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Walter Liebe im Interview: „Das Fondsmanagement verzichtet auf Wasserstoff-Aktien“

DAS INVESTMENT: Herr Liebe, mit dem Pictet Clean Energy Transition erzielten Anleger in den vergangenen fünf Jahren ein Performance-Plus von knapp 74 Prozent*. Worauf basiert der Erfolg des Fonds?
Walter Liebe: Wir befinden uns an einer Epochenwende und die große Energiewende hat gerade erst begonnen. Das gilt sowohl für die Elektrizitätserzeugung als auch für die Mobilitätswende. Der Umschwung ist groß angelegt und die meisten Unternehmen sind mittlerweile ohne staatliche Subventionen profitabel. Die Kosten vieler grüner Technologien sinken rapide. Parallel steigt die Leistungsfähigkeit von Batterien, Solarmodulen und Windturbinen.
In den letzten Jahren entwickelten sich Anlagen im Bereich Energietransformation erfreulich, jedoch nicht ohne Schwankungen. Die Jahre 2019 und 2020 brachten im allgemein positiven Aktienmarktumfeld hohe absolute und relative Erträge. Das Jahr 2021 war allerdings zweigeteilt. Besonders in der zweiten Jahreshälfte spürten Anleger bereits die Trendwende an den Anleihemärkten. Im letzten Jahr kam dann die große Korrektur, nicht nur im Bereich sauberer Energien, sondern auch bei Wachstumsaktien allgemein.
Welche politischen Entwicklungen stützen die Fondsperformance?
Liebe: In allen großen Wirtschaftsräumen gibt es ein mehr oder weniger klares Commitment zur Dekarbonisierung der Wirtschaft. Regierungen haben Strategien entwickelt, die Investitionen in erneuerbare Energien und Elektrifizierung des Verkehrs antreiben sollen. Der EU Green Deal, der Inflation Reduction Act (IRA) in den USA und verschiedene Initiativen im aktuellen Fünfjahresplan Chinas sind Beispiele. Weltweit sehen wir einen regelrechten Investitions-Boom, der in der Menschheitsgeschichte ohne Beispiel ist. Das ist auch gut so, denn die globale Erwärmung hat ein solches Tempo erreicht, dass sofortiges Handeln nötig ist.
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Top-5-Investments im Pictet Cleann Energy Transition**:
- Nextera Energy (5,0 Prozent)
- Synopsys (4,7 Prozent)
- On Semiconductor (4,6 Prozent)
- Applied Materials (4,4 Prozent)
- Marvell Technology (4,1 Prozent)
Wo sind Investitionen im Energiesektor aktuell besonders aussichtsreich?
Liebe: Wir definieren die Energietransformation breit und beschränken und nicht auf erneuerbare Energien oder E-Autos. Die Energiewende findet schließlich auf vielen Ebenen statt. Energieeffizienz ist auch ein wichtiger Aspekt. Energie, die gespart wird, muss nicht erst erzeugt werden. Informationstechnologie, Versorger und Industriewerte spielen in unserer Investmentstrategie eine wichtige Rolle. Wie in den meisten globalen Aktienportfolios dominieren auch bei uns US-Titel.
Wie gewichten Sie Aktien?
Liebe: Uns ist eine ausgewogene Fondsstruktur wichtig. Daher streuen wir Kapital über verschiedene Subthemen hinweg. Einzelne Aktien gewichten wir nicht zu hoch. Das ist ebenso wie Disziplin bei den Bewertungen ein wichtiger Baustein des Risikomanagements. Besonders gegen Ende des Jahres 2020 waren einzelne Aktien absurd hoch bewertet. Während der Korrektur im Jahr 2022 drehte der Wind wieder. Für langfristige Erfolge ist es zielführend, nicht zu spekulieren, sondern mit Augenmaß zu investieren.
Von welchen Titeln lassen Sie lieber die Finger?
Liebe: Wir haben während des Hypes um Wasserstoff-Aktien keine Titel in unserem Fonds gehabt, denn die Kursbewegungen waren fast ausschließlich spekulativer Natur. Es gibt bis heute fast keine ausgereiften, profitablen Unternehmen, die einen nennenswerten Teil ihrer Gewinne mit Wasserstoff erzielen. Wir glauben aber fest daran, dass Wasserstoff aus technologischer Sicht ein Energieträger der Zukunft ist. Allgemein meiden wir so genannte Konzeptaktien. Das sind Unternehmen, deren Kursentwicklung auf der Hoffnung basiert, eines Tages ein profitables Produkt zu haben.
*Stand: 26. Juni 2023; Quelle: FWW
**Stand: 31. Mai 2023; Quelle: Pictet AM