LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in AnalysenLesedauer: 4 Minuten

OLG München Darf sich der Versicherungsmakler „neutral und unabhängig“ nennen?

Seite 2 / 2

Die Werbung eines Versicherungsmaklers, der über diese Abhängigkeit täusche, erhöhe seine Attraktivität, so das OLG. Irrelevant sei dabei, dass die Beklagte auf ihrer Webseite über die entsprechende Beteiligungsstruktur aufkläre. Denn es könne nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass der von der isoliert aufgestellten Werbebehauptung angesprochene Seitennutzer die an anderer Stelle gemachten Ausführungen zu den Beteiligungsverhältnissen zur Kenntnis nehme.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des OLG München ist nachvollziehbar, zumal Vermittler in der Branche relativ häufig mit Neutralität und Unabhängigkeit werben. Diese Entscheidung rückt damit ein wenig mehr Licht ins Dunkel. Im vorliegenden Fall gab es jedoch die Besonderheit, dass ein Versicherungsunternehmen die Mehrheitsbeteiligung an dem Versicherungsmakler innehat: Die Beklagte verfügt zwar objektiv über eine gewerberechtliche Erlaubnis als Versicherungsmakler. Sie darf jedoch nicht mit Neutralität und Unabhängigkeit werben, da das Gericht eine Interessenskollision befürchtet und im Rahmen einer Interessenabwägung zu einer wettbewerbsrechtlichen Unzulässigkeit dieser Art der Werbung kam.

Dieses Urteil erinnert an die Entscheidung des Landgerichts Hannover zur Vertriebsorganisation AWD. Das Gericht hatte dieser untersagt, mit dem Wort „unabhängiger“ in ihrem Claim „Ihr unabhängiger Finanzoptimierer“ zu werben. Das LG Hannover begründete das Urteil damit, dass aus wirtschaftlicher Sicht Swiss Life als beherrschendes Unternehmen einen Einfluss auf den AWD nehmen könnte.

Womit darf der Versicherungsmakler nun werben?

Fakt ist, dass Gerichte die „Neutralität und Unabhängigkeit“ von Versicherungsmaklern kritisch sehen und dieses im Einzelfall auch stringent überprüfen. Aus diesem Grunde sollten Versicherungsmakler genauestens prüfen, ob die Verwendung entsprechender Claims zu Problemen führen kann.

Im Umkehrschluss zu den vorgenannten Urteilen könnte man jedoch die Ansicht vertreten, dass Versicherungsmakler ohne Beteilungen von Versicherungen sehr wohl mit „Neutralität und Unabhängigkeit“ werben dürfen. Denn der Versicherungsmakler darf im Gegensatz zum Versicherungsvertreter in der Tat auch nur die Interessen des Kunden vertreten. Andernfalls käme es zu Interessenskollisionen.


Über den Autor:
Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht
und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Er ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen