Fehlbetrag von 65 bis 85 Millionen Euro Nürnberger kündigt massiven Jahresverlust an
Die Nachricht kam auffallend unscheinbar daher. Einen Tag nach der für Kunden erfreulichen Meldung, dass die Nürnberger Versicherungsgruppe ihre Überschussbeteiligung für Leben- und Rentenversicherungsprodukte im kommenden Jahr erhöht, versandte das Unternehmen am Donnerstag eine weitere Presseinformation.
Darin hieß es: „Um die erkennbaren positiven Effekte der Sanierungsmaßnahmen in der Schaden-/ Unfallversicherung zu verstärken, werden die Reserven der Nürnberger Allgemeine Versicherung AG aufgestockt. Dies sichert deren künftige Ertragskraft und realisiert die Verluste des in der Vergangenheit stark schadenbelasteten Geschäfts. Gegebenenfalls werden Unterstützungsmaßnahmen der Nürnberger Beteiligungs-AG erforderlich sein. Abhängig von deren Höhe kann dies Auswirkungen auf die Dividende haben.“
Höchster Verlust der Konzerngeschichte zu befürchten
Der Sachversicherer des Hauses benötigt demnach eine Stärkung der Schadenreserven und des Eigenkapitals. In der Folge rechnet die Holding des Konzerns mit einem Jahresfehlbetrag zwischen 65 und 85 Millionen Euro. Ein Minus in dieser Größenordnung gab es beim Traditionsversicherer noch nie. Es zeigt, wie massiv die Krise in der Schadensparte ist, zumal das Unternehmen auch die positiven Beiträge der Lebens- und Krankenversicherung erwähnt, die den Verlust aber offenkundig nicht auffangen können.
Im Sommer war noch von Gewinnen die Rede
Erst im Juli hatten die Franken ihre Pläne für eine massive Kostenreduktion vorgestellt. Im Mittelpunkt steht der Wegfall von 600 Vollzeitarbeitsplätzen bis zum Jahr 2026. Insgesamt sollen 75 Millionen Euro eingespart werden. Eine Sprecherin sagte damals, dass die eigenen Verwaltungs- und Abschlusskosten höher sind als bei anderen Versicherern.“ Dennoch rechnete Vorstandschef Harald Rosenberger im Sommer laut „Süddeutscher Zeitung“ noch mit einem Gewinn von 40 Millionen bis 50 Millionen Euro an. Wie innerhalb von vier Monaten die riesige Diskrepanz zu dem jetzt prognostizierten Verlust zustande gekommen ist, wollte ein Konzernsprecher auf Nachfrage von DAS INVESTMENT nicht beantworten.
Hallo, Herr Kaiser!
Die Worte von Firmenchef Harald Rosenberger wollen dann zu den angekündigten Zahlen auch nicht so recht passen: „Bis auf die Schadenversicherung sind wir in allen Segmenten sehr gut unterwegs. Jetzt die Profitabilität und Zukunftsfähigkeit unserer Schadenversicherung und damit der gesamten Gruppe zu sichern, ist unser klarer Fokus. Nach umfassenden Analysen kennen wir jeden Winkel des Portfolios. Unsere eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen zeigen bereits Wirkung. So schaffen wir eine solide Basis für profitables Geschäft in der Zukunft.“
Neue Schaden-Chefin will Vertragsbestand aufräumen
Im Oktober hatte die neue Vorstandsvorsitzende der Nürnberger Allgemeine, Christine Kaaz, das Programm „back2black“ angekündigt. Damit soll der Schadenversicherer wieder in die schwarzen Zahlen kommen. Dabei kündigte sie harte Maßnahmen an: „Um ein verlässlicher Partner bleiben zu können, müssen wir uns von Verträgen trennen, die stark schadenbelastet oder untertarifiert sind. Wir machen das im Zuge der Umstellung auf ein neues Kernsystem, über das wir nur noch unsere neuesten und besten Produkte anbieten. Grundsätzlich gilt: Im Mittelpunkt stehen zunächst Sanierungen, nicht Wachstumsinitiativen.“
Konkrete Sanierungsmaßnahmen? Keine Antwort der Nürnberger
Schon länger läuft beim Konzern das Programm „Fit für die Zukunft“ als Teil des Transformationsprozesses. Laut des Sprechers hat es das Ziel, die Kosten- und damit die Wettbewerbssituation der gesamten Nürnberger deutlich zu stärken – durch Fokussierung, Leistungsverzicht und Prozessoptimierung. Die Fragen unserer Redaktion, welche Sanierungsmaßnahmen bereits durchgeführt wurden und welche in naher Zukunft jenseits der angekündigten Personalanpassung geplant sind, blieb ebenfalls unbeantwortet.