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Porträt von Charles Munger Buffetts Mann im Hintergrund

Aktualisiert am in AktienLesedauer: 8 Minuten

Der überragende Investmenterfolg von Berkshire Hathaway wird in der Öffentlichkeit in der Regel mit Warren Buffett verknüpft. Und dieser ist als größter Aktionär, Vorsitzender und Hauptentscheidungsträger zweifelsohne die zentrale Figur. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass er seit Anfang der Sechziger Jahre von einem kongenialen Partner wesentlich beeinflusst wird: Charles Thomas (genannt „Charlie“) Munger, der seit 1978 auch offiziell als stellvertretender Vorsitzender fungiert.

Wesensfremde mit einem Ziel

Buffett und Munger sind auf den ersten Blick sehr unterschiedlich, und vielleicht ergänzen sie sich gerade deswegen so gut: Buffett ist politisch den Demokraten zugeneigt, gilt als knauserig und hat neben seinen Geschäften wenig andere Interessen. Die Ausbildung als Investor erhielt Buffett beim Vater des Value-Investing Benjamin Graham.

Munger hingegen ist erklärter Republikaner und gilt als äußerst großzügig, sowohl was den eigenen gehobenen Lebensstil wie auch Spenden für Bildungsinstitutionen angeht. Munger versteht sich als Generalist. Investment ist daher nur ein Interessengebiet unter vielen des ausgebildeten Juristen, der insbesondere noch als Architekt sehr aktiv – und erfolgreich – war. Sein Anlagestil basierte im Wesentlichen auf dem Wachstumsansatz von Philip A. Fisher.

Buffett ist das Sprachrohr von Berkshire Hathaway und in der Öffentlichkeit aufgrund des starken Medienechos nahezu omnipräsent.

Munger hingegen gilt als öffentlichkeitsscheu und tritt nur auf der Hauptversammlung sowie gelegentlichen Vorträgen in Erscheinung. Bei den Hauptversammlungen hält er sich auffällig zurück, was zum Beispiel darin zum Ausdruck kommt, dass er Buffetts Ausführungen in der Regel mit einem lakonischen „ich habe nichts hinzuzufügen“ („I have nothing to add“) kommentiert.

Seziermesser Munger

Bei den seltenen Gelegenheiten seiner öffentlichen Auftritte wird aber klar, warum der inzwischen 91-jährige Charlie Munger Warren Buffett und viele andere so beeindruckt hat: Er besitzt einen außergewöhnlichen Scharfsinn. Dieser führt zu genauen und tief gehenden Analysen, bei denen Schwachpunkte seziermesserscharf herausgearbeitet werden.

Munger neigt weniger als Buffett zu anschaulichen Metaphern, sondern beschreibt Probleme und die ihnen zugrunde liegenden menschlichen Schwächen in einer Klarheit, die oft gnadenlos und manchmal schon brutal ist. Wenn Munger komisch wirkt, so zumeist auf eine Art und Weise, dass dem Leser beziehungsweise Zuhörer das Lachen im Halse stecken bleibt.

Da Charlie Munger am besten für sich selbst spricht, ist im Folgenden eine Auswahl von seinen besten Zitaten zusammengestellt.

