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Rebalancing: Warum jetzt der ideale Zeitpunkt ist

Viele Anlegerinnen und Anleger wissen, wie essenziell eine breite Diversifikation des Portfolios ist. Oft gerät jedoch ein ebenso wichtiger Aspekt in den Hintergrund: das regelmäßige Rebalancing. Denn ohne Rebalancing verliert das Portfolio die mühsam erarbeitete Aufteilung und Streuung, da sich nicht alle Anlagen gleich entwickeln.
Der Jahresbeginn bietet eine ideale Gelegenheit, das eigene Portfolio zu überprüfen. Quasi ein echter „Frühjahrsputz“, um langfristig die richtige Balance zwischen Chancen und Risiken zu bewahren. Robin Binder, CEO und Gründer des Wealthtechs Nao, erklärt, worauf es beim Rebalancing ankommt. Außerdem erläutert er, welche Strategien für ein nachhaltiges Rebalancing zur Verfügung stehen.
Darum ist Rebalancing notwendig
Rebalancing bedeutet, das Portfolio in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Marktveränderungen führen dazu, dass sich die ursprüngliche Gewichtung der Asset-Klassen verschiebt. So haben in den vergangenen Monaten beispielsweise der KI- und Krypto-Boom viele Portfolios stark beeinflusst. Nicht selten zugunsten einer einseitigen Verteilung.
Gerade Anlagen wie Kryptowährungen haben im Jahr 2024 eine starke Entwicklung gezeigt. Dadurch haben sie in vielen Portfolios an Bedeutung gewonnen, die oft weit über die ursprünglich geplante spekulative Position hinausgeht.
Eine zu starke Konzentration auf bestimmte Asset-Klassen oder einzelne Titel birgt Risiken. Rebalancing bewahrt die Balance zwischen Rendite und Sicherheit und richtet das Portfolio wieder auf die persönlichen Anlageziele aus. Dabei ist es wichtig, auch die Gewichtung von ETFs und Einzeltiteln zu überprüfen. Denn während Tech-Aktien als Einzeltitel im Portfolio stark zugenommen haben, sind sie auch in vielen ETFs höher gewichtet als noch vor einigen Jahren.
Drei wichtige Vorteile des Rebalancings
- Strategietreue bewahren: Durch Marktveränderungen weicht die ursprüngliche Portfolio-Allokation nach einiger Zeit oft stark ab. Regelmäßiges Rebalancing stellt sicher, dass die individuelle und durchdachte Anlagestrategie beibehalten wird.
- Risikomanagement beibehalten: Ein unausgeglichenes Portfolio kann zu einer ungewollt hohen Risikokonzentration führen. Durch Umschichtungen wird das Risiko auf mehrere Anlageklassen verteilt. Dadurch wird das Portfolio wieder breiter diversifiziert und Einzelrisiken werden reduziert.
- Neue Chancen nutzen: Durch einen strukturierten Ansatz werden Gewinne mitgenommen und in Anlagemöglichkeiten investiert, die noch keinen Boom hinter sich haben. Es sei denn, man hat seine Strategie bewusst geändert und möchte eine gewisse Konzentration beibehalten.
Welche Rebalancing-Strategien gibt es?
Es gibt verschiedene Herangehensweisen, die abhängig von Anlagezielen, Risikobereitschaft und der individuellen Strategie sinnvoll sein können. Dabei kann die Wahl des Rebalancingzeitpunkts auf unterschiedliche Weise erfolgen. Eine Möglichkeit sind bestimmte Schwellenwerte, die ein Rebalancing auslösen. Andere Optionen sind feste zeitliche Regeln oder ein kontinuierlicher Ansatz, der zu einer laufenden Anpassung der Allokation führt.
Das sind die fünf gängigsten Rebalancing-Strategien:
Zeitbasiertes Rebalancing
Bei dieser Methode wird das Portfolio in festen zeitlichen Abständen – beispielsweise jährlich oder halbjährlich – überprüft. Diese Strategie bietet den Vorteil, dass sie einfach umzusetzen, wenig komplex und gut planbar ist. Allerdings kann es passieren, dass gerade bei extremen Marktveränderungen zwischen den festgelegten Zeitpunkten ein starkes Ungleichgewicht oder Klumpenrisiken entsteht.
Wertbasiertes Rebalancing
Hier erfolgt die Anpassung des Portfolios, sobald die Gewichtung einer Anlageklasse einen vorher definierten Schwellenwert überschreitet. Eine Neujustierung wird beispielsweise dann vorgenommen, wenn eine Asset-Klasse um mehr als 5 Prozent von der Ursprungsallokation abweicht. Diese Methode ist besonders effektiv, um extreme Schwankungen auszugleichen und Risikofokussierungen zu vermeiden.
Regelbasiertes Rebalancing
Diese Strategie nutzt vordefinierte Regeln, um das Portfolio automatisiert anzupassen. Das können beispielsweise Trigger auf Basis von Kursbewegungen oder Volatilitätsindikatoren sein. Insbesondere professionelle Anleger greifen häufig auf regelbasierte Ansätze zurück, da sie dadurch Emotionen aus dem Investmentprozess vollständig ausschließen können. Bei vielen Privatanlegenden ist jedoch zu beobachten, dass sie, trotz fester Regeln, Gewinne häufig vorzeitig mitnehmen. Mit der Realisation von Verlusten tun sie sich dagegen schwer.
Zielbasiertes Rebalancing
Diese Methode orientiert sich an den individuellen Anlagezielen, etwa einer bestimmten Rendite oder dem Wunsch nach einem stabilen Einkommensstrom. Anlegerinnen und Anleger passen ihr Portfolio gezielt an, um ihren langfristigen Finanzplan einzuhalten. Dies kann zum Beispiel der Wunsch nach Zins- oder Dividendenzahlungen in einer bestimmten Höhe auf das Gesamtportfolio sein. Sobald bestimmte Portfoliobestandteile an Wert gewonnen haben, kann es notwendig sein, sich zum Beispiel von Wachstumsaktien zu trennen. Freigewordenes Kapital kann dann in festverzinsliche Produkte wie Anleihen oder Private Debt investiert werden.
Kontinuierliches Rebalancing
Anstatt großer, periodischer Anpassungen erfolgt bei dieser Strategie eine kontinuierliche, kleine Umschichtung. Das Ziel: Die Zielallokation mit so wenig Abweichungen wie möglich beizubehalten. Dies wird häufig durch automatisierte Systeme umgesetzt, die kleinste Differenzen sofort korrigieren. Diese Methode ist dem regelbasierten Rebalancing sehr ähnlich. Allerdings lösen hier keine speziellen Trigger die Umschichtungen aus, sondern die anteilige Zielallokation.
Wann sollte ein Rebalancing erfolgen?
Der richtige Zeitpunkt hängt von verschiedenen Faktoren und der entsprechenden Strategie ab. Grundsätzlich ist es für Anlegerinnen und Anleger sinnvoll, ihr Portfolio mindestens einmal im Jahr zu überprüfen.
Übrigens: In diesem Turnus sollte auch die eigene Strategie hinterfragt und geprüft werden. Haben sich die eigenen Ziele geändert? Wenn nicht, reicht in der Regel ein Rebalancing. Haben sich die Ziele geändert, sollte die gesamte Allokation angepasst werden.
Zusätzlich kann es sinnvoll sein, auf markante Marktereignisse wie starke Kursanstiege oder -verluste zu reagieren. Wer den Hype um Meme-Aktien mitverfolgt hat, weiß, wie wichtig eine rechtzeitige Gewinnsicherung sowie ein aktives Risikomanagement ist. Und das ganz losgelöst von festen Regeln.
Wichtige Aspekte beim Rebalancing
- Individuelle Anlagestrategie: Rebalancing ist in Bezug auf die persönlichen Anlageziele eher statisch. Der Hintergrund: Die persönliche Allokation wurde bereits bei der Portfoliokonstruktion festgelegt. Das Rebalancing sorgt dafür, dass die Balance beibehalten wird. Um so wichtiger ist es aber, dass Anlegende auch die grundsätzliche Allokation regelmäßig überprüfen.
- Kosten: Häufige Umschichtungen können Transaktionskosten verursachen, die den Anlageerfolg schmälern. Eine effiziente Planung ist deshalb entscheidend. Denn wenn die Kosten die Rendite auffressen, ist es egal, wie gut das Portfolio ist.
- Disziplin: Emotionen spielen oft eine große Rolle beim Investieren. Ein klarer Plan hilft, impulsive Entscheidungen zu vermeiden und zielgerichteter zu investieren.
Disziplin zahlt sich aus
Regelmäßiges Rebalancing ist ein entscheidender Baustein für ein langfristig erfolgreiches Portfolio. Wer seine Allokation kontinuierlich überprüft, wiederherstellt oder gegebenenfalls anpasst, kann Risiken minimieren, Chancen nutzen und persönliche Anlageziele langfristig erreichen.
Mit einer durchdachten Strategie ist das Wohlfühl-Portfolio keine Illusion – und es benötigt weniger Zeitaufwand, als viele denken.
Über Robin Binder

Robin Binder ist CEO & Founder von Nao, eine Multi-Asset-Plattform, die Investments wie Private Equity, Hedgefonds und private Infrastruktur-Anlagen ab 1.000 Euro investierbar macht. Zuvor war er knapp acht Jahre für die Unicredit Bank tätig und beriet Mid-Cap-Unternehmen. Anschließend baute er das Neo Family Office Zeitgeist Group sowie den Fintech-VC Zeitgeist X Ventures auf. In seiner Rolle als Geschäftsführer des Frühphasen-VCs war er unter anderem an Investments in aufstrebende Fintechs beteiligt, darunter Bling, Timeless und Unitplus.