozent zulegenden Produktion im Verarbeitenden Gewerbe und einer steigenden Kapazitätsauslastung im August wäre unter rein fundamentalen Gesichtspunkten auch eine Verschiebung einer weiteren Zinssenkung auf die nächste Sitzung nachvollziehbar gewesen. Eine weitere Zinssenkung in diesem Jahr ist auf jeden Fall noch nicht sicher.“

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