Auf der MMM Messe, ausgerichtet vom Maklerpool Fonds Finanz, hat sich kürzlich der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW zur sogenannten „Frida“-Initiative bekannt. Die Vorstände Norman Wirth (AfW) und Slobodan Pantelic (Frida) besiegelten Ende März in München offiziell ihre Zusammenarbeit.
„Diese Partnerschaft zielt darauf ab, die Entwicklung digitaler Ökosysteme in der Finanzdienstleistungsbranche voranzutreiben“, teilte der AfW dazu mit. Man wolle „Innovation und Transparenz“ fördern und einen „Mehrwert für Verbraucher“ schaffen.
Frida und Fida – worum es geht
Frida steht für „Free Insurance Data Initiative“. Die Initiative wurde 2021 von drei Mitarbeitern der Versicherungsbranche – Sebastian Langrehr (heute: Smart Insurtech), Slobodan Pantelic (HDI) und Julius Kretz (Alte Leipziger Hallesche) – in Form eines Vereins gegründet.
Frida soll für mehr Transparenz im Bereich Versicherungen sorgen. Ein zentrales Projekt dabei sind offene Schnittstellen. Solche leicht zugänglichen Knotenpunkte für den Datenaustausch sollen auch Versicherungsunternehmen bereithalten, fordern die Frida-Initiatoren.
Die Initiative Frida hat bereits viele prominente Mitstreiter gewonnen. Bevor sich der AfW Ende März dazu bekannte, hat 2022 etwa auch schon der Vermittlerverband Votum seine Zusammenarbeit mit Frida besiegelt. Die Internetseite der Initiative führt mehr als 40 Unternehmen und Verbände als Mitglieder auf.
Das Projekt diente auch als Blaupause auf europäischer Ebene: Im vergangenen Juni legte die Europäische Kommission einen Plan vor, der für mehr Transparenz und Wettbewerb am Markt für Finanzdienstleistungen sorgen soll, Versicherungen eingeschlossen. Das Vorhaben trägt den Titel „Open Finance“. Der Entwurf der Kommission für eine entsprechende EU-Verordnung, firmiert auch als Fida (Financial Data Access).
Zwei Projekte – eine Stoßrichtung. Wo sind die Gemeinsamkeiten und wo die Unterschiede zwischen der deutschen Frida-Initiative und dem EU-Projekt Fida beziehungsweise Open Finance?
„Wir waren Teil der Gesetzgebungsverfahrens beim EU-Projekt Open Finance“, verrät Frida-Mitgründer Pantelic. Als Verein befürworte Frida das Projekt. Immerhin haben sich auch die Frida-Mitstreiter das Ziel gesetzt, standardisierte Schnittstellen zu erarbeiten, um für mehr Vielfalt im Bereich Versicherungen zu sorgen. „Starke Partner aus dem Versicherungsbereich, der Open-Source Ansatz sowie nicht zuletzt der Non-Profit Gedanke der Initiative Frida sollen sicherstellen, dass sich die API-Lösungen als branchenweiter Standard etablieren“, heißt es auf der Website des Vereins. API steht für Application Programming Interface und ist das Kürzel für Programmierschnittstellen.
Bei Standards mitreden
Dadurch, dass auch die EU das Thema mittlerweile verfolgt, werde die deutsche Initiative jedoch keinesfalls überflüssig, meint Pantelic. Ganz im Gegenteil: „Im Rahmen von Open Finance haben wir die Chance, Standards mitzubestimmen – sowohl in technischer Hinsicht als auch bei den Governance-Regeln“, so Pantelic. „Daher möchten wir möglichst viele Marktteilnehmer zusammenbringen, um das Thema Open Insurance gemeinsam auszugestalten.“
Auch wenn Frida speziell den Versicherungskosmos fokussiert, Open Finance dagegen die ganze Bandbreite der Finanzbranche im Blick hat: Bei Frida denkt man noch über die Open-Finance-Pläne der EU hinaus: „Frida zielt darauf ab, dass auch Unternehmen außerhalb des engeren Versicherungsbereichs ihre Daten für Versicherer zugänglich machen können“, erläutert Pantelic. Als Beispiele nennt er Dienstleister für Cyber-Sicherheit oder Anbieter aus der Immobilienwirtschaft. Teilten diese Unternehmen ihre Daten mit Versicherungsunternehmen, könnte das den Versicherern etwa bei der Risikoeinschätzung sehr nützlich sein. Die Dienstleister könnten dafür einerseits monetär entschädigt werden. Sie wären andererseits aber auch besser in Versicherungsprozesse integriert – was ihr Geschäft fördern und auch für Cross-Selling-Ansätze öffnen könnte.
Sowohl die Frida- als auch die Open-Finance-Initiatoren auf EU-Ebene nehmen sich ein Beispiel am Open Banking. Dieses Vorhaben ist in der EU bereits Realität geworden: durch die PSD2-Richtlinie. 2018 wurde PSD2 in deutsches Recht umgesetzt. Die Richtlinie verlangt europäischen Banken ab, Schnittstellen vorzuhalten – allerdings nur bei Zahlungskonten. Auf diese Weise sollen Kunden einerseits ihre Konten an gesammelter Stelle verwalten können. Andererseits können externe Dienstleister mit Kundenzustimmung selbst Zahlungsvorgänge auslösen – was sich etwa Apple oder Google Pay oder das schwedische Klarna zunutze machen. Bezahlvorgänge lassen sich seitdem bequemer abwickeln.
Open Finance soll die Möglichkeiten noch ausweiten – auf alle Finanzdienstleister, die Konten anbieten. Es sollen also zum Beispiel auch Wertpapierdepots, Spar- und Hypothekenkonten oder eben auch Policen, die bei Versicherern abgeschlossen wurden, auf Kundenwunsch zugänglich gemacht werden. Drittanbieter könnten den Kunden dann günstigere Gegenangebote unterbreiten.
Mehr Innovationen, individuellere Produkte, mehr Wettbewerb und dadurch günstigere Angebote – das sind die Kernanliegen der EU-Regulierung zu Open Finance. Ebenso soll Open Finance die Bildung von „Ökosystemen“ im Finanzbereich fördern und verschiedene Akteure beziehungsweise deren Dienstleistungen miteinander vernetzen, beispielsweise Broker, Börsen, Asset Manager, Regulierungsbehörden und Kunden.
Open Finance noch Zukunftsmusik
Mit dem Open-Finance-Entwurf der EU-Kommission hat sich in den vergangenen Monaten auch das EU-Parlament befasst. Gleichzeitig beschäftigt sich ebenfalls eine Arbeitsgruppe des Rats der Europäischen Union, also der Ländervertreter, damit.
Erst wenn sich auf EU-Ebene die Kommission, das Parlament und der Rat final über den Inhalt einig sind, kann die Verordnung wirksam werden. In den EU-Gremien scheint aktuell ein anderes Projekt, die EU-Kleinanlegerstrategie, Vorfahrt vor Open Finance zu genießen. Trotzdem könnte auch der Verordnungsentwurf Fida dort bald auf die Tagesordnung rücken. Einem Beobachter zufolge will der Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments, Econ, seine Empfehlungen an das Parlaments-Plenum am bevorstehenden 18. April final abstimmen.

