


Für Deutschlands Versicherungsmakler steht in Sachen Krankenversicherung zwar die Private im Zentrum ihres Neugeschäfts. Auch weil die gesetzlichen Kassen ihnen mit knapp 100 Euro nur eine vergleichsweise geringe Aufwandsentschädigung für die Vermittlung eines Kunden zahlen. Dennoch sollten die Makler über die aktuellen Trends in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf dem Laufenden bleiben. Denn die private Absicherung der eigenen Gesundheit bietet nicht nur „Versorgung mit Spitzenmedizin“, sagt Allianz-Vertriebsvorstand Thomas Wiesemann im Interview mit DAS INVESTMENT als Top-Vertriebsargument für die PKV.
GKV-Beitragssatz erreicht psychologische Grenze
„Aber auch auf der Kostenseite wurde bei der GKV eine psychologische Grenze erreicht: In diesem Jahr zahlt man als freiwillig Versicherter inklusive der Pflegeversicherung erstmals mehr als 1.000 Euro pro Monat“, erklärt Wiesemann. Grund dafür ist die von 59.850 auf 62.100 Euro pro Jahr gestiegene Beitragsbemessungsgrenze. Bis zu dieser Höhe fließt ein Prozentsatz des Einkommens als Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. „Das führt dazu, dass sich Angestellte mit einem Gehalt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze die PKV zumindest als Alternative anschauen sollten“, so der Chef des PKV-Maklervertriebs der Allianz weiter.
2023 wechselten deutlich mehr Menschen zur PKV

Weiterhin steigender Zusatzbeitrag zu erwarten
Die genauen Kostenunterschiede zwischen PKV und GKV hängen unter anderem vom kassenindividuellem Zusatzbeitrag ab. Dieser beträgt derzeit 1,7 Prozent im Durchschnitt aller 95 zum Stichtag 1. Januar verbliebenen Krankenkassen. Fällig wird er als direkt vom Bruttolohn abgezogener Aufschlag auf den allgemeinen GKV-Beitragssatz von derzeit 14,6 Prozent. Zukünftig dürften diese Lohnnebenkosten wieder steigen: Allein im kommenden Jahr sei mit einem zusätzlichen Finanzbedarf von 0,5 bis 0,6 Prozentpunkten zu rechnen, prognostizierte die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, Mitte Juni.
Beitragssteigerung auch mitten im Jahr 2024

Die gesetzlichen Versicherer erwarten angesichts steigender Milliardenausgaben für zunehmende Gesundheitsausgaben aber nicht mehr nur zum üblichen Termin am Jahresbeginn Beitragserhöhungen für die meisten der insgesamt 58 Millionen Mitgliedern und 16 Millionen beitragsfrei Mitversicherten. Allein im Juli Kassen mussten acht Kassen ihren Zusatzbeitrag bereits vorab anheben. Den aktuellen Stand zeigen die Betreiber des Internetportals Krankenkasseninfo.de in ihrem Zusatzbeitrag-Ranking, das sich aufgrund regionaler Anbieter wie den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) je nach Bundesland unterscheiden kann.
KKH-Zusatzbeitrag ab August auf Rekordniveau
Aktuell erhöht beispielsweise die Kaufmännische Krankenkasse aus Hannover (KKH) ihren Zusatzbeitrag ab August „noch einmal kräftig auf Rekordniveau“, berichtet „Krankenkasseninfo.de“. „Die betroffenen Mitglieder zahlen nun den höchsten Beitragssatz unter allen Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung.“ Bereits zu Jahresbeginn sei der KKH-Zusatzbeitrag auf knapp 2 Prozent geklettert. „Nach nur sieben Monaten steigt der nun noch einmal um mehr als die Hälfte auf den Rekordwert von 3,28 Prozent. KKH-Mitglieder und deren Arbeitgeber müssen nun sage und schreibe 17,88 Prozent vom Bruttoverdienst allein für die Krankenversicherung abführen.“
Wer die Kasse wechselt, spart deutlich
Selbstständige KKH-Versicherte mit einem Verdienst über der Beitragsbemessungsgrenze zahlen damit einen Höchstbeitrag von monatlich 925,29 Euro. Mit dem Pflegebeitrag zusammen werden bis zu 1.100 Euro fällig, rechnen die Portalbetreiber aus dem sachsen-anhaltinischen Halle weiter vor. „Bei solchen Rekordbeitragssprüngen steigen aber auch die Einsparmöglichkeiten durch einen Krankenkassenwechsel sehr deutlich.“ Arbeitnehmer sparen in einer günstigeren Krankenkasse bis zu 60 Euro im Monat bei den Sozialabgaben – ebenso ihre Arbeitgeber. Selbstständige KKH-Mitglieder müssten bis zu 123 Euro im Monat weniger für ihre Krankenversicherung ausgeben.
Kostentreiber: Krankenhaus und Arzneien
Der GKV-Anbieter aus Hannover verweist im Zusammenhang mit dem jüngsten Beitragssprung auf „erweiterte Zusatzleistungen für Versicherte“. Konkret sollen die Zuschüsse für eine professionelle Zahnreinigung angehoben werden. Ebenso will die KKH ihren rund 1,6 Millionen Versicherten mehr Geld für Gesundheitskurse erstatten. Auch im Bereich Hautkrebsvorsorge und Osteopathie erweitere sich der Leistungskatalog. Die gleichzeitige „Anpassung des Beitragssatzes ist auf unerwartet hohe Kostensteigerungen in der gesamten GKV zurückzuführen“, heißt es von der KKH. „Kostentreiber sind vor allem Ausgaben im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich.“
Auch IKK Classic und Knappschaft erhöhen
„Andere Krankenkassen haben ebenfalls bereits auf die Unterfinanzierung der GKV reagiert und ihre Beiträge angepasst“, betont die KKH. Ebenfalls zum 1. August steigert beispielsweise die IKK Classic aus Dresden ihren seit Januar geltenden Zusatzbeitragssatz von 1,70 auf 2,19 Prozent. Auch die Knappschaft aus Bochum dreht aktuell an der Preisschraube und erhöht ihren Satz um 0,5 Prozentpunkte sogar auf 2,7 Prozent. Denn „trotz seriöser sowie vorausschauender Finanzplanung und trotz aller Sparbemühungen“ reichten die finanziellen Mittel nicht aus, um ohne einen höheren Zusatzbeitragssatz die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung der Versicherten zu decken.
Zusatzbeiträge der drei günstigsten Krankenkassen
Bei welchen GKV-Anbieter Kunden Geld sparen können, zeigt „Krankenkasseninfo.de“ in Listen der günstigsten Krankenkassen je Bundesland: Preisführer unter den bundesweit geöffneten Krankenkassen ist demnach BKK Firmus aus Bremen mit einem Zusatzbeitrag von 0,90 Prozent (Stand: 18.07.2024). Es folgen die ebenfalls in Bremen ansässige Handelskrankenkasse (HKK; Zusatzbeitrag: 0,98 Prozent) und die Audi BKK (Zusatzbeitrag: 1,00 Prozent). Auch die letztgenannte Betriebskrankenkasse aus Ingolstadt muss jeden Pflichtversicherten unabhängig von seiner persönlichen Gesundheitssituation aufnehmen.