Ökonom vom IW
Deutsche schätzen ihre Einkommensposition falsch ein
Aktualisiert am 17.03.2020 - 15:43 Uhr
Maximilian Stockhausen ist Ökonom für Verteilung beim Institut der deutschen Wirtschaft. Foto: IW
Viele Deutsche unterschätzen ihre Einkommensposition in der Gesellschaft. Wer als Single monatlich 3.440 Euro netto verdient, zählt zu den einkommensstärksten 10 Prozent der Gesellschaft.
Wenn es um die subjektive Einordnung in die Gesellschaft geht, sortieren sich die meisten Deutschen in die Mittelschicht oder auch obere Mittelschicht ein. Nur wenige zählen sich selbst zur sozialen Oberschicht. Ähnlich sieht es bei einer Einsortierung in Einkommenszehntel aus. Praktisch niemand fühlt sich dem neunten oder zehnten Dezil – also den einkommensreichsten 20 Prozent der Gesellschaft – zugehörig (Engelhardt/Wagener, 2018). Von denjenigen, die tatsächlich einkommensmäßig in die oberen Bereiche gehörten, unterschätzten gemäß der Online-Befragung von Engelhardt und Wagener alle ihre Einkommensposition.
Aber ab welchem Einkommen gehört man zu den reichsten 10 Prozent Deutschlands?...
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Wenn es um die subjektive Einordnung in die Gesellschaft geht, sortieren sich die meisten Deutschen in die Mittelschicht oder auch obere Mittelschicht ein. Nur wenige zählen sich selbst zur sozialen Oberschicht. Ähnlich sieht es bei einer Einsortierung in Einkommenszehntel aus. Praktisch niemand fühlt sich dem neunten oder zehnten Dezil – also den einkommensreichsten 20 Prozent der Gesellschaft – zugehörig (Engelhardt/Wagener, 2018). Von denjenigen, die tatsächlich einkommensmäßig in die oberen Bereiche gehörten, unterschätzten gemäß der Online-Befragung von Engelhardt und Wagener alle ihre Einkommensposition.
Aber ab welchem Einkommen gehört man zu den reichsten 10 Prozent Deutschlands? Dies lässt sich anhand repräsentativer Haushaltsbefragungsdaten des Soziooekonomischen Panels (SOEP) ermitteln, die aktuell bis zum Jahr 2017 vorliegen. Die verfügbaren Einkommensdaten beziehen sich dabei auf das Jahr 2016, da jährliche Einkommen retrospektiv, das heißt für das jeweilige Vorjahr der Befragung, erhoben werden. Nur so ist eine detaillierte Erfassung auch unregelmäßiger Einkommenskomponenten möglich.
Hohe Einkommen sind unterrepräsentiert
Im Jahr 2016 gehörte ein Alleinlebender mit einem monatlichen Nettoeinkommen von knapp 3.440 Euro zu den einkommensreichsten 10 Prozent. Ein Abgleich mit amtlichen Steuerdaten zeigt, dass die Haushaltsbefragungsdaten die Grenze zu den oberen 10 Prozent gut abbilden können. Die Grenze zum obersten Prozent wird jedoch tendenziell unterschätzt, da sehr hohe Einkommen nicht voll erfasst werden.
Um die Wohlstandsposition eines Bürgers in der Verteilung zu bestimmen, wird in aller Regel auf Einkommen nach Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, inklusive Renten und sozialer Transfers wie beispielsweise das Kindergeld zurückgegriffen. Bei selbstnutzenden Eigentümern wird zusätzlich der monatliche Nettomietvorteil als Einkommensbestandteil berücksichtigt. Um den Bedarfen unterschiedlicher Haushaltstypen Rechnung zu tragen, werden die Einkommen gemäß der modifizierten OECD-Äquivalenzskala bedarfsgewichtet. Demnach muss ein Paar ohne Kinder zum Beispiel nur das 1,5-Fache des Einkommens eines Single-Haushalts zur Verfügung haben, um einen vergleichbaren Lebensstandard zu erreichen. Bei einer Familie mit einem Kind unter 14 Jahre liegt der Grenzwert um das 1,8-Fache höher, bei zwei Kindern unter 14 Jahren um das 2,1-Fache.
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