


Offene Immobilienfonds kann man getrost als eine gebeutelte Anlageklasse bezeichnen. Die ehemaligen Investorenlieblinge aus Nullzinszeiten wurden zuletzt zur Krisenklasse: teureres Fremdkapital, ein erstarrender Transaktionsmarkt, sinkende Vermietungsquoten, Liquiditätsrisiken.
Das I-Tüpfelchen auf die giftige Mischung setzte Union Investment mit seinem Wohnimmobilienfonds Uniimmo Wohnen ZBI. Nach einer Sonderbewertung im vergangenen Sommer wertete die Gesellschaft dessen Anteilspreis mit einem Schlag um mehr als 15 Prozent ab – was auch andere Immobilienfonds in den Verdacht brachte, künstlich aufgeblähte Preise zu haben.
Scope stuft Hälfte aller Ratings zurück
Das Analysehaus Scope hat jetzt sein Rating für offene Immobilienfonds überarbeitet – und im Ergebnis den gesamten Bereich kräftig zurückgestutzt: Mehr als die Hälfte aller mit einem Scope-Rating bedachten Fonds des Segments erhalten eine schlechtere Note: von 22 Fonds immerhin zwölf. Die übrigen zehn Fonds konnten ihr Niveau zumindest halten.
Durchschnittlich stufen die Scope-Analysten offene Immobilienfonds derzeit mit der Ratingnote „bbb" ein – was in Kredit-Rating übersetzt hieße: gerade noch integer. Die Scope-Analysten drücken es abgemildert aus und interpretieren die Fondsrating-Note als „ausgewogenes Niveau“. Insgesamt untersuchte Scope 26 offene Immobilienfonds – vier davon ohne Rating-Note.

„Es war eine anstrengende Rating-Runde“, räumt Scope-Analystin Sonja Knorr in einem begleitenden Webinar ein. Dabei seien die Gründe für die Rating-Verschlechterungen vielschichtig. So drückten gesunkene Renditen auf die Bewertungen: Im vergangenen Jahr fuhren offene Immobilienpublikumsfonds im Durchschnitt ein Minus von -1,3 Prozent ein. Die Spannweite reichte von 3,8 Prozent bis zu einem drastischen Minus von 20,1 Prozent. Zum 30. April 2025 lag die Zwölf-Monats-Performance bei -1,1 Prozent.
Für die negative Durchschnittsrendite seien vor allem Wertkorrekturen in den Immobilienportfolios der Fonds verantwortlich gewesen, so die Scope-Analysten: Viele Immobilienbestände seien deutlich abgewertet worden. Positiv steche jedoch heraus, dass die fünf größten Fonds mit einem Fondsvermögen über zehn Milliarden Euro 2024 im Mittel ein Plus von 1,9 Prozent erzielten.
Liquidität und Verschuldung unter Kontrolle
Über die wichtigen Aspekte der Liquidität und der Verschuldung der Fonds hatten die Analysten bereits im Vorfeld informiert (DAS INVESTMENT berichtete). Demnach sank die Liquiditätsquote der 26 untersuchten offenen Immobilienfonds 2024 auf 14,6 Prozent – ein Rückgang gegenüber den 15,1 Prozent des Vorjahres.
Bei den Kreditquoten blieben die offenen Immobilienfonds mit einem Mittel von 18,1 Prozent zwar im gesetzlich erlaubten Rahmen. Allerdings kratzten sieben Fonds 2024 bereits sehr deutlich an der noch tolerierten Obergrenze von 30 Prozent.
Sinkende Vermietungsquoten und unsichere Regulatorik
Größere Sorgen dürften den Anbietern die sinkenden Vermietungsquoten bereiten. Mit 92,4 Prozent lag die durchschnittliche Quote 2024 laut Scope auf dem tiefsten Stand seit 2012. Die schwachen konjunkturellen Aussichten und sich verändernde Nutzeranforderungen, insbesondere im Bürosektor, hätten die Lage an den gewerblichen Mietmärkten verschärft. Im laufenden Jahr dürften die Vermietungsquoten offener Immobilienfonds sogar noch weiter zurückgehen, lautet die düstere Aussicht der Scope-Analysten.
Als zusätzlichen Belastungsfaktor sieht man bei Scope die ungeklärte Frage der Risikoklassifizierung: Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte im Februar beschieden, dass der Uniimmo Wohnen ZBI über Jahre sein Risiko zu niedrig dargestellt habe. Der Fonds war mit der niedrigen Risikoeinstufung 1 gelabelt – was bei offenen Immobilienfonds nicht unüblich ist. Das noch nicht rechtskräftige Urteil hemme nun den Vertrieb, beobachtet man bei Scope. „Eine Klarstellung durch den Regulator wäre schön“, meint Sonja Knorr.
Eine Botschaft haben die Scope-Analysten auch an den Vertrieb: Viel zu häufig seien offene Immobilienfonds in der Vergangenheit als auch kurzfristiger „Geldparkplatz“, quasi als Tagesgeldersatz, missbraucht worden. Dabei sei das Segment vor allem für die langfristige Anlage geeignet.
Erstmals seit 2006 Netto-Mittelabflüsse
Die Schwierigkeiten, die das Segment zuletzt durchlebte, spiegeln sich deutlich auch in den Mittelflüssen wider: Viele Anleger zogen im vergangenen Jahr ihr Geld ab, sodass offene Immobilienfonds erstmals seit 2006 netto wieder Abflüsse sahen. Per Saldo verloren die Produkte laut Scope fast sechs Milliarden Euro. 2023 war das Nettomittelaufkommen noch leicht positiv gewesen.
Den Höhepunkt der Abflüsse für das laufende Jahr erwartet Scope im dritten Quartal. Dabei weisen die Analysten darauf hin: Die Mittelflüsse in offenen Immobilienfonds sind jeweils das Ergebnis von Entscheidungen, die Anleger ein Jahr zuvor getroffen haben – aufgrund der zwölfmonatigen Kündigungsfrist.
Bei Scope findet man: Noch besser für die Liquiditätssteuerung wäre es, wenn für offene Immobilienfonds eine Gating-Regel eingeführt würde, wie sie für Eltifs gilt. Dabei werden Anteile nur begrenzt zurückgenommen, Rückgabewünsche darüber hinaus werden in die Zukunft verschoben.
Ebenso empfehlen die Scope-Analysten, dass offene Immobilienfonds bis zu 15 Prozent ihres Fondsvermögens in Erneuerbare-Energien-Anlagen investieren dürfen sollten – ein Regulierungsprojekt, das die Ampel-Koalition angestoßen hatte, das jedoch liegengeblieben war.
Scopes Ausblick: Vorsichtig optimistisch
Positiv bewerten die Scope-Analysten: Die Portfolios offener Immobilienfonds sind mittlerweile deutlich konservativer und damit realistischer bewertet. Der aus Verkehrswert und Nettosollmiete ermittelte durchschnittliche Vervielfältiger der Fonds ist von 20,2 im Vorjahr auf nun 19,7 gesunken. Ebenso könnten die Fonds ihre hohen Fixkosten weiterhin aus ihren laufenden Umsätzen finanzieren.
Ebenfalls für das Segment spreche, dass das Gros der Fondsportfolios aus Core-Immobilien in europäischen Märkten bestehe – wo Scope Stabilität verortet.
Fazit der Analysten: Die krisengeplagten offenen Immobilienfonds könnten ihr tiefstes Tal bereits durchschritten haben.