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Pflege-Bahr: Kaum auf dem Markt und schon wieder tot geschrieben?

Gerd Güssler führt durch den "Pflege Dschungel" Bildquelle: Fotolia
Gerd Güssler führt durch den "Pflege Dschungel" Bildquelle: Fotolia
Das Hässliche Entlein unter den Vorsorgeprodukten Glaubt man vielen aktuellen Veröffentlichungen in den Medien, oder einigen – zum Teil ideologisch geprägten – unsachlichen Aussagen von Berufskritikern der Versicherungsbranche im Allgemeinen, so scheint der Pflege-Bahr bereits gescheitert zu sein, bevor ihn die breite Öffentlichkeit überhaupt richtig zur Kenntnis nehmen konnte. Umfragen von Branchendiensten und Beratungsunternehmen zeigen: Der Pflege-Bahr ist bei den Verbrauchern und Beratern / Vermittlern in der Tat noch gar nicht richtig angekommen. Was leistet der Pflege-Bahr tatsächlich? Für wen ist er geeignet? Was muss der Verbraucher aufwenden, was erhält er? Welchen Aussagen soll der Verbraucher vertrauen, wie soll er sich entscheiden? Die Experten des Freiburger Informationsdienstleisters KVpro.de haben die derzeit am Markt befindlichen Pflege-Bahr-Produkte genauer untersucht: Die drei Säulen der Pflege-Absicherung. Um die Orientierung im „Pflege-Dschungel“ zu erleichtern und das Thema vor allem für die Verbraucher verständlicher zu machen, ein kurzer Überblick: Die Pflege-Versicherung kann man (verglichen mit der gesetzlich verpflichtenden Autoversicherung) wie folgt einordnen:


Die Eckwerte des Pflege-Bahr
Leistung mindestens 600 Euro in Pflegestufe 3, nach einer ersten Wartezeit von fünf Jahren. Jeder ab 18 Jahre kann den Pflege-Bahr abschließen. Es ist auch keine Ablehnung wegen einer Vorerkrankung möglich. Kosten: 1/3 des Beitrags übernimmt der Staat, vorausgesetzt der Verbraucher übernimmt selbst 10 Euro. Im Klartext: Von den 15 Euro Beitrag übernimmt der Staat 5 Euro.

So funktioniert der Pflege-Bahr Wer in jungen Jahren kauft, erhält also für 10 Euro eigenes und 5 Euro staatliches Geld, mehr Leistung / Erstattung als die Älteren für den gleichen Einsatz. Warum ist das so?

Preiswerter Vollkaskoschutz für die Jungen Die Jungen haben einfach mehr Zeit, mit den 15 Euro Beitrag durch den Zinses-Zins-Effekt eine höhere Leistungssumme in der Pflegestufe 3 zu erreichen, als ältere Menschen. Von der Summe der Pflegestufe 3 leiten sich dann auch die Leistungen der anderen Pflegestufen ab. Wer mit 18 Jahren einen Pflege-Bahr abschließt, bekäme so bei Eintritt des Pflegefalls aktuell z.B. bei der Halleschen eine Leistung von 2.180 Euro in Pflegestufe 3. Zusammen mit den Leistungen der Pflegepflichtversicherung 1.550 Euro (Stand heute) wäre eine „Vollkasko“-Absicherung möglich.

Aber auch in höherem Alter kann man vom Abschluss des Pflege-Bahr noch profitieren: Jeder – auch wenn bereits Vorerkrankungen vorhanden sind, aber der Pflegefall noch nicht eingetreten ist – hat Anspruch auf Pflege-Bahr, und damit auf mindestens 600 Euro in Pflegestufe 3. Je nach individuellem Eintrittsalter kann die tatsächliche Summe sogar höher liegen.

Was leisten Pflege-Bahr-Produkte tatsächlich
KVpro.de hat für die Altersgruppen der 20-, 30-, 40-, 50- und 60-Jährigen die Erstattungen der derzeit angebotenen Pflege-Bahr-Produkte näher untersucht. Das Ergebnis: Jede Altersgruppe kann den für sich jeweils passenden Pflege-Bahr finden. Der Pflege-Bahr ist eine erste Ergänzung zur Pflegepflichtversicherung und sollte je nach persönlicher Prämisse, Vermögensstruktur und Eintrittsalter – und nach entsprechender objektiver Beratung eines Experten – sinnvoll (mit anderen Vorsorgeprodukten) erweitert werden.

Insgesamt gilt es zudem bei allen Beispielrechnungen noch anderweitige Einnahmen wie Rente u. ä. zu berücksichtigen und gegen zu rechnen. Auch Ausgaben für Lebensunterhalt, Wohnen etc. sind insbesondere in der Pflegestufe 0 (Betreuungsbedürftige, z.B. bei Demenz) und Pflegestufe 1 in die Berechnung der „Versorgungslücke Pflege“ dringend mit einzubeziehen.

In wie weit diese Erstattungen ausreichend sind, hängt vom jeweiligen Anspruch und weiterem verwertbaren Vermögen des Verbrauchers ab. Tendenziell sind die Erstattungen in PS 3 eher grenzwertig, in PS 2 schon knapp. Erstattungen in PS 1 und PS 0 sind nach heutigem Kenntnisstand nicht ausreichend.

Nach PS3 wäre der Münchener Verein mit 660 Euro vorne. Für 6,65 Euro mehr hätte die Debeka bessere Leistungen in PS 2, PS 1 und PS 0. In wie weit diese Erstattungen ausreichend sind, hängt vom jeweiligen Anspruch und weiterem verwertbaren Vermögen des Verbrauchers ab. Nach heutigem Stand muss der Verbraucher eigenes verwertbares Vermögen einsetzen, bzw. es greift die Haftung der Verwandten in gerader Linie. Die Altersversorgung muss passen oder die Lücke durch ein zusätzliches Pflegetagegeld geschlossen werden.
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