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Postbank-Chefvolkswirt: Inflation nistet sich ein

Alles wird teurer: Die steigende <br> Inflationsrate macht sich im Supermarktregal bemerkbar. <br> Quelle: Pixelio
Alles wird teurer: Die steigende
Inflationsrate macht sich im Supermarktregal bemerkbar.
Quelle: Pixelio
Historisch hohe Steigerungsraten auf allen Vorstufen

Die deutsche Inflationsrate ist im April auf 2,4% gestiegen. Dies ist der höchste Stand seit Oktober 2008. Noch vor sechs Monaten, also im Oktober 2010 war die Preissteigerung mit 1,3% nur gut halb so stark gewesen.
Stärkster Preistreiber war dabei in den letzten Monaten der Faktor Energie. Heizöl verteuerte sich im April schätzungsweise um rund 27% gegenüber dem Vormonat, Kraftstoffe um ca. 13%. Dagegen ist das Preisniveau bei langfristigen Konsumgütern bislang weitgehend stabil. Bei Dienstleistungen ist der Preisauftrieb verhalten, wenn auch zuletzt mit ansteigender Tendenz. Viele Beobachter stufen die aktuelle Inflationsbeschleunigung deshalb nur als vorübergehendes Phänomen ein. Wir teilen diese Ansicht nicht. Unseres Erachtens ist die Inflation kein Besucher, der nur auf eine Stippvisite hereinschaut. Vielmehr rollt der bepackte Möbelwagen bereits heran, und sollte er nicht im letzten Moment gestoppt werden, wird sich die Inflation in Deutschland häuslich einrichten - ungebeten aber hartnäckig.

Massiver Aufwärtsdruck auf den Vorstufen der Verbraucherpreise

Das ganze Ausmaß, das der Aufwärtstrend des Preisniveaus in Deutschland bereits angenommen hat, zeigt sich bislang noch nicht in den Verbraucherpreisen, sondern auf den vorgelagerten Stufen. Die Importpreise überstiegen ihr Vorjahresniveau im März um 11,3%. Im Jahre 2008, auf dem Höhepunkt der letzten Ölpreishausse, waren es dagegen in der Spitze „nur“ 8,3%. Auch aktuell spielt Öl natürlich eine wichtige Rolle. Aber es ist nur Teil des Cocktails, der die Preise treibt. Auch ohne Öl und Ölprodukte sind die Importpreise zuletzt um 7,7% im Vorjahresvergleich gestiegen, und das trotz des dämpfenden Effektes des starken Euro. Dies ist ebenso ein historisches Hoch im  wiedervereinigten Deutschland wie das Plus bei den Großhandelspreisen (einschließlich Öl) von 10,9%. Und die Liste der Rekorde lässt sich fortsetzen. Die Anstieg der Erzeugerpreise (ohne Öl) liegt bei 4,4% und der bei den deutschen Ausfuhrpreisen, die ganz bestimmt nicht rohstofflastig sind, bei 4,9% jeweils im Vergleich zum Vorjahr.

Die Heftigkeit des Preisauftriebs in dieser Breite zeigt, dass die aktuelle Beschleunigung der Inflation keineswegs monokausal ist. Sicherlich ist der Anstieg der Notierungen von Öl und anderen Rohstoffen in diesem Kontext nicht zu vernachlässigen. Von dieser Seite dürfte sogar eine gewisse Entspannung erfolgen. Die Dynamik bei den Außenhandelspreisen wird sich unseres Erachtens abschwächen, da die Hausse allmählich auslaufen sollte. Allerdings rechnen wir auch nicht mit einer Trendwende nach unten, so dass sich zumindest die bisher bei Rohstoffen gesehenen Preissteigerungen weiter durch die Kette arbeiten sollten.

Als nachhaltiger könnte sich aber eine andere Entwicklung erweisen. Derzeit zieht die starke globale Nachfrage, insbesondere aus den Schwellenländern, auch die Preise für Industriegüter nach oben. Gleichzeitig verteuert die starke Konjunktur in den Schwellenländern die dortige Produktion. Die Industrieländer und damit auch Deutschland werden jetzt also mit einer neuen Facette der Globalisierung konfrontiert. Hatte die Verlagerung von Produktionen in Niedriglohnländer über viele Jahre hinweg geholfen, die Inflation zu drücken und dann auf einem niedrigen Niveau zu stabilisieren, so steigen inzwischen die Löhne in vielen Schwellenländern rasch an. Zugleich werten die Währungen der betreffenden Länder aufgrund von Kapitalzuflüssen auf, was die Einfuhren von dort zusätzlich verteuert. Eine Trendwende ist hier nicht in Sicht. Wir rechnen vielmehr damit, dass sich die Schwellenländer in den kommenden Jahren weiterhin positiv entwickeln, dass sich die Verschiebung der wirtschaftlichen Schwerpunkte in der Welt fortsetzt und dass dies aufgrund knapper werdender Ressourcen, auch an verfügbaren Arbeitskräften, tendenziell mit einer etwas höheren Inflation einhergeht, als dies in den letzten zehn Jahren der Fall war.
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