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Rohstoffverfügbarkeit nimmt ab Preisexplosion bei Düngemitteln

Schaubergwerk Merkers in Thüringen; in entlegeneren Teilen des Gebirgsstocks wird weiterhin Kali gefördert
Schaubergwerk Merkers in Thüringen; in entlegeneren Teilen des Gebirgsstocks wird weiterhin Kali gefördert: Weil der Preis für Dünger durch die Decke geht, geraten weltweit die Landwirte unter finanziellen Druck. ((Hohlfeld / 0105290127)) | Foto: Imago Images / Hohlfeld

Die Preise für Düngemittel sind nach der russischen Invasion in der Ukraine rapide gestiegen, denn Russland ist ein wichtiger Produzent und Exporteur von Düngemitteln. Wegen der Kombination aus Sanktionen, der teilweisen Abschneidung der Ukraine vom Zugang zum Schwarzen Meer und Zwischenhändlern, die keine russischen Lieferungen mehr abwickeln, reiben die Landwirte rund um die Welt sich die Augen: Ihnen fällt es immer schwerer, eine angemessene Düngemittelversorgung ihrer Flächen sicherzustellen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Länder mit dem größten Düngemittelverbrauch (Brasilien, Indien, USA und China) sich nicht selbst versorgen können und daher auf umfangreiche Düngemittelimporte angewiesen sind.

Schwere Versorgungsengpässe bei allen drei Primärdüngern

Die weltweite Düngemittelindustrie produziert drei wichtige Pflanzennährstoffe: Stickstoff wird aus Erdgas gewonnen und kann in gasförmiger Form (Ammoniak) oder in fester (Harnstoff, Ammoniumnitrat) oder flüssiger Form in den Boden eingebracht werden. Der Einsatz von Stickstoff ist von entscheidender Bedeutung und muss für die meisten Pflanzenkulturen in jeder Wachstumssaison erfolgen (allein Sojabohnen können einen Teil des Stickstoffs aus der Atmosphäre binden). China, USA, Indien und Russland sind die größten Produzenten von Stickstoffdünger.

Die Phosphatproduktion erfordert aufbereitetes Phosphatgestein, Schwefel und Ammoniak. Die Landwirte können die Ausbringung von Phosphat teilweise reduzieren; es ist jedoch der am zweithäufigsten verbrauchte Pflanzennährstoff. Er ist wichtig, da er ein gutes Wurzelwachstum fördert. Phosphatgestein wird vor allem in China, Marokko, den USA und Russland gewonnen, die zusammen den größten Teil der Produktion ausmachen.

Kali ist ein Derivat von Kalium, einem Element, das in der Natur im Meerwasser oder in einer Reihe von Mineralien vorkommt. Kali wird meist aus Erzvorkommen tief in der Erde abgebaut. Die Landwirte können je nach Bodenbeschaffenheit über eine oder zwei Saisons hinweg auf die Anwendung von Kali verzichten; danach gehen die Erträge jedoch deutlich zurück. Es kann anschließend mehrere Jahre dauern, bis der Boden wieder einen angemessenen Kaligehalt aufweist. Die Kaliproduktion wird in erster Linie von Russland, Weißrussland, Kanada und China kontrolliert, da sich in diesen Ländern große Lagerstätten von Kaliumerz finden.

Die Versorgung mit allen drei Primärdüngern war bereits vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine eingeschränkt. Die chinesischen Exportverbote für Stickstoff und Phosphat sorgten bereits für eine deutliche Verknappung auf den Märkten. Auch der einzige weißrussische Kalibergbaukonzern Belaruskali lieferte ab Mitte Februar nicht mehr aus. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine fiel das weltweit verfügbare Kaliangebot in sich zusammen, weil auf Russland und das eng mit ihm verbundene Weißrussland rund 40 Prozent der weltweiten Kaliproduktion entfallen. Die Phosphatproduktion ist weniger stark in Russland konzentriert, doch trägt das Land immer noch beachtliche 11 Prozent zur Weltproduktion bei.

Mit Blick auf Stickstoffdünger entfallen rund 14 Prozent der weltweiten Harnstoffproduktion auf Russland, was zu den chinesischen Kapazitäten hinzukommt, die dem Exportmarkt entzogen wurden. Darüber hinaus hat der Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu einem sprunghaften Anstieg der Erdgaspreise in Europa geführt, dessen Volkswirtschaften auf russische Erdgasexporte angewiesen sind. Die Stickstoff- und Phosphatpreise sind entsprechend gestiegen, da Erdgas ein wichtiger Rohstoff für deren Produktion ist. Besser sieht die Situation in den USA aus: Das Erdgasangebot und die Preisgestaltung sind hier kaum von der russischen Gasproduktion beeinflusst, so dass die Düngemittelproduzenten in den USA einen erheblichen Vorteil gegenüber den europäischen Herstellern haben, die die höheren Kosten auffangen müssen.

Agrarrohstoffe vor weiteren Preissteigerungen

Für die Landwirte werden durch diese Preiserhöhungen Düngemittel immer unerschwinglicher. Ihre aufgrund der steigenden Kosten (siehe Grafik) zunehmend problematische Verfügbarkeit führt dazu, dass Landwirte weniger Dünger für den Anbau ihrer Pflanzenkulturen einsetzen. Es besteht daher die Gefahr, dass die weltweite Pflanzenproduktion beeinträchtigt wird, was Nahrungsmittelengpässe und eine weitere Inflation bei den Agrarrohstoffen verursachen kann.

Grafik: In den USA gezahlte Spot-Preise für Düngemittel (in US-Dollar/Tonne)

Quelle: Bloomberg, Stand: 25. März 2022

Insgesamt führt das derzeitige Umfeld zu einer Situation, in der sowohl die Düngemittelhersteller im Allgemeinen als auch die Produzenten von Stickstoff in den Vereinigten Staaten und im Nahen Osten im Besonderen viel Geld verdienen. Unserer Einschätzung nach könnte die erhöhte Dynamik in der Düngemittelindustrie in den nächsten ein bis zwei Jahren anhalten; der tatsächliche Zeitrahmen hängt von der Dauer und dem Ausgang des Ukraine-Krieges sowie von den laufenden Sanktionen ab.

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