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Aktualisiert am 07.07.2023 - 10:43 Uhrin Karl PilnyLesedauer: 9 Minuten

Pilnys Asia Insights Es führt kein Weg an China vorbei

Bundeskanzler Olaf Scholz beim Empfang durch Staats- und Parteichef Xi Jinping
Bundeskanzler Olaf Scholz beim Empfang durch Staats- und Parteichef Xi Jinping: „Der Bundesregierung wurde ein egoistischer Alleingang vorgeworfen, der deutsche Sonderinteressen und das Profitstreben der Konzerne vor das Interesse Europas stelle“, so Pilny. | Foto: Imago Images / Xinhua

Besser spät als gar nicht – als immerhin erster westlicher Politiker hat Kanzler Olaf Scholz ein persönliches Treffen mit dem wohl mächtigsten Mann der Welt erfolgreich absolviert. Noch vor Biden und Macron, wenn auch nach Putin. Angesichts des enormen innen- und außenpolitischen Drucks und der sorgfältigen Beobachtung hat es Scholz weder einfach gehabt geschweige denn sich gemacht. Sogar eine persönliche Erklärung gab es im Vorfeld, einen offenen Brief des Kanzlers an die deutsche Öffentlichkeit. Denn selten zuvor war die China-Reise eines Bundeskanzlers, die seit der Amtszeit Gerhard Schröders oft und gerne unternommen wurden, so scharf kritisiert worden. 

Nicht nur vom eigenen Koalitionspartner, sondern auch in Brüssel und Paris wurde der Bundesregierung ein egoistischer Alleingang vorgeworfen, der deutsche Sonderinteressen und das Profitstreben der Konzerne vor das langfristige Interesse Europas stelle. Wobei die französische Kritik nicht einer gewissen Ironie entbehrt, hatte doch Emmanuel Macron vor kurzem ein geplantes deutsch-spanisches Gaspipeline-Projekt torpediert und kurzerhand durch ein spanisch-französisches ersetzt. 

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Überhaupt scheint Frankreich Sorge vor wachsendem deutschem Einfluss durch die stärkere Ausrichtung der EU nach Mittel- und Osteuropa aufgrund des Ukraine-Krieges zu haben und versucht augenscheinlich gegenzusteuern. Genau aus diesem Grund ist Deutschland für Xi der wichtigste Ansprechpartner in Europa, zumal sich die Fronten zwischen den USA und China verhärten. 

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Obwohl Scholz auch kritische Themen wie den schwierigen Marktzugang und mangelnde Reziprozität ansprach, forderte Xi Scholz zu einer engeren Zusammenarbeit auf. Wirtschaftliche Fragen blieben eher im Hintergrund. Normalerweise werden auf Kanzlerreisen zahlreiche Absichtserklärungen und Verträge unterschrieben. Dieses Mal nicht. Scholz bat China stattdessen, seinen Einfluss auf Russland für ein Ende des Kriegs in der Ukraine zu nutzen und sprach Xi sogar auf Menschenrechtsvergehen in Xinjiang an. Er forderte auch, dass Peking seinen Einfluss auf Moskau geltend macht, um den Einsatz von Nuklearwaffen zu verhindern. 

Im Ergebnis hat er seine Sache gut gemacht und die wegen der strengen Corona-Vorschriften gerade einmal zwölf Stunden in Peking genutzt: Viel Symbolik, wenig Konkretes, heikle Themen angesprochen, dem mitgereisten Dutzend deutscher Wirtschaftsführer Beistand geleistet. Scholz konnte den abgerissenen Gesprächsfaden mit Xi Jinping wieder aufnehmen. Ein wichtiger Punkt, denn persönliche Gespräche sind unverzichtbar zur Vertrauensbildung. Es gilt die Gesprächskanäle offen zu halten, nicht nur auch, sondern gerade, wenn Beziehungen sich verhärten. Die USA demonstrieren durch die trotz aller Verhärtung fortgeführten Gespräche mit China diesbezüglich eine chinesisch anmutende Geschmeidigkeit im Gegensatz zu Europa und Deutschland. 

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