  1. „Menschen unterschätzen die Wichtigkeit einiger weniger großartiger Ideen – die Hauptbotschaft ist, dass einige wenige große Ideen für den Erfolg entscheidend sind.“ („People underrate the importance of a few simple big ideas – the chief lesson is that a few big ideas really work.“)
  2. „Viel Geld verdient man nicht mit Kaufen und Verkaufen .. aber mit Warten.“ („The big money is not in the buying and selling … but in the waiting.“)
  3. „99 Prozent der Probleme, die unsere Zivilisation bedrohen, resultieren aus einer schönfärberischen Rechnungslegung.“ … „99 Prozent aller Probleme kommen daher, dass man die Dinge zu optimistisch einschätzt. Daher benötigen wir ein viel konservativeres System zur Rechnungslegung.” („Ninety-nice percent of the troubles that threaten our civilization come from too optimistic accounting.“ … „Ninety-nine percent of the problems come from being too optimistic. Therefore, we should have a system where the accounting is way more conservative.“)
  4. „Konfuzius sagte einmal, dass echtes Wissen darin besteht, das Ausmaß der eigenen Unkenntnis zu kennen. Aristoteles und Sokrates äußerten das Gleiche. Ist dies etwas, was beigebracht oder gelernt werden kann? Wahrscheinlich ja, wenn viel vom Ergebnis abhängt. Einige Leute kennen deshalb die Grenzen ihres Wissens sehr gut, weil sie es müssen. Ein Beispiel hierfür ist ein Seiltänzer, der dies seit 20 Jahren macht und überlebt hat. Er kann diesen Beruf nicht überleben, wenn er nicht genau weiß, was er wirklich weiß und was nicht. Dies ist das Ergebnis harter Arbeit, weil ihm bewusst ist, dass er einen Fehler nicht überleben würde. … Wissen, was man nicht weiß, ist viel nützlicher, als brillant zu sein.“ („Confucius said that real knowledge is knowing the extent of one’s ignorance. Aristotle and Socrates said the same thing. Is it a skill that can be taught or learned? It probably can, if you have enough of a stake riding on the outcome. Some people are extraordinarily good at knowing the limits of their knowledge, because they have to be. Think of somebody who’s been a professional tightrope walker for 20 years – and has survived. He couldn’t survive as a tightrope walker for 20 years unless he knows exactly what he knows and what he doesn’t know.  He’s worked so hard at it, because he knows if he gets it wrong he won’t survive. ... Knowing what you don’t know is more useful than being brilliant.“)
  5. „Es ist bemerkenswert, wie viele langfristige Vorteile wie wir hatten, nur weil wir konsequent versucht haben, nicht dumm zu sein anstatt von besonders intelligent. Es liegt einige Weisheit in der Bauernregel: ‚Es sind die starken Schwimmer, die ertrinken.‘“ („It is remarkable how much long-term advantage people like us have gotten by trying to be consistently not stupid, instead of trying to be very intelligent. There must be some wisdom in the folk saying, ‘It’s the strong swimmers who drown.’“)
  6. „Es ist sehr schwer, wirklich gute Anlagemöglichkeiten zu finden. Sich auf wenige zu konzentrieren, erscheint daher für mich als eine offensichtlich gute Idee. Aber 98 Prozent der Investmentwelt denkt nicht so. Es war gut für uns – und für Sie (als Berkshire-Aktionär) – dass wir es so gehalten haben.“ („The idea that it is hard to find good investments, so concentrate in a few, seems to me to be an obviously good idea. But 98 percent of the investment world doesn’t think this way. It’s been good four us – and you – [as a Berkshire shareholder] – that we’ve done this.“)
  7. „Als mein Freund Warren Buffett und ich nach Abschluss unseres Studiums mit der Realität der Geschäftswelt konfrontiert wurden, fanden wir große und vorhersagbare Verhaltensmuster von extremer Irrationalität. Diese Irrationalitäten waren offensichtlich wichtig für das, was wir machen wollten, aber unsere Professoren hatten sie nie erwähnt. Es ist nicht einfach, das Problem der Irrationalitäten zu verstehen. Ich musste mich mit der Psychologie menschlicher Fehlurteile fast sogar gegen meinen Willen befassen. Ich wehrte mich dagegen, bis ich feststellte, dass meine Einstellung mich viel Geld kostete.“ („Just out of our respective graduate schools, my friend Warren Buffett and I entered the business world to find huge, predictable patterns of extreme irrationality. These irrationalities were obviously important to what we wanted to do, but our professors never mentioned them. Understanding the problem of irrationalities was not easy. I came to study the psychology of human misjudgement almost against my will. I rejected it until I realised that my attitude was costing me a lot of money.”“)
