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Politische Risiken Nach Minus im ersten Halbjahr – was bei Aktien und Anleihen jetzt zu erwarten ist

Philippe Uzan, Chefanlagestratege von EdRAM: „Anleger sollten Aktien gegenüber Anleihen bevorzugen und antizyklisch allokieren“
Philippe Uzan, Chefanlagestratege von EdRAM: „Anleger sollten Aktien gegenüber Anleihen bevorzugen und antizyklisch allokieren“

Die erste Jahreshälfte illustriert bestens das Dilemma, in dem sich die Investoren nach einem auf breiter Front außergewöhnlich gutem Jahr 2017 befinden. Obwohl die Wirtschaftsindikatoren sich robust zeigen, die Inflation unter Kontrolle ist und die Notenbanken weitgehend eine lockere Geldpolitik betreiben, liegt die Performance der meisten Aktien- und Anleihemärkte seit Jahresanfang im Minus. Starke positive Erträge waren selten und die Volatilität hat wieder zugenommen.

Optimistischer Ausblick

Nach dem Aufatmen infolge des Wahlsieges von Emmanuel Macron im Frühjahr 2017 sind die politischen Risiken mit voller Wucht zurückgekehrt und lassen alte Unsicherheiten wieder aufleben oder sorgen für neue. Diese Situation dürfte aufgrund anstehender Wahlen in den kommenden Monaten anhalten. Investoren sollten daher wachsam sein. Nichtsdestotrotz: Das amerikanische Wirtschaftswachstum hat sich wieder beschleunigt, Chinas Wirtschaft ist nach wie vor robust und die Geldpolitik für das zweite Halbjahr 2018 ist sehr gut absehbar. All dies spricht für einen weiterhin optimistischen Ausblick.

Aus diesem Grund lautet unsere Allokation für die zweite Jahreshälfte: Fokus eher auf Aktien als auf Anleihen liegen, taktische Anpassungen sind aber möglich. Bei Aktien sollten Anleger lieber einem thematischen als einem rein geografischen Ansatz folgen. Bei Anleihen sind langfristige Zinsen noch zu niedrig, Kreditrisiken werden wieder etwas besser belohnt.

Die politischen Wolken verdichten sich

Die globale wirtschaftliche Erholung setzte sich in der ersten Jahreshälfte 2018 fort, allerdings mit einem leicht reduzierten und weniger synchronen Tempo. Dank der Ende 2017 in Kraft getretenen Steuerreform beschleunigte sich die US-Wirtschaft weiter im Alleingang, während die Dynamik in Japan und den meisten europäischen Staaten nachließ. Bei den Schwellenländern setzte China seinen kontrollierten moderaten Abkühlungskurs fort. Einige anfälligere Länder wie Brasilien, die Türkei und Südafrika mussten deutliche Kapitalabflüsse hinnehmen. Die US-Notenbank Fed hat die geldpolitische Normalisierung fortgesetzt und die Zinsen in jedem Quartal um 25 Basispunkte angehoben. Der Europäischen Zentralbank (EZB) ist es gelungen, das Auslaufen ihres Kaufprogramms für Ende 2018 zu verkünden, ohne den Euro nach oben zu treiben. Allerdings musste sie dafür sehr klare Signale senden, dass sie die aktuelle Zinspolitik noch länger als ein Jahr fortsetzt.

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Seit März 2018 eine unsichere Stimmung

Die Marktstimmung hat sich gegenüber 2017 deutlich verändert. An den Aktienmärkten ging es in den ersten sechs Monaten des Jahres auf und ab, da Investoren schwankten, das Glas halb voll oder halb leer zu sehen. Die erste Welle von Turbulenzen Ende Januar und Anfang Februar schien das Ende der märchenhaften Bedingungen zu markieren, die wir bereits vor sechs Monaten beobachten konnten. Positive makroökonomische Nachrichten haben einen Anstieg der Anleiherenditen ausgelöst, Bewertungen fallen und die Volatilität steigen lassen. Die seit März zunehmende unsichere Stimmung lässt sich jedoch vor allem auf politische Risiken zurückführen.

Politik für teureres Öl verantwortlich

Unserer Ansicht nach erklärt sich der anschließende Anstieg der Ölpreise zum Teil aus den zunehmend einflussreichen Falken in der Trump-Regierung und dem US-Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Der 50-prozentige Preisanstieg in zwölf Monaten (Quelle: Bloomberg) stellt einen Mini-Ölschock dar und spielte sicherlich eine Rolle in der wirtschaftlichen Abkühlung außerhalb der USA. Italiens Parlamentswahlen mündeten in einer neuartigen Regierungskoalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega. Dieses Ergebnis demonstriert die Stärke der populistischen Bewegungen und das anhaltend fragile Fundament der Europäischen Union. Und Donald Trump, der gerade erst Unternehmenslenker positiv mit einer beeindruckenden Steuerreform überrascht hat, besinnt sich nun auf die protektionistische Seite seines Programms und lässt die Ängste vor einem Handelskrieg nicht nur mit China, sondern auch mit den traditionell Verbündeten wieder aufleben.

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