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Aktualisiert am 28.10.2010 - 15:39 UhrLesedauer: 8 Minuten

Öl: Energie fürs Portfolio

Bild: Pixelquelle
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Neben der enormen Wichtigkeit für die globale Wirtschaftsentwicklung sprechen folgende Faktoren für eine gesonderte Betrachtung des Energiesektors, insbesondere mit dem Schwerpunkt Erdöl: • Auch wenn sich die Rolle von Erdöl für die Weltwirtschaft, gemessen am Verhältnis von verbrauchtem Erdöl und erstellter Wirtschaftsleistung (die sogenannte Ölintensität), in den letzten dreißig Jahren halbiert hat, bleibt Erdöl unangefochten der wichtigste Rohstoff moderner Industriegesellschaften.
• Ob die Erschließung, die Förderung, der Transport oder die Lagerung betrachtet
• wird – alle Stufen der Erdöl- bzw. Erdgasversorgung sind im Vergleich zu anderen Massenrohstoffen hoch kompliziert und teuer.
• Viele Förderregionen für Erdöl befinden sich in politisch instabilen Regionen. Der Faktor Politik spielt bei Erdöl somit eine vergleichsweise große Rolle.
• Auch wenn bereits viel über alternative Energieträger gesprochen wird: kurzfristig können allenfalls kleine Bereiche, in denen Erdöl zum Einsatz kommt, durch nahe Substitute wie zum Beispiel Erdgas oder Biokraftstoffe ersetzt werden. Zu Öl gibt es kurzfristig keine Alternativen. Ölpreisschock?
Der in den letzten Jahren zu beobachtende Anstieg des Ölpreises weckt Erinnerungen an die Krise der Siebzigerjahre. Allerdings hinkt der Vergleich: 1973 stieg der Preis für OPEC-Öl, nach Ankündigung einer Förderkürzung um 5 %, innerhalb eines Tages um 70 % an. In den darauffolgenden zwölf Monaten verdoppelte sich der Preis erneut. Verglichen damit sind die Preisänderungen des Julis 2008 von etwa 92 % gegenüber Vorjahr als gering zu bezeichnen. Allerdings wurde 2008 die psychologische Marke von 100 USD das Fass mehrmals deutlich überschritten. Im Juli des Jahres erklomm der Öl-Preis mit 146 USD ein absolutes Allzeithoch. Damit wurden nunmehr die Preisniveaus der Siebziger- und Achtzigerjahre erreicht. Berücksichtigtman nämlich die allgemeine Preissteigerung (sogenannte reale Rechnung), musste die Weltwirtschaft bereits in den Achtzigerjahren mit Preisen von knapp 100 US-Dollar pro Barrel fertig werden. Von Ende 1998 bis Mitte 2008 kannte der Preis für Rohöl weitestgehend nur eine Richtung: aufwärts! Trotz des Preisverfalls während der Finanzkrise notiert Öl noch deutlich über dem Niveau der 90er Jahre. Was bedeutet ein höherer Ölpreis für Unternehmen in der Energiebranche? Haben die Börsen mögliche Gewinnsteigerungen bereits vorweggenommen? Und noch etwas unterscheidet die aktuelle Situation von damals: Während 1973 eine plötzliche Verknappung des Ölangebots die Preise nach oben trieb, steht heute die Entwicklung der Nachfrage im Mittelpunkt. Die asiatischen Länder, allen voran China und Indien, erholten sich schneller als erwartet von der sogenannten Asienkrise und treten nun auf dem Markt für Erdöl als dynamische Nachfrager auf. Zwar stehen die beiden Länder gerade einmal für 12 % der globalen Ölnachfrage und 8 % der weltweiten Wirtschaftsleistung (kaufkraftbereinigt ca. 15 %), zur Zunahme der Ölnachfrage trugen diese Staaten seit 1990 allerdings mehr als ein Drittel bei. Während China als weltweit fünftgrößter Ölproduzent bis 1994 netto sogar Erdöl exportierte, ist das Reich der Mitte mittlerweile zum zweitgrößten Importeur von Öl aufgestiegen. Ein zweiter Punkt überrascht auf der Nachfrageseite: Die Verbraucher in den Industrieländern ließen sich bislang von den höheren Preisen nicht beeindrucken und veränderten ihr Verbraucherverhalten kaum. Die internationale Energieagentur (IEA) geht in ihrem Referenzszenario davon aus, dass der weltweite Energieverbrauch 2030 weit über 50 % höher sein wird als heute. Auf China und Indien zusammen werden in diesem Szenario
45 % des Nachfrageanstiegs entfallen. Auch wenn die Nachfragedynamik bei der Entwicklung am Ölmarkt im Vordergrund steht, mit ihr alleine lassen sich die aktuellen Preisbewegungen nicht erklären. Auf der Angebotsseite kam es ebenfalls zu unvorhergesehenen Entwicklungen: Zum einen ging man Ende der Neunzigerjahre davon aus, dass die Öffnung des Ostblocks, allen voran des russischen Marktes, eine weltweite Privatisierungswelle im Ölsektor auslösen würde. Die wachsende
Rolle privaten Kapitals in der Ölwirtschaft, so die damalige Annahme, sollte die Effizienz der Produktionsanlagen merklich erhöhen und einen Versorgungsengpass im Öl- und Gassektor unwahrscheinlich werden lassen. Zum anderen ging man davon aus, dass die OPEC aufgrund innenpolitischer Spannungen nicht die für eine aktive Preispolitik notwendige Disziplin aufzubringen in der Lage wäre. Doch es kam anders als erwartet: Die OPEC gab sich in den letzten Jahren wieder disziplinierter als in den Neunzigerjahren und auch die russische Regierung ist bemüht, ihre Kontrolle über den Erdölsektor auszubauen. Auch bei den wichtigsten Erdöl produzierenden Ländern Lateinamerikas (Venezuela, Brasilien, Argentinien und Mexiko) nahm der Staat zuletzt wieder eine wachsende Rolle bei der Förderung des schwarzen Goldes ein. Die international aufgestellten Energiekonzerne haben zu allem Überfluss noch an einer weiteren Front zu kämpfen: Ihre Vorkommen, die vor allem Mitte des letzten Jahrhunderts insbesondere in der Nordsee und der Küstenregion Nordamerikas entdeckt wurden, haben zumeist ihren Zenit erreicht und sind am versiegen. Neue größere Ölfelder werden kaum noch gefunden, obwohl der technologische Fortschritt heutzutage Tiefseebohrungen in Meerestiefen bis zu 4.000 Metern erlaubt. Die Folge: vielfach rückläufige Produktionsmengen bei Ölunternehmen. Die Erdölproduzenten wurden offensichtlich sowohl von der beschleunigten Nachfrageentwicklung als auch von den Schwierigkeiten
bei der Erschließung neuer Felder überrascht. Die Ausweitung des Angebots hielt mit der Nachfrage nicht Schritt. Infolgedessen schrumpfte der Anteil freier Förderkapazitäten am gesamten Ölmarkt in den letzten 10 Jahren merklich. Hinzu kommt, dass der Faktor „Politik“ bei Öl und Gas besonders großes Gewicht hat. Wie auch bei anderen Rohstoffen kommt es unter dem Einfluss steigender Preise zunehmend zu Forderungen von Seiten der Bevölkerung in rohstoffreichen Ländern.
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