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Maklerpool Blau Direkt „Wir wollen nicht wahllos Umsätze generieren“

Oliver Pradetto und Oliver Lang (r.) vom Management des Lübecker Maklerpools blau direkt
Oliver Pradetto und Oliver Lang vom Management des Lübecker Maklerpools Blau Direkt erklären im Interview ihre Strategie für mehr Wachstum im Investment-Geschäft. | Foto: blau direkt

DAS INVESTMENT: Seit mittlerweile knapp einem Jahr dominiert der Krieg in der Ukraine die Nachrichtenlage hierzulande. Spüren Sie die sogenannte Zeitenwende auch in der Finanzberatung? 

Oliver Lang: Ja. Wir beobachten seit dem Ausbruch des Kriegs Ende Februar 2022 einen „Mental Change“: Die Gespräche der Versicherungsmakler mit ihren Kunden sind intensiver geworden als vorher. Denn die Anleger hierzulande sind heute verunsicherter und beschäftigen sich verstärkt mit komplexeren Fragestellungen. Im Investmentbereich legen sie wieder höheren Wert auf die Sicherheit als auf die Rendite eines Finanzprodukts. 

Hinzu kommt der Kundenwunsch nach Liquidität, der zusammen mit der Rendite und der Sicherheit klassischerweise das sogenannte magische Dreieck der Finanzberatung bildet. Inwiefern ist inzwischen auch der Aspekt Nachhaltigkeit fester Bestandteil der Anlageberatung geworden, um jetzt eher ein magisches Viereck zu bilden? 

Lang: Neben einem garantiertem Kapitalerhalt wünschen sich viele Privatanleger bereits heute immer öfter auch einen nachhaltigen Impact. Der Trend hin zur stärkeren Beachtung der Themen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung erscheint mir unaufhaltsam zu sein und wird immer wieder kurzfristig von neuen Negativnachrichten zum Thema Klimawandel getriggert. Spätestens seit August 2022 ist die Abfrage der Kundenpräferenzen in puncto Nachhaltigkeit für gute Finanzberater fester Bestandteil des Workflows im Kundengespräch. 

Ein weiteres Top-Thema für Deutschlands Finanzberater ist die Rückkehr der Inflation, die mit zweistelligen Wachstumsraten im Herbst ihren bisherigen Höchststand hierzulande erreichte. Was bedeutet das für den Finanzvertrieb? 

Lang: Viele Versicherungsmakler diskutieren mit ihren Kunden dieser Tage über die steigenden Preise. So ist mit den ebenfalls gestiegenen Zinsen für Immobilienkredite beispielsweise die Nachfrage nach entsprechenden Darlehen um etwa 80 Prozent eingebrochen. Und im Investment-Bereich zeigte sich die zunehmende Verunsicherung im vorigen Jahr unter anderem durch aufgestockte Anlagesummen per Sparplan. Die Einmalanlagen haben hingegen nachgelassen. Dennoch wachsen wir als Innovationsführer der Branche jährlich um etwa 40 Prozent – und zwar organisch. 

Daneben will Ihr Unternehmen laut Medienberichten künftig stark anorganisch wachsen. Geplant sei die Übernahme eines „größeren deutschen Investment-Pools“ sowie von Software-Firmen. Können Sie hierzu bereits weitere Details nennen? 

Oliver Pradetto: Wir wollen ausdrücklich organisch wachsen. Wer von uns erwartet, dass wir nun wild Pools und Vertriebe zusammenkaufen, missversteht uns. Vielleicht will das auch der ein oder andere. Wir streben danach, unsere Wertschöpfungskette zu vervollständigen. Wenn uns das gelingt, können wir noch bessere Dienstleistungen bieten. Und das Unternehmen wird sicherer für unsere Partner, denn wo wir Glieder der Wertschöpfungskette lediglich mieten, kann immer eine Störung auftreten, die sich unserem Einfluss entzieht. Wir haben vor allem Interesse an Technologien.

