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Rechtsprofessor Schwintowski im Interview „Diese Vergleiche sind unwirksam“

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Michaelis: Da vermuten Sie richtig. Ich habe hier eine öffentlich zugängliche Vertriebsinformation (Gewerbe) der Versicherungskammer vom 4. März 2020 mit dem Aktenzeichen 6SV/6MVK. Da steht unter der Überschrift „Coronavirus - Versicherungsschutz in der Betriebsschließungsversicherung“ folgender, leicht gekürzter Text: „Wir informieren Sie heute über den aktuellen Versicherungsschutz in der gewerblichen Betriebsschließungsversicherung Ihrer Bestandskunden sowie zur Annahme von neuen Risiken: Wir stellen den Coronavirus „2019-nCoV“ den in unseren Bedingungen für die gewerblichen Betriebsschließungsversicherung (AVB BS 2002 – Teil B, Nr. 2, Anl. 075) namentlich genannten Krankheitserregern gleich. Als Basis gilt die Verordnung vom 1. Februar 2020 durch den Bundesminister für Gesundheit zur Erweiterung der Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz.“ Und – jetzt kommt die Schlussfolgerung: „Somit sind behördlich angeordneten Betriebsschließungen auf Grund des neuartigen Coronavirus in unserer gewerblichen Betriebsschließungsversicherung mitversichert“.

Schwintowski: Das ist in der Tat eindeutig. Die von der Versicherungskammer zunächst einmal vorgenommene Gleichstellung zu den in den AVB genannten Krankheiten beinhaltet eine Klarstellung, die zwar nicht notwendig gewesen wäre, aber dennoch zur Rechtssicherheit beiträgt. Die Versicherungskammer zieht sodann auch den völlig zutreffenden Schluss, wonach behördlich angeordnete Betriebsschließungen auf Grund des neuartigen Coronavirus in der gewerblichen Betriebsschließungsversicherung der Versicherungskammer mitversichert sind. Mehr ist in der Tat nicht zu sagen.

Michaelis: Und wie verhält sich das zur „Bayrischen Lösung“?

Schwintowski: Nach diesen Aussagen der Versicherungskammer sind die wegen Corona angeordneten Betriebsschließungen mitversichert – es bedarf somit keiner „Bayrischen Lösung“. Anders formuliert: Eine Reduktion des Versicherungsschutzes auf 10 oder 15 Prozent der vereinbarten Leistungen ist hiermit ausgeschlossen.

Michaelis: Sind Sie sicher?

Schwintowski: Mir fällt im Augenblick kein Gegenargument ein. Rechtlich gesehen, hat die Versicherungskammer mit dieser öffentlichen Vertriebsinformation klargestellt, welche Leistung sie im Falle der behördlich angeordneten Betriebsschließung nach ihrer eigenen Einschätzung im Rahmen der gewerblichen Betriebsschließungsversicherung schuldet.

Michaelis: Sie wollen also sagen, die „Bayrische Lösung“ gilt wegen dieser Verlautbarung der Versicherungskammer für sie nicht?

Schwintowski: Ja, wobei ich ergänzen würde, dass die Versicherungskammer nach ihren Bedingungen ohnehin leistungsverpflichtet war. Sie hat aber durch die Erklärung vom 4. März 2020 ihre sowieso bestehende Leistungsverpflichtung noch einmal im Interesse der Versicherungsnehmer nach außen hin klargestellt.

Michaelis: Ist die Versicherungskammer denn an solche Verlautbarungen gebunden?

Schwintowski: Ja, wenn sie Verlautbarungen dieser Art zur Erfüllung von Versicherungsverträgen, insbesondere im Schadensfall, öffentlich macht, dann tut sie genau das, was nach Paragraf 1 a Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz von ihr verlangt wird. Nämlich bei der Erfüllung von Versicherungsverträgen, insbesondere im Schadensfall, stets ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse der Versicherungsnehmer zu handeln. In diesem Falle bindet sie sich natürlich auch im Verhältnis zu allen Versicherungsnehmern.

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