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Manuel Rehwald: „Man kann nicht alle jungen Menschen über einen Kamm scheren“

DAS INVESTMENT: Herr Rehwald, in Zeiten von Fachkräftemangel – wie schafft es da ein Arbeitgeber, dass unterschiedliche Generationen gut zusammenarbeiten?
Manuel Rehwald: Das ist tatsächlich eine Herausforderung, da die Anforderungen sehr unterschiedlich sind. Aus meiner Sicht ist daher eine sehr offene Kommunikation das Wichtigste. Aber auch, dass man beispielsweise Themen wie flexibles Arbeiten anbieten kann oder sehr individuell auf jeden Einzelnen eingeht. Ich denke, das Fachwissen der älteren Generation kann zum Beispiel gut für Mentoring-Programme oder für die Ausbildung der jüngeren Mitarbeiter genutzt werden.
Und wo sehen Sie die größten Spannungsfelder?
Rehwald: Das ist recht unterschiedlich. Ich glaube aber, dass sowohl Arbeitsstil, die Art und Weise der Kommunikation, vielleicht auch das längerfristige Denken Themen sind. Die Leistungsorientierung, die die ältere Generation hat, passt nicht immer mit der der Jüngeren zusammen. Für die ist das Thema Work-Life-Balance einfach wichtiger, als dies früher der Fall war. Ebenso die Art und Weise der Kommunikation – heute läuft sehr viel digital, chatten statt anrufen. Und das Hierarchiedenken war aus meiner Sicht für die ältere Generation prägender.
In den Medien werden gerne die Schlagworte Boomer versus Gen Z verwendet. Was können die, wenn man jetzt bei diesen beiden Generationen bleibt, jeweils voneinander lernen?
Rehwald: Als ältere Generation kann man durchaus offen sein für agile, moderne, smarte Arbeitsweisen sowie digitale Medien und neue Technologien. Umgekehrt können jüngere Mitarbeiter vom Wissen Älterer profitieren und lernen, wie man zum Beispiel Netzwerke aufbaut.
Was sind die großen Herausforderungen, wenn man heute junge Mitarbeiter führen möchte?
Rehwald: Man muss vor allem verstehen, was den jüngeren Mitarbeitern wichtig ist und dass man individuell auf die Person eingehen muss. Zum Beispiel durch ganz klare Karrierepläne, regelmäßige Feedback-Gespräche, Weiterentwicklungs-Möglichkeiten. Generell ist es aus meiner Sicht heutzutage viel wichtiger, auf die jeweilige Individualität einzugehen, als das früher der Fall war.
Stört es Sie, dass so viel über die Genz Z gesprochen wird? Oder auch einfach generell die Einteilung von Arbeitnehmern in Generationen-Gruppen, denen immer bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden? Im Endeffekt ist schließlich jeder Mensch individuell.
Rehwald: Man kann definitiv nicht alle jungen Menschen über einen Kamm scheren. Und ja, es ist eine andere Generation, aber es ist ja trotzdem eine sehr gut ausgebildete Generation. Da sind auch sehr viele Menschen, die gerne und leistungsorientiert arbeiten. Was sich hingegen geändert hat: Das Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit der Arbeit oder Arbeiten von überall auf der Welt sowie Flexibilität – diese Themen stehen mehr im Fokus.
Wie sieht das dann auf Seiten der Suchenden aus? Also bei den Firmen, die Mitarbeiter haben möchten. Sind die aus ihrer Erfahrung heraus bereit, diese Wünsche zu erfüllen? Oder stößt man da immer noch eher auf Widerstand oder Unverständnis?
Rehwald: Es gibt Firmen, die erfüllen dieses Bedürfnis nach Flexibilität nicht. Dann hat man heutzutage tatsächlich einen Wettbewerbsnachteil, was das Einstellen von neuen Mitarbeitern angeht. Auf der anderen Seite ist es so, dass auch die älteren oder mehr erfahreneren Personen es natürlich schätzen, dass sie mal Homeoffice machen dürfen. Oder dass sie von überall arbeiten können. Das ist definitiv so.
Wie hat sich Ihr Job denn in den letzten Jahren verändert?
Rehwald: Die Pandemie hat dazu geführt, das Video-Gespräche einfach wichtiger geworden sind als früher. Früher gab es das in seltensten Fällen mal, dass man irgendwie über Skype mit jemandem gesprochen hat. Das hat sich schon geändert, dass erste spontane Kennenlernen über ein digitales Instrument stattfinden. Früher ist man einen Kaffee trinken gegangen, weil jeder im Büro war. Auf der anderen Seite ist man nun aber auch flexibler. Man muss nicht nachts um zehn oder um elf mit Kandidaten sprechen, sondern kann das auch tagsüber machen. Das hat Vor- und Nachteile.
Wie gut funktioniert es denn, über ein Digital-Gespräch einzuschätzen, ob ein potenzieller Kandidat auf die Stelle passen könnte? Funktioniert das genauso gut oder ist das irgendwie weniger greifbar?
Rehwald: Ich versuche trotzdem, den Menschen wenn es geht persönlich zu treffen, weil es einfach wichtig ist und einen anderen Eindruck hinterlässt, wenn man jemanden persönlich gesehen hat. Nichtsdestotrotz sind aber die ersten Gespräche bei den Kunden meistens im digitalen Format. Da geht es einfach nur darum, abzuklopfen, ob das grundsätzlich passen könnte. Aber ob jemand vom Charakterlichen her in ein Unternehmen passt, das geht am besten über ein persönliches Kennenlernen – ist zumindest meine Meinung.
Auf der anderen Seite gab es auch zwei Jahre mit Corona, wo im Prinzip niemand im Büro war. Aber auch da wurde sehr viel eingestellt. Deswegen würde ich jetzt sagen: Ich glaube, man kriegt auch über einen digitalen Kanal ein Gespür dafür, ob jemand passt oder nicht.
Wie einfach ist es denn derzeit überhaupt, Fachkräfte für die Branche zu finden? Gibt es immer noch genug Bewerber oder ist das eher ein Reihum bei den verschiedenen Firmen?
Rehwald: Wenn man versucht, Personen einzustellen, die früher das gleiche woanders gemacht haben, ist es schon sehr häufig ein Reihum, also dass von Firma A zu Firma B gewechselt wird. Wenn es um neue Potenziale geht, ist es sicherlich schwieriger als früher. Ich weiß zwar nicht, ob das mit Generation-Veränderungen zu tun hat. Aber es ist definitiv schwieriger geworden, Personen für gewisse Jobs zu begeistern.
Und das nur auf bestimmten Hierarchieebenen oder eigentlich durchweg?
Rehwald: Auch Backoffice-Stellen und unterstützende Rollen werden mittlerweile über Personalberater besetzt. Weil man auf dem freien Markt nur sehr schwer Personen findet. Aber das war eigentlich schon immer so. Denn zumindest auf dem deutschen Markt oder vielleicht auch in Luxemburg gibt es nur wenige Große, die tatsächlich ausbilden und von denen die Fachkräfte dann abgeworben werden.
Wir haben nun sehr viel über die Generation Z gesprochen – gibt es vielleicht noch ein anderes Thema, von dem sie sagen würden, das ist eigentlich viel dringender und verdient deutlich mehr Aufmerksamkeit?
Rehwald: Ich glaube, dass es für die Gesellschaft und auch für die Generation nicht richtig ist, wenn man immer so tut, als ob früher alles besser war. Modernes, also flexibles arbeiten mit zum Beispiel Homeoffice hat auch große Vorteile. Tatsächlich ist Homeoffice sehr produktiv. Natürlich wird das ins Büro gehen dann auch ein bisschen zum Event. Aber ich finde, dass die nachfolgenden Generationen genauso eine Daseinsberechtigung haben wie die Älteren.
Und ich denke nicht, dass man per se sagen kann, dass die junge Generation faul ist, unmotiviert oder nicht engagiert. Es ist einfach eine Gesellschaft, die recht wohlhabend und ohne große Sorgen aufgewachsen ist und dadurch vielleicht auch den Fokus tatsächlich sehr stark auf sich selbst richtet, was ja durch Facebook und Linkedin durchaus provoziert wird.
Worüber sollte stattdessen gesprochen werden?
Rehwald: Aus meiner Sicht wäre es stattdessen interessanter, darüber zu sprechen, wie man Altes und Neues miteinander vereint anstatt zu sagen, das Neue ist viel schlechter. Denn das sehe ich so nicht. Ältere haben ja ebenfalls von den neuen Entwicklungen profitiert. Ähnlich sehe ich das auch bei Chat GPT: Ich denke, die Menschen müssen lernen, damit umzugehen. Man muss wissen, wann benutzt man es und wann nicht.
Ich denke, in jedem Unternehmen gibt es ältere und jüngere Mitarbeiter und ich denke, dass die sehr viel voneinander lernen können. Die Jüngeren können fachlich besser werden, wenn sie auch mal auf die Älteren hören. Und genauso können ältere Personen durchaus lernen, wie man effizienter arbeiten kann.