Jörn Quitzau ist Volkswirt und Leiter des Bereichs Wirtschaftstrends bei der Berenberg Bank.Foto: Berenberg
Um der Wirtschaft in der Corona-Krise unter die Arme zu greifen, nehmen Staatschefs hohe Schulden auf. Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau erklärt, wie es aktuell um die Finanzen großer Industrienationen bestellt ist und welche unangenehmen Nebenwirkungen expansive Geldpolitik auf Dauer haben kann.
Zentralbanken kommen in wirtschaftlichen Notlagen ihrer Funktion als „lender of last resort“ nach. Die Erfolge der Maßnahmen während der Finanzkrise und während der Corona-Pandemie sprechen für sich.
Doch die generell erfolgreiche Geldpolitik hat unerwünschte Nebenwirkungen:
Weil die Zentralbanken mit ihren expansiven Krisen-Interventionen bemerkenswert gute Ergebnisse erzielt haben, ist die Versuchung groß, auch in wirtschaftlich normalen Zeiten an einer (ultra-) expansiven Geldpolitik festzuhalten. Gemäß der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) werden die unkonventionellen Instrumente dadurch zunehmend konventionell.
Die äußerst niedrigen Zinsen sind verführerisch. Selbst hoch verschuldete Staaten können höhere, schuldenfinanzierte Ausgaben tätigen, ohne deswegen nennenswert höhere Zinsen fürchten zu müssen. Weil die Zentralbanken mit ihren Staatsanleihekäufen die Zinsen niedrig halten, sind etwaige Sanktionen der Finanzmärkte weitgehend ausgeschaltet. Auf Dauer wird damit eine nicht-nachhaltige Finanzpolitik begünstigt.
Erreichen die Schulden nun ein Niveau, bei dem sich die Staaten wegen höherer Risikoprämien nicht mehr zu vertretbaren Konditionen am privaten Kapitalmarkt refinanzieren können oder gar eine Schuldenkrise droht, steigt der Druck auf die Zentralbanken, die expansive Geldpolitik fortzuführen, um die Finanzierungslast für die Staaten zu senken („Fiskalische Dominanz“).
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Zentralbanken kommen in wirtschaftlichen Notlagen ihrer Funktion als „lender of last resort“ nach. Die Erfolge der Maßnahmen während der Finanzkrise und während der Corona-Pandemie sprechen für sich.
Abb. 3: Käufe von Staatsanleihen durch die Zentralbank; Anteil der Zentralbankkäufe aller marktfähigen Wertpapiere oder Schuldverschreibungen der Zentralregierung, die seit Februar 2020 ausgegeben wurden. Quelle: IWF
Doch die generell erfolgreiche Geldpolitik hat unerwünschte Nebenwirkungen:
Weil die Zentralbanken mit ihren expansiven Krisen-Interventionen bemerkenswert gute Ergebnisse erzielt haben, ist die Versuchung groß, auch in wirtschaftlich normalen Zeiten an einer (ultra-) expansiven Geldpolitik festzuhalten. Gemäß der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) werden die unkonventionellen Instrumente dadurch zunehmend konventionell.
Die äußerst niedrigen Zinsen sind verführerisch. Selbst hoch verschuldete Staaten können höhere, schuldenfinanzierte Ausgaben tätigen, ohne deswegen nennenswert höhere Zinsen fürchten zu müssen. Weil die Zentralbanken mit ihren Staatsanleihekäufen die Zinsen niedrig halten, sind etwaige Sanktionen der Finanzmärkte weitgehend ausgeschaltet. Auf Dauer wird damit eine nicht-nachhaltige Finanzpolitik begünstigt.
Erreichen die Schulden nun ein Niveau, bei dem sich die Staaten wegen höherer Risikoprämien nicht mehr zu vertretbaren Konditionen am privaten Kapitalmarkt refinanzieren können oder gar eine Schuldenkrise droht, steigt der Druck auf die Zentralbanken, die expansive Geldpolitik fortzuführen, um die Finanzierungslast für die Staaten zu senken („Fiskalische Dominanz“).
Im Extremfall droht also ein Teufelskreis aus schuldentreibender Finanzpolitik und expansiver Geldpolitik. Dass dies nicht nur eine theoretische Gefahr ist, zeigt ein Blick in die USA. Hohe Haushaltsdefizite haben sich inzwischen etabliert. Selbst in konjunkturell guten Jahren, die eigentlich zu Haushaltsüberschüssen führen sollten, sind Defizite von 4 Prozent des BIP und mehr normal (Abbildung 4).