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E-Mobilität, KI & Co. Ohne Mikrochips keine digitale Zukunft

Elektronische Komponenten für eine Soyuz-Trägerrakete in einem Werk in Jekaterinburg, Russland
Elektronische Komponenten für eine Soyuz-Trägerrakete in einem Werk in Jekaterinburg, Russland: Viele Unternehmen sind auf Mikrochips angewiesen. | Foto: imago images / ITAR-TASS
Christian Hintz, Foto: Hintz Vermögensverwaltung

Ob in Smartphones, Computern, Autos, medizinischen Geräten oder bei der Weiterentwicklung von Anwendungen in der Künstlichem Intelligenz: In der sich immer weiter digitalisierenden Welt spielen Mikrochips eine herausragende Rolle. Auch als Halbleiter bekannt, sind Chips die Basis dafür, dass Computer und Co. mit hoher Leistungsfähigkeit funktionieren. Die Industrie kommt kaum noch ohne Halbleiter aus. Das hat der globale Chip-Mangel deutlich vor Augen geführt. Aufgrund der steigenden Nachfrage und Corona-bedingten Produktionsengpässen ist die Situation sehr angespannt. Das könnte noch mindestens bis in die zweite Jahreshälfte andauern.

Bereits jetzt hat der Mangel zu erheblichen Einschränkungen geführt. Laut dem Informationsdienstleister IHS-Market sind deshalb im ersten Quartal 2021 rund fünf Prozent weniger Autos produziert worden als noch im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Weil Halbleiter-Chips fehlen, hat Ford in Köln beispielsweise drei Monate lang die Produktion nahezu auf null heruntergefahren. Und Daimler und VW haben Kurzarbeit wegen des Chip-Mangels angesetzt.

Letztlich sind alle technisierten Industrien von Halbleitern abhängig. Die überall sichtbare Knappheit ist nicht nur ein temporäres Problem, sondern weist auf einen absoluten Boom hin. Einen Boom, der so schnell nicht zu Ende gehen wird. Dafür muss man sich nur die Markttendenzen anschauen. Bis 2030 erwarten Experten für die Künstliche Intelligenz einen zusätzlichen jährlichen Wertschöpfungsbeitrag zum Bruttosozialprodukt in Höhe von 1,2 Prozent (13 Billionen US-Dollar). Und ein Blick auf die Verkaufszahlen von Elektroautos in Deutschland zeigt, dass 2019 rund 108.000 Stromer neu zugelassen wurden – für 2020 rechnen Experten mit rund 250.000 verkauften Elektroautos in Deutschland. Bleibt die Entwicklung so, wird das von einigen Herstellern geplante Ziel, 2030 einen Elektro-Anteil von 30 bis 40 Prozent am Gesamtmarkt zu erreichen, plötzlich realistisch, heißt es bei EnBW Energie Baden-Württemberg. Auch weltweit steigen die Zahlen auf einem interessanten Niveau.

Es ist davon auszugehen, dass die aktuelle Entwicklung am Halbleitermarkt den Anfang einer großen strukturellen Veränderung widerspiegelt, die unsere Welt dauerhaft und spürbar verändern wird. Daher wird sich die Halbleiterindustrie auch für langfristig orientierte Investoren als interessantes Segment herausstellen. Schon jetzt zeigt die Wertentwicklung von Chip-Herstellern eine erfolgreiche Tendenz.

EU will Produktion bis 2030 verdoppeln

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Der Philadelphia Semiconductor Index, in dem die Aktien der 30 größten US-Halbleiterkonzerne gebündelt sind, ist im Vergleich zum Mai 2020 um mehr als 70 Prozent gestiegen. Und das deutsche Unternehmen Infineon beispielsweise liegt auf einem ähnlichen Niveau im Zwölf-Monats-Vergleich. Auch weniger bekannte Unternehmen können von großem Interesse sein. Micron Technology beispielsweise oder auch Western Digital präsentieren sich mit jeweils um die 60 Prozent Wertzuwachs ausgesprochen attraktiv und sind, im Vergleich zu den fundamentalen Daten und dem innovativen Entwicklungspotenzial, eher günstig bewertet.

