Soziale Pflegeversicherung „Dieser Gesetzesentwurf verschärft die Finanzprobleme noch erheblich“
Die aktuellen Pläne der Bundesregierung für eine Pflegereform würden die deutschen Beitragszahler massiv belasten, kritisiert Thomas Brahm. „Der vorliegende Entwurf löst die Finanzprobleme der Sozialen Pflegeversicherung nicht, sondern verschärft sie sogar noch erheblich“, so der Vorsitzende des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) in einer aktuellen Stellungnahme zu den Details aus Berlin.
Denn: „Der Entwurf sieht Leistungsausweitungen vor, die nicht gegenfinanziert sind. Die dringend benötigte nachhaltige Finanzierungsstrategie für unsere alternde Gesellschaft fehlt völlig“, so Brahm weiter. „Damit drückt sich der Entwurf vor der unbequemen Wahrheit: Für neue Leistungsversprechen ist einfach kein Geld da. Da darf die Politik keine neuen ungedeckten Schecks zu Lasten der jungen Generation ausstellen.“
Soziale Pflegeversicherung verzeichnet Defizit
Mit dem Referentenentwurf für ein Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz will das Bundesgesundheitsministerium ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 07. April 2022; Aktenzeichen: 1 BvL 3/18, 1 BvR 2824/17, 1 BvR 2257/16, 1 BvR 717/16) umsetzen. Darin fordern die Karlsruher Richter nämlich eine Korrektur der aktuellen Rechtslage bis zum 1. Juli dieses Jahres: Beim Pflegebeitrag müsse der Erziehungsaufwand von Eltern demnach stärker berücksichtigt werden.
Gleichzeitig soll mehr Geld für die Pflege ausgegeben werden. Doch eine aktuelle Studie des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) zeigt, dass bereits der bisherige Leistungsumfang der Pflegeversicherung bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode in zwei Jahren ein Defizit von 6,9 Milliarden Euro verursacht. Und in der nächsten Wahlperiode bis 2029 sind es mehr als 46 Milliarden Euro. Die geplanten Leistungsausweitungen des Reformentwurfs kämen da noch obendrauf.
Hallo, Herr Kaiser!
Zu den konkreten Ergebnissen der Studie für die privaten Krankenversicherer zählt die Prognose, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2040 um 27 Prozent auf 5,8 Millionen Personen steigen dürfte und auch danach weiterwächst. Doch bereits in den vergangenen zehn Jahren stiegen die Ausgaben der Pflegekasse im Durchschnitt um 6,2 Prozentpunkte mehr als die Einnahmen.
Diese Entwicklung des vorigen Jahrzehnts haben die Studienautoren fortgeschrieben und kommen auf einen Pflege-Beitragssatz im Jahr 2030 von 6,3 Prozent. Noch höher wäre er, wenn die geplante Pflegefinanzreform eins zu eins umgesetzt würde: „Der Beitragssatz läge dann bis 2030 nochmals um bis zu 17 Prozent und bis 2040 sogar um bis zu 43 Prozent höher als bereits sonst schon prognostiziert wurde“, warnen die Analysten.
mehr Pflegebedürftige – weniger Beitragszahler
Der starke Ausgabenanstieg in der sogenannten Sozialen Pflegeversicherung ergibt sich demnach aus der Demografie: Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt und zugleich sinkt die Zahl der Beitragszahler. Allein um den heute geltenden Leistungsumfang zu halten, müsste sich der Pflege-Beitragssatz laut der WIP-Studie in den kommenden Jahren mehr als verdoppeln. Daher seien weitere Leistungen der Pflegeversicherung laut Brahm nicht zu verantworten.
„Es braucht daher einen Neustart in der Pflegefinanzierung: nachhaltig und generationengerecht“, fordert Brahm für die Zukunft der chronisch klammen Pflegekasse, die wie die gesetzliche Krankenversicherung nach dem Umlageverfahren finanziert wird. Hinzu kommt ein milliardenschwerer Bundeszuschuss aus Steuermitteln. „Dringend nötig ist ein Ausbau der privaten und betrieblichen Pflege-Vorsorge. So kann Deutschland noch rechtzeitig eine kapitalgedeckte Demografie-Reserve aufbauen.“