 

Kaufen kann schneller sein als selbst zu entwickeln. Wir sind diesbezüglich in einigen Fällen schon sehr weit fortgeschritten und haben erste vertragliche Grundlagen erarbeitet. Im Investment-Bereich bauen wir auf eine sehr gute Dienstleistung, die wir über einen Kooperationspartner beziehen. Wir sind damit sehr zufrieden, aber wir wären zufriedener, wenn wir unsere Teilhabe an solchen Dienstleistungen langfristig sichern könnten. Deswegen reden wir auch mit allen großen Investmentpools, um zu schauen, wer mit uns bereit ist, über ein reines Vertragsverhältnis hinaus Sicherheit zu gewähren. Möglichkeiten gibt es dafür einige. Auch hier machen wir gute Fortschritte, aber da liegt noch ein Weg vor uns. 

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Welche Folgen dürfte die Konsolidierung im deutschen Maklerpool-Markt haben? Mit welcher Umsatzentwicklung rechnen Sie bei Blau Direkt beispielsweise im Jahr 2024? 

Pradetto: Unser Bestreben ist es, bis 2027 einen Gewinn von über 60 Millionen Euro und einen Umsatz von über 500 Millionen Euro zu erwirtschaften. Das soll aber unbedingt, und das ist tatsächlich der Wunsch unseres Investors, Warburg Pincus, nachhaltig geschehen. Nachhaltig heißt in diesem Sinne, dass sich erfolgreiche Zahlen wiederholen und fortschreiben lassen. Ziel ist es demnach ein Geschäftsmodell aufzubauen, welches so stark ist, dass genau das funktioniert. Mit diesem Anliegen haben die Eigentümer, zu denen jetzt eben auch Warburg gehört, das bisherige Management von Blau Direkt beauftragt. Das passt hervorragend in unsere Linie und dabei haben die Manager wie bisher auch weiterhin das letzte Wort.

 

In dieser Konstellation begreift sich der Investor als strategischer Partner, der das ganze zum einen mit seinem internationalen Know-how begleitet, was das Company Building und internationale Rechtsstrukturen betrifft. Zum anderen bietet Warburg Pincus auch die finanzielle Komponente, die bei Blau Direkt bei dieser Umsetzung unterstützt. Schon beim Start der Zusammenarbeit waren sich beide Parteien einig, dass es nicht Ziel ist, wahllos Umsätze durch Unternehmenskäufe zu generieren, sondern das Unternehmen in die Lage zu versetzen, dass es aus eigener Kraft weiter wachsen kann. 

Wie Sie auf der diesjährigen Network Convention Ihres Unternehmens im estnischen Tallinn mitgeteilt haben, soll die für Makler- und Endkunden nutzbare App Simplr jetzt um einen Investment-Bereich erweitert werden. Was versprechen Sie sich davon für das künftige Wachstum Ihres Unternehmens in diesem Geschäftsbereich? 

Lang: Unsere Kunden-App Simplr ist aktuell die erfolgreichste Versicherungs-App im Poolmarkt. Sie bietet Service rund um Versicherungen und unterstützt dabei den Bestandsausbau des Maklers. Konkret: Makler gewinnen dadurch mehr Verträge hinzu. Wir möchten diesen Effekt jetzt auch unseren Investment-Partnern bieten. 

Über die Interviewten:

Oliver Lang ist Mitte 2020 Co-Geschäftsführer bei Blau Direkt geworden, um den Investment-Bereich aufzubauen. Hierbei kooperieren die Lübecker seit zwei Jahren mit dem Maklerpool Fondsnet aus Erftstadt. Lang war zuvor sieben Jahre Chef beim Maklerpool BCA und dem dortigen Haftungsdach der Bank für Vermögen. Danach verantwortete er knapp drei Jahre lang den Investment-Bereich im Vorstand des Wiesbadener Maklerpools Jung, DMS & Cie. 

Oliver Pradetto stand knapp 23 Jahre lang an der Spitze des von ihm gegründeten Maklerpools Blau Direkt. Rund die Hälfte der Zeit war er als Geschäftsführer tätig. Dieses Amt hat er Ende Oktober aufgegeben und wechselte in die Rolle des strategischen Beraters des Managements. Seine operativen Aufgaben übernahmen die Co-Geschäftsführer Lang und Hannes Heilenkötter sowie Mitgründer Lars Drückhammer. Aktuell plant Blau Direkt unter anderem eine neue IT-Tochtergesellschaft in Polen

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