Die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) liegt sogar noch besser mit mehr als 110 Prozent Wachstum seit Mai 2020. TSMC ist nach Intel und Samsung der weltweit drittgrößte Halbleiterhersteller und der weltweit größte unabhängige Auftragsfertiger für Halbleiterprodukte. Das Unternehmen will allein im laufenden Jahr bis zu 23 Milliarden Euro in neue Maschinen und den Ausbau seiner Fabriken stecken und hat sich zuletzt mit der Ausgabe neuer Anleihen neun Milliarden Euro Finanzierungsmittel für den Ausbau seiner Fertigungsanlagen beschafft.

Europäische Unternehmen sind indes weit abgeschlagen. Das soll sich jetzt ändern. Schon im März kündigte die EU an, die Produktion von Mikrochips bis 2030 zu verdoppeln. Ein Fünftel der Mikrochips weltweit sollen dann aus der EU kommen, nachdem europäische Firmen viele Produktionskapazitäten in die USA und Asien ausgelagert hatten. Der europäische Plan mit dem Namen „Digitaler Kompass“ sieht Investitionen von 140 Milliarden Euro in den nächsten zwei bis drei Jahren vor. Konkret ist ein „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI) geplant. Dabei stellt das Bundeswirtschaftsministerium bis 2023 eine Milliarde Euro für Investitionen und Innovationen im Bereich Spezialchips für Autos zur Verfügung.

Fusionen möglich

Auch die erweiterten Chip-Fabriken von Bosch, Infineon und demnächst Globalfoundries (ein US-amerikanischer Halbleiterhersteller) in Dresden sind Beispiele für öffentlich geförderte Projekte in diesem Bereich. Bosch beispielsweise will künftig auf 300-Millimeter-Wafern Chips für das Internet der Dinge und die Automobilindustrie fertigen. In dem neuen Werk soll erstmals durchgehend Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat den Bau mit rund 140 Millionen Euro gefördert, Bosch investierte rund eine Milliarde Euro.

In der Branche werden bereits interessante Fusionen diskutiert. So hat der Grafikprozessor-Spezialist Nvidia (plus 68 Prozent in zwölf Monaten) bekanntgegeben, für 40 Milliarden US-Dollar den Chip-Designer ARM übernehmen zu wollen. Zwar gibt es behördliche Vorbehalte gegen diese Übernahme. Und die Aktionäre des Unternehmens AMD (plus 40 Prozent in zwölf Monaten) genehmigten am 7. April die geplante 35-Milliarden-US-Dollar-Übernahme von Xilinx, mit der AMD sein Angebot im Bereich der Rechenzentren stärken will. Der Deal soll bis Ende 2021 abgeschlossen werden. Damit ist die Tendenz klar: Konzerne rüsten sich mit gezielten Transaktionen für die weitere Entwicklung in diesem Geschäftsfeld. Die Halbleiterhersteller planen verstärkt den Ausbau ihrer Produktionskapazitäten, um die wachsende Nachfrage befriedigen zu können.

Technologieinteressierte, zukunftsorientierte Anleger sollten daher diese Entwicklung eng beobachten und daraus die richtigen Schlüsse für ihre Investments ziehen. Natürlich sind viele Chip-Hersteller grundsätzlich als Wachstumswerte einzustufen, auch wenn viele Firmen schon lange am Markt sind und substanzstarke Geschäftsmodelle vorweisen. Damit erfordern Halbleiter-Aktien eine höhere Risikobereitschaft, die dafür mit weit überdurchschnittlichen Gewinnen belohnt werden sollten. Denn die digitale Zukunft ist ohne starke Halbleiterindustrie nicht möglich.


Über den Autor:
Christian Hintz ist Geschäftsführer der Christian Hintz Vermögensverwaltung und Manager des auf Künstliche Intelligenz spezialisierten Fonds „AI Leaders“.

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