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Energiewende Öl und Gas als Teil des Problems – aber auch der Lösung

Petrochemische Industrie
Petrochemische Industrie: Würde man die Öl- und Gasversorgung schon heute in großem Umfang abschalten, hätte das erhebliche soziale Folgen. | Foto: imago images / YAY Images
Michel Wiskirski, Carmignac

Die Internationale Energieagentur (IEA) hat jüngst eine Roadmap zur Umsetzung des Netto-Null-Emissionsziels 2050 veröffentlicht. Darin zeigt sich, dass noch ein langer Weg vor uns liegt, wenn wir die Ziele des Pariser Abkommens erreichen wollen. Die Studie bestätigt: Einfach fossile Brennstoffe ab- und erneuerbare Energiequellen zuzuschalten, ist viel zu kurz gedacht.

Denn: Öl- und Gasunternehmen sind zwar in hohem Maß Teil des Problems. Doch um das Netto-Null-Emissionsziel erreichen zu können, müssen sie auch Teil der Lösung sein.

Was bedeutet Netto-Null?

Netto-Null bedeutet, dass die globalen Netto-Treibhausgasemissionen auf einen Wert von Null reduziert werden müssen. Mit anderen Worten: Das Kohlenstoffdioxid, das durch den Menschen in die Atmosphäre gelangt, muss wieder dahin zurück, wo es herkommt: In den Boden. Das Netto-Null-Ziel bis 2050 ist dabei genau wie die Begrenzung der globalen Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit im Pariser Abkommen festgelegt. Laut den Vereinten Nationen lag die Temperatur im Jahr 2020 allerdings bereits ein Grad über der im vergangenen Jahrhundert.

Die „Roadmap zur Umsetzung des Netto-Null-Emissionsziels 2050“ der Internationale Energieagentur (IEA) veranschaulicht, dass die Menschheit selbst bei Erfüllung aller Klimaverpflichtungen der Länder weltweit noch lange nicht bei null wäre. Hinzu kommt, dass sich einige Länder zu Netto-Null-Zusagen verpflichtet haben, ohne klare Wege zu diesem Ziel aufzuzeigen.

Das liegt auch daran, dass das System der Energieversorgung sehr komplex ist. Es betrifft viele Akteure entlang der globalen Wertschöpfungskette. Daher ist entscheidend: Die Energiewende muss inklusiv sein, damit durch die Lösung eines Problems keine weiteren geschaffen werden.

Entwicklung von neuen Verfahren zwingend nötig

Die IEA hat vor diesem Hintergrund in ihrer Roadmap einzelne Punkte zusammengestellt, aus denen weitere Einschränkungen des Wirtschaftslebens resultieren: So sollen aus Sicht der Experten nach 2025 beispielsweise keine neuen Heizkessel für fossile Brennstoffe mehr verkauft werden, ab 2021 keine neuen Kohleminen erschlossen oder erweitert werden, ab 2035 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotoren verkauft und keine neuen Öl- und Gasfelder genehmigt werden.

Diese Forderungen mögen Musik in den Ohren von Klimaschützern sein, lassen sich in der Realität allerdings nur sehr schwer einheitlich umsetzen. Positiv zu bewerten ist allerdings die IEA-Empfehlung, mehr erneuerbare Energien aus Wind und Sonne zu erzeugen: Wie die IEA-Berechnungen zeigen, müssten bis 2030 jährlich 1.000 Gigawatt neu installiert werden, um die Klimaziele zu erreichen. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2020 wurden jedoch lediglich 220 Gigawatt neu installiert.

Die Studie bestätigt zudem, dass das Verbot von fossilen Brennstoffen und der Ausbau von erneuerbaren Energiequellen zu kurz greift. Stattdessen empfiehlt die IEA systematisch vorzugehen, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Das bedeutet, dass im Laufe dieses Jahrzehnts der Schwerpunkt auf einem signifikanten Ausbau bereits verfügbarer Technologien liegen soll, während gleichzeitig in die Forschung und Entwicklung neuer Technologien investiert werden muss, weil ab 2030 neue Verfahren zur Verfügung stehen müssen, wenn die Menschheit das Netto-Null-Ziel erreichen will. Beispiele dafür sind leistungsfähige Energiespeichersysteme, die umfassende Nutzung von Wasserstoff als Energiequelle sowie die direkte CO2-Abscheidung und -speicherung.

Übergangslösungen und Teilhabe

Die IEA erwartet, dass die Öl-Nachfrage bis 2050 im Vergleich zu 2020 um 75 Prozent sinkt. Dadurch wird auch die Nutzung des nicht zur Energiegewinnung nutzbaren Teils des schwarzen Goldes zur Versorgung von Teilindustrien wie der Petrochemie eingeschränkt, bis alternative Lösungen zur Verfügung stehen. Auch die Schifffahrt wird aufgrund der langen Lebensdauer von Schiffen mit entsprechenden Herausforderungen konfrontiert. Was die Gasproduktion betrifft, so prognostiziert die IEA, dass diese Mitte der 2020er-Jahre ihren Höhepunkt erreicht und bis 2050 um etwa 55 Prozent gegenüber 2020 sinkt.

Würde man die Öl- und Gasversorgung schon heute übereilt abschalten, hätte das erhebliche soziale Folgen, die die breite Öffentlichkeit momentan übersieht oder ignoriert. Schätzungsweise 40 Millionen Arbeitnehmer weltweit sind direkt in der Öl- und Gasindustrie beschäftigt. Viele Regionen in den Schwellenländern sind von diesem Wirtschaftszweig abhängig. Um das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen, muss  in allen Wirtschaftssektoren, bei den politischen Entscheidungsträgern und vor allem auch bei den Verbrauchern ein Umdenken einsetzen. Die Öl- und Gasindustrie per se als schlecht oder schmutzig zu bezeichnen, zeugt von Naivität und Falschinformation. Wir bevorzugen die Suche nach Übergangslösungen, die für alle Beteiligten zu besseren Ergebnissen führen.

Umbrüche konstruktiv unterstützen

Aus unserer Sicht haben Mineralöl- und Gasunternehmen viel zu bieten, sobald sie anerkennen, dass sich ihr Geschäftsmodell zur Unterstützung der Energiewende weiterentwickeln muss. Anders ausgedrückt: Sie sind ein großer Teil des Problems, aber sie müssen auch Teil der Lösung sein, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Wir sehen bereits, dass sich einige europäische Ölkonzerne für diese Umstellung stark machen. Manchen mag das nicht schnell genug gehen, weil sie wollen, dass sich diese Unternehmen komplett von ihrem Öl- und Gasgeschäft trennen. Die Bemühungen der Unternehmen entlang der gesamten Lieferkette von der Gewinnung fossiler Brennstoffe bis hin zu den sauberen Alternativen an der Zapfsäule können jedoch vorerst einen Unterschied machen und müssen geprüft, überwacht und durch aktives Stewardship gefördert werden.

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Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.