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Nachhaltigkeit in der Finanzberatung „Opt-out ist keine Option mehr“

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Auch die viel diskutierte Äquivalenzprüfung aus Artikel 54 Absatz 9 Delegierte Verordnung 2017/565 wird ergänzt. „Jegliche Nachhaltigkeitsfaktoren“ sollen in die Äquivalenzprüfung einfließen. Das heißt: Bei der Prüfung, ob angesichts der Kundenwünsche auch andere äquivalente Produkte für den Kunden berücksichtigt werden könnten, sind Nachhaltigkeitsfaktoren zu berücksichtigen.

3. Geeignetheitsprüfung

Den Kern enthält die neue und ergänzte Vorgabe für die Geeignetheitsprüfung in Artikel 54 Absatz 10 DV 2017/565: Wenn Wertpapiere nicht den Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden entsprechen, dürfen sie im Rahmen der Anlageberatung nicht empfohlen werden und im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung nicht für den Kunden eingesetzt werden.

Die Institute sollen den Kunden erklären, aus welchen Gründen sie Finanzinstrumente nicht einbeziehen, und haben diese Begründung aufzuzeichnen. Ob dies nur gilt, wenn der Kunde bestimmte Wertpapiere zeichnen wollte und diese nicht seinen Nachhaltigkeitspräferenzen entsprechen oder ob generell eine Begründung erforderlich ist, lässt die geplante Verordnung offen.

Sollte der Kunde im Nachhinein seine Nachhaltigkeitspräferenzen anpassen, weil kein Finanzinstrument seinen Präferenzen entspricht, muss diese Kundenentscheidung und ihre Begründung aufgezeichnet werden.

4. Bewertung

Damit kommen auf die Kundenabfrage durch WpHG- und Analyse-Bögen sowie die Geeignetheitsprüfung deutliche Mehraufwände zu. Der Onboarding-Prozess für Kunden wird deutlich komplizierter und aufwendiger.

Letztlich ist auch das „Opt-out“, das die Offenlegungs-VO im März 2021 noch gewährt hatte, eigentlich vom Tisch. Alle Anlageberater und Vermögenverwalter werden sich mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen müssen. Opt-out ist keine Option mehr.

5. Bestandskunden

Die geplante Verordnung räumt die Möglichkeit ein, bei Bestandskunden die Nachhaltigkeitspräferenzen erst bei der nächsten regelmäßigen Aktualisierung der WpHG-Bögen in Erfahrung zu bringen. Es ist nicht erforderlich, mit dem Inkrafttreten alle Bestandskunden erfassen zu müssen.

Mittelfristig müssen aber auch Bestandskunden den Nachhaltigkeitsprozess durchlaufen.

6. Inkrafttreten

Für die Umsetzung wird leider nur ein Jahr Zeit gewährt, die Ergänzung zur Delegierten Verordnung 2017/565 soll ein Jahr nach Veröffentlichung bereits in Kraft treten. Damit rechnen wir Mitte 2022.


Über den Autor:
Rechtsanwalt Christian Waigel beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Finanzberatungs- und Regulierungsthemen. Der promovierte Jurist hat die Münchner Kanzlei Waigel Rechtsanwälte gegründet.

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