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Postkarte aus Buenos Aires „Argentinien tanzt bald wieder Tango“

Lesedauer: 4 Minuten
Stefan Böttcher ist Fondsmanager des Magna New Frontiers Fund bei Charlemagne Capital
Stefan Böttcher ist Fondsmanager des Magna New Frontiers Fund bei Charlemagne Capital
Postkarte aus Buenos Aires – Das Analysegespräch hatte noch nicht begonnen, da bedurfte es seitens meines Gegenübers bereits eine Klarstellung:

Es gebe drei Missverständnisse bezüglich Argentiniens, erklärte mir mein Gesprächspartner:
  1. Argentinier essen Soja (NEIN. Argentinien ist weltweit der größte Produzent und Exporteur von Soja, aber es ist fast ausschließlich für den Export bestimmt)
  2. Argentinien ist ein armes Land (NEIN. Es wird geschätzt, dass Argentinier über 200 Milliarden US-Dollar an Ersparnissen außerhalb des Landes halten; das sind über 50 Prozent des Bruttoinlandprodukts
  3. Argentinier tanzen Tango (NEIN. – Wirklich?)

Es war mittlerweile das neunte Unternehmensgespräch des Tages. Wir trafen uns im Palacio Duhau in Recoleta, dem vielleicht schönsten Stadtteil von Buenos Aires. Mein Gesprächspartner war der Finanzvorstand eines der größten Immobilienunternehmen des Landes.

Wie bei allen meinen Gesprächsterminen an diesen Tagen war auch in diesem Analyse-Meeting Euphorie und Aufbruchsstimmung zu spüren.

Die neue Regierung unter Präsident Mauricio Macri ist gerade mal 50 Tage im Amt und hat bereits alle Erwartungen weit übertroffen. Nach zwölf Jahren der Kirchner-Regierungen, vier Jahre Nestor und nach dessen Tod seiner Ehefrau Christina liegt Argentinien (ökonomisch) am Boden.

Die Wirtschaft befindet sich in der Rezession, die Inflationsrate bewegt sich bei um die 30 Prozent,  die Währungsreserven sind aufgebraucht und Argentinien bleibt der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten nach dem Bankrott von 2001 weiterhin verwehrt. Ausländische Investoren vermeiden das Land schon seit Jahren.

Keine „Kamikaze-Subventionspolitik“ mehr

Nun jedoch wird alles anders - besser! Das ist jedenfalls der allgemeine Tenor. Macri hat es in kürzester Zeit geschafft, ein Team von internationalen Experten zu bilden. Die Resultate sind beeindruckend! Die Liberalisierung des argentinischen Pesos und die damit einhergehende überfällige Abwertung des offiziellen Wechselkurses um circa 40 Prozent wurden bereits in der ersten Woche seiner Amtszeit beschlossen und umgesetzt. Des Weiteren wurden Exportzölle auf Getreide drastisch reduziert oder sogar teilweise vollkommen eliminiert, um den Export wieder voranzutreiben – bereits nach einem Monat stiegen die Währungsreserven!

Der Staatshaushalt bleibt ein Problem – das Defizit wird in diesem Jahr auf 6,5 Prozent geschätzt. „Christina“ (Kirchner) hatte das Land mit ihrer Kamikaze-Subventionspolitik quasi in die erneute Pleite getrieben. Etwa 80 Prozent der Haushalte hatten beispielsweise eine monatliche Stromrechnung von 2 US-Dollar! Auch hier hat die neue Regierung reagiert und im ersten Schritt die Strompreise um das 8-Fache erhöht. Weitere Anhebungen werden folgen. Die Kapitalmärkte sind begeistert  - argentinische Bonds verzeichneten in den letzten Wochen einen starken Anstieg. Der Aktienmarkt ist ebenfalls euphorisch.


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