Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Preisschock im Januar
Ulrich Kater ist Chefvolkswirt der Dekabank Foto: Dekabank
Im Januar stieg die Inflation nach einer Durststrecke entsprechend der Prognosen wieder über null. Ein langfristiger Trend lässt sich daraus jedoch nicht ableiten, ist Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater überzeugt.
Viele Marktteilnehmer sagen ja schon lange, dass jetzt irgendwann die große Inflation kommt. Die Gründe dafür müssen wir auch nicht lange suchen: Die lockere Geldpolitik der Notenbanken und insbesondere des Geld- und Kreditschubs wegen Corona. Der Startschuss für die Geldentwertung schien dann auch die Januar-Inflationsrate zu sein. Sie schoss überraschend von minus 0,4 auf plus 1,4 Prozent empor. Doch diese Interpretation ist zu einfach.
Zwar wird das Inflationsthema in diesem Jahr auf der Tagesordnung bleiben und manche Kursschwankung an den Anleihemärkten erzeugen, ein dauerhafter Prozess steigender Preise wird sich mindestens bis Mitte des Jahrzehnts hieraus gleichwohl nicht entwickeln....
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Viele Marktteilnehmer sagen ja schon lange, dass jetzt irgendwann die große Inflation kommt. Die Gründe dafür müssen wir auch nicht lange suchen: Die lockere Geldpolitik der Notenbanken und insbesondere des Geld- und Kreditschubs wegen Corona. Der Startschuss für die Geldentwertung schien dann auch die Januar-Inflationsrate zu sein. Sie schoss überraschend von minus 0,4 auf plus 1,4 Prozent empor. Doch diese Interpretation ist zu einfach.
Zwar wird das Inflationsthema in diesem Jahr auf der Tagesordnung bleiben und manche Kursschwankung an den Anleihemärkten erzeugen, ein dauerhafter Prozess steigender Preise wird sich mindestens bis Mitte des Jahrzehnts hieraus gleichwohl nicht entwickeln. Trotzdem liegt der Tiefpunkt der Inflationsentwicklung hinter uns. Die Ausgangsbasis für die Inflation liegt auf sehr niedrigem Niveau, denn die von der Corona-Pandemie hervorgerufene globale Rezession hatte weltweit ein deutliches Minus bei der Inflation zur Folge, besonders ausgeprägt im Euroraum.
Eine wichtige Ursache hierfür war der starke Rückgang des Ölpreises im Frühjahr 2020. Daneben war es zu außergewöhnlichen Preissenkungen in Bereichen gekommen, die besonders unter Kontaktbeschränkungen litten und weiterhin leiden. Dazu zählen Tourismus, Gastronomie und Verkehr. In den meisten anderen Sektoren ließ der Preisauftrieb ebenfalls nach, wenn auch in einem geringeren Ausmaß. In Deutschland hat die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer die Inflation in der zweiten Jahreshälfte 2020 unseren Berechnungen zufolge zusätzlich um knapp einen Prozentpunkt reduziert.
Die ersten Inflationszahlen für Januar 2021 deuten nun auf eine erhebliche Beschleunigung des Preisauftriebs hin. Diese ist zum Teil auf die wieder höheren Mehrwertsteuersätze und die Einführung einer CO2-Abgabe in Deutschland zurückzuführen. Hierbei handelt es sich um Einmaleffekte, die sich während des gesamten Jahres 2021 in den Inflationsraten niederschlagen, danach aber wieder vollständig verblassen werden.
Weitere Sondereffekte trugen in diesem Januar zur Inflationsüberraschung bei, etwa das Vorziehen von Winterschlussverkäufen im Vorfeld des angekündigten Lockdowns im Dezember 2020. Auch die Anpassung des Warenkorbs des Harmonisierten Verbraucherpreisindexes (HVPI) an das von der Corona-Pandemie geprägte Konsumverhