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Aktualisiert am 07.07.2023 - 10:43 Uhrin Karl PilnyLesedauer: 9 Minuten

Pilnys Asia Insights So gefährlich ist die A4-Revolution für Chinas Staatschef Xi Jinping

Demonstranten in China
Demonstranten in China: „Seit der Demokratiebewegung von 1989 ist auf den Straßen Chinas nicht mehr so offen zum Sturz der Parteiführung aufgerufen worden“, so Pilny. | Foto: Imago Images / ZUMA Wire

Spontane Proteste in ganz China und steigende Covid-Zahlen: Die Wut über die Zero-Covid-Strategie der Regierung bricht sich immer öfter Bahn. Vielerorts kommt es zu Demonstrationen gegen die Regierung. Diese versucht zeitgleich, die größte Corona-Welle seit Beginn der Pandemie mit Massentests, neuen Lockdowns bald auch in Peking, Zwangsquarantäne und digitaler Überwachung zu bekämpfen. Immer mehr Demonstranten halten ein weißes Blatt Papier in die Luft, um der Zensur ein Schnippchen zu schlagen.

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A4-Revolution wird zur Welle wie es sie seit 1989 nicht mehr gegeben hat

Die mittlerweile A4-Revolution genannten Proteste nehmen verschiedenste Formen an und haben sich im ganzen Land zu einer Welle entwickelt, wie es sie seit 1989 nicht mehr gegeben hat. Ausgelöst wurden die Kundgebungen durch einen Hochhausbrand in Urumqi mit zehn Todesopfern, wobei der Lockdown in der Hauptstadt der Provinz Xinjiang die Evakuierung der Bewohner und die Löscharbeiten massiv behindert hat

Proteste, ja Unruhen gab und gibt es zwar immer wieder in China. Nur beschränken sie sich meist auf bestimmte Provinzen und konkrete, meist lokale Missstände: schlechte Arbeitsbedingungen in einer Fabrik, korrupte Parteisekretäre oder Chemieunternehmen, die massive Umweltschäden verursachen. Diese Art von lokalen Protesten wird zeitnah unterdrückt, etwa mit Geld, Zugeständnissen oder Repression. Die jetzigen Demonstrationen haben eine andere Qualität, die eher an den Iran als an China erinnert. Zum einen beteiligen sich unterschiedliche soziale Gruppen wie Arbeiter, Studenten, Rentner und Geschäftsleute. Zum anderen gibt es eine überregionale Dimension.

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Währenddessen steigt die Zahl der Infizierten rasant. Die Behörden melden für das ganze Land fast 40.000 Neuansteckungen – ein neuer Höchststand, mit mehr als 4.300 Neuinfektionen in Peking. Bei einem Stand von 4.000 wurde Ende März die 25-Millionen-Einwohner-Stadt Shanghai in einen zweimonatigen Lockdown geschickt. Noch können sich in Peking viele Menschen frei bewegen, allerdings sind Schulen, Restaurants und alle Geschäfte bis auf Lebensmittelläden geschlossen. Derzeit gelten lediglich für drei der 100 größten chinesischen Städte keine Beschränkungen. Für die so sehr auf Kontrolle bedachte Führung ist es gefährlich, dass immer mehr Demonstranten ein Ende des Machtmonopols der Kommunistischen Partei fordern und die Spitze der Partei, also Xi Jinping höchstpersönlich, herausfordern.

 

Welches Ausmaß der Widerstand noch annehmen wird lässt sich schwer abschätzen. Doch die Geschwindigkeit, mit der sich die Protestwelle verbreitet hat, versetzt die Führung in Sorge. Seit der Demokratiebewegung von 1989 ist auf so vielen Straßen in China nicht mehr so offen zum Sturz der Parteiführung aufgerufen worden. Gleichwohl sollte man dies nicht überschätzen. Es wäre zu früh anzunehmen, dass die Demonstrationen eine ernsthafte Gefahr für das kommunistische Regime darstellen könnten, denn die Mehrheit der Demonstranten fordert nur eine Lockerung der Corona-Maßnahmen und nicht das Ende der Kommunistischen Partei. Noch.

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