  8. „Viele Menschen denken, wenn man nur durch definierte Abläufe und Compliance – mit Prüfungen und Gegenprüfungen und so weiter – alles immer mehr formalisiert, kommt man zu besseren Ergebnissen. Berkshire hatte praktisch keinen strukturierten Ablauf. Wir hatten sogar kaum interne Managementinformationssysteme, bis wir dazu gezwungen wurden. Wir versuchen stattdessen in einem Netzwerk zu operieren, das auf einer bewährten Vertrauensbasis aufbaut. Dabei sind wir sehr vorsichtig, wem wir vertrauen.“ (“A lot of people think if you just had more process and more compliance — checks and double checks and so forth — you could create a better result in the world. Well, Berkshire has had practically no process. We had hardly any internal auditing until they forced it on us. We just try to operate in a seamless web of deserved trust and be careful whom we trust.“)
  9. „Einer der besten Wege, um Ärger zu vermeiden, ist es, die Dinge einfach zu halten. Wenn man die Dinge kompliziert macht – und nur ein paar Hohepriester in jedem Bereich vorgeben können, dass sie diese verstehen – findet man am Ende heraus, dass gerade diese Hohepriester überhaupt keine Ahnung haben. … Das System gerät dann oft außer Kontrolle.“ („One of the greatest ways to avoid trouble is to keep it simple. When you make it vastly complicated—and only a few high priests in each department can pretend to understand it—what you’re going to find all too often is that those high priests don’t really understand it at all…. The system often goes out of control.“)
  10. „Gelegentlich sieht man ein Unternehmen mit ganz außergewöhnlich guten Ergebnissen. Die Frage ist dann: „Wie lange kann das noch so weitergehen?“ Ich kenne nur einen Weg, dies zu beantworten. Und dieser besteht darin, darüber nachzudenken, warum die Ergebnisse heute so erscheinen – und sich dann zu überlegen, welche Faktoren dies in der Zukunft ändern könnten.“ („Frequently, you’ll look at a business having fabulous results. And the question is, ‘How long can this continue?’. Well, there’s only one way I know to answer that. And that’s to think about why the results are occurring now – and then to figure out the forces that could cause those results to stop occurring.”“)
  11. „Jedes intelligente Investieren ist Value-Investing – mehr erwerben, als man dafür bezahlt. Man muss erst das Geschäft bewerten, bevor man eine Aktie bewerten kann.“ („All intelligent investing is value investing – acquiring more than you are paying for. You must value the business in order to value the stock.“)
  12. „Die Idee exzessiver Diversifikation ist verrückt. Wir glauben nicht, dass starke Risikostreuung zu guten Resultaten führt. Stattdessen denken wir, dass fast alle guten Anlagen einen relativ niedrigen Grad an Diversifikation erfordern. Wenn man von unseren besten 15 Entscheidungen absieht, haben wir eine relativ durchschnittliche Historie. Wir haben Hyperaktivität vermieden und stattdessen viel Geduld bewiesen. Man muss gemäß seiner Prinzipien handeln, und wenn sich gute Möglichkeiten auftun, diese mit aller Energie verfolgen.“ („The idea of excessive diversification is madness. We don’t believe that widespread diversification will yield a good result. We believe almost all good investments will involve relatively low diversification. If you took our top fifteen decisions out, we’d have a pretty average record. It wasn’t hyperactivity, but a hell of a lot of patience. You stuck to your principles, and when opportunities came along, you pounced on them with vigour.“)
  13. In 2003: „Das (Finanz-)System ist fast bis zum Wahnsinn unverantwortlich. Und Menschen glauben an Sicherungen, die in Wirklichkeit keine Sicherungen sind. Es ist so kompliziert, dass ich es hier nicht richtig beschreiben kann – aber man kann sich nicht die Billionen von US-Dollar vorstellen, die hiermit verknüpft sind. Man kann sich die Komplexität nicht vorstellen. Man kann sich nicht vorstellen, wie schwierig die Rechnungslegung ist. Man kann sich nicht vorstellen, wie stark die Anreize sind, Wunschvorstellungen zu folgen, sowohl was die Bewertung wie auch die Marktliquidität [von Derivaten] angeht. … In den Bilanzen Amerikas sind viele Derivate verbucht, wodurch Gewinne ausgewiesen werden, die niemals verdient wurden, und Vermögenswerte, die niemals existiert haben.“ („The system is almost insanely irresponsible. And what people think are fixes aren’t really fixes. It’s so complicated I can’t do it justice here – but you can’t believe the trillions of dollars involved. You can’t believe the complexity. You can’t believe how difficult it is to do the accounting. You can’t believe how big the incentives are to have wishful thinking about values, and wishful thinking about ability to clear. … In the derivative books of America there are a lot of reported profits that were never earned and assets that never existed.“)

Quellen: Quotewise; Elena Holodny: „29 Brilliant Quotes From Charlie Munger, Warren Buffett's Right-Hand Man“; Charlie Munger: „Academic Economics: Strengths and Faults After Considering Interdisciplinary Needs“.

Zum Autor:

Karl-Heinz Thielmann ist der Vorstand von Long-Term Investing Research-Institut für die langfristige Kapitalanlage.

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