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Perspektivwechsel Wie der Ukraine-Krieg Nachhaltigkeit neu zur Debatte stellt

Von Lesedauer: 5 Minuten
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Nun ist ein Krieg ausgebrochen, der das Potenzial hat, die Uhren wieder ein wenig zurückzudrehen. Denn die drohende Lücke in der Energieversorgung soll abgemildert werden, da sind sich die großen Parteien in Deutschland einig. Und da sich nicht einfach ein Hebel umlegen lässt, und alles ist solar und Windkraft, muss kurzfristig Ersatz für fossile Brennstoffe aus Russland her. Deutschland plant neue Terminals, um Flüssigerdgas in Häfen entgegennehmen zu können. Auf dem Seeweg könnte es aus den USA, aus Katar oder Algerien kommen. Auch Erdöl soll künftig aus anderen Ländern kommen, vor allem wohl aus Ländern des Nahen Ostens.

Angesichts der Fülle unangenehmer Folgen, die der Krieg in der Ukraine auch für Europa zeitigt: Ist es an der Zeit, dass Investoren in dieselbe Richtung denken und übergangsweise Industrien unterstützen, die bis vor Kurzem noch als nicht nachhaltig galten? Gerade da diese einen neuen Boom erleben. Man denke an die Kohleindustrie, an Öl- und Gaskraft sowie Kernkraftwerksbetreiber – und ebenso Rüstungsfirmen. Das Thema wirft einstweilen mehr Fragen auf, als es Antworten gibt.

„Frage der Überzeugung“

„Kohle könnte auf kurze Sicht wieder mehr in den Anlegerfokus rücken“, schätzt Stefan Wolpert von der Vermögensverwaltung Habbel, Pohlig & Partner. Zudem habe die EU-Kommission Atomkraft gerade als nachhaltiges Investment eingestuft, erinnert der Portfoliomanager. Wolpert mahnt jedoch: Ganz unabhängig von der aktuellen Situation sollten die längerfristigen Nachhaltigkeitspläne nicht aus dem Blick geraten: „Auf die Klimaveränderung muss früher oder später reagiert werden.“ Zudem mache der Ukraine-Krieg bewusst, wie wichtig eine unabhängige und breit aufgestellte Energieversorgung sei. Er rücke alternative Energien sogar neu in den Mittelpunkt.

Mit Blick auf mögliche Investments in Rüstungsfirmen meint Wolpert: „Ob man in Rüstungshersteller investieren will oder nicht, muss jeder Anleger für sich entscheiden.“ Er halte das für eine Frage der persönlichen Überzeugung.

Auch Vermögensverwalter Frank Wieser findet es nachvollziehbar, wenn Anleger aktuell wieder auf die Old Economy schauen: „Dass Anleger angesichts der aktuellen Situation nervös sind und überlegen, sich neu zu positionieren, ist allzu verständlich.“ Die Rückbesinnung auf wenig umweltfreundliche Industrien sei jedoch nur als vorübergehendes Phänomen nachvollziehbar. Denn, so Wieser: „Die Abhängigkeit von russischem Erdgas kann man kurzfristig durch fossile Brennstoffe lösen, langfristig ergibt aber ein solcher Energie-Switch überhaupt keinen Sinn.“

Erneuerbare Energien würden eher noch wichtiger. Karitative und soziale Investoren, mit denen Wieser in seiner Funktion als Finanzchef des Münchner Hauses des Stiftens zusammenarbeitet, wollten unvermindert nachhaltig anlegen. „Es herrscht eher eine Jetzt-erst-recht-Einstellung zu solchen nachhaltigen Investments vor“, so Wieser.

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