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Policen gegen Betriebsschließung Gericht entkräftet Argumente von Versicherern

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In der Sars-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung in Berlin vom 17. März 2020 ist unter anderem Folgendes geregelt:

  • 3 Gaststätten und Hotels

 (...)

(4) Hotels und andere Beherbergungsbetriebe dürfen keine touristischen Übernachtungen anbieten.

Am 17. März 2020 wurde der Versicherung seitens der Hotelbetreiberin in den drei streitgegenständlichen Verträgen jeweils der Eintritt des Versicherungsfalls gemeldet.

Der Versicherer lehnte jedoch den Versicherungsschutz ab, unter anderem mit der Begründung, der Krankheitserreger Sars Corona-Virus sei als Krankheitserreger nicht mitversichert. Es handele sich um eine lediglich temporär meldepflichtige Krankheit, die nicht namentlich genannt werde. Da eine Betriebsschließung aufgrund eines konkreten Verwaltungsakts nicht vorliege, sei zu bezweifeln, ob überhaupt eine behördliche Anordnung erfolgt sei. Denn es sei kein betriebsspezifischer Verwaltungsakt ergangen. Stattdessen sei ein allgemeines Kontaktverbot oder allgemeine Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung lediglich in Form einer Allgemeinverfügung oder gar einer Rechtsverordnung ergangen. Die Versicherung greife jedoch nur, wenn eine Schließung aufgrund einer aus dem konkreten Betrieb stammenden Gefahr erfolge.

Darüber hinaus habe keine Behörde die Schließung angeordnet. Stattdessen seien alle Außerkontakte deutlich eingeschränkt worden. Bei der Schadenshöhe könne nicht einfach auf den Vergleichsmonat des Vorjahres abgestellt werden. Denn die Ausbreitung des Corona-Virus habe bereits im Januar und Februar 2020 sowie Anfang März deutliche Auswirkungen gehabt, welche bei der Berechnung des Betriebsgewinns zu berücksichtigen seien und nicht ausgeblendet werden dürften.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG Mannheim vertrat die Ansicht, dass die Versicherte jeweils Anspruch auf Leistungen aus den bestehenden Betriebsunterbrechungsversicherungen hat, da eine bedingungsgemäß versicherte faktische Betriebsschließung vorliege:

Das Gericht sieht das Sars-Corona-Virus als einen meldepflichtigen Krankheitserreger beziehungsweise die dadurch ausgelösten Erkrankungen als meldepflichtige Krankheiten - was bedingungsgemäß versichert ist. Das ergebe auch die Auslegung der Bedingungen. Denn hierbei sei auf einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen, verbleibende Zweifel nach Paragraf 305c Abs. 2 BGB gingen zu Lasten des Verwenders - hier also des Versicherers.

Selbst der verständige Versicherungsnehmer dürfe in einem solchen Fall davon ausgehen, dass alle unter die Paragrafen 6 und 7 IfSG fallenden Erreger und Krankheiten Grundlage der Betriebsschließung sein können. Erst recht wird er davon ausgehen, dass spätere Änderungen dieser Normen auf den Vertrag Anwendung finden. Das liegt auch im Interesse des Versicherers. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Krankheiten aus diesem Gesetz zukünftig wieder herausgenommen werden. Im Übrigen habe der Versicherer es ja selbst in der Hand, einen entsprechenden Bedingungskatalog zu verfassen, welcher konkreter konzipiert ist.

Das LG hält auch die behördliche Allgemeinverfügung als eine versicherte Maßnahme im Sinne der Versicherungsbedingungen der Betriebsschließungsversicherung. Der Sinn und Zweck der Regelung, Betriebsunterbrechungen durch behördliche Maßnahmen aufgrund des IfSG abzufedern, spricht dafür, derartige faktische Schließungen unter diese Klausel zu subsumieren.

Auswirkungen auf die Praxis

Das LG Mannheim hat damit eine für Versicherte günstige Entscheidung getroffen. Zwar erging diese Entscheidung in Form eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und wurde im Ergebnis negativ für die Versicherte beschieden. Dennoch prüfte das Gericht im vorliegenden Einzelfall, ob die behördlich angeordnete Betriebsschließung aufgrund einer Allgemeinverfügung versichert ist, dabei insbesondere, ob das Corona-Virus in die Versicherungsbedingungen hineinzulesen ist. Beides hat das Gericht bejaht.

Diese Entscheidung ist zu begrüßen. Die Kanzlei Jöhnke & Reichow vertritt viele Versicherte in Fällen von Leistungsablehnungen aufgrund einer Betriebsschließung. Die Versicherten haben mit dieser Entscheidung gute Chancen, die vollen Leistungen aus ihren Versicherungsverträgen zu erhalten. Zwar ist jeder Versicherungsfall hinsichtlich der Versicherungsbedingungen im Einzelnen zu überprüfen. Dennoch war die Wertung des Gerichts zu erwarten und ist rechtlich nachvollziehbar. Weitere Informationen zur Betriebsschließungsversicherung finden Sie hier >>


Über der Autor:
Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht
und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Er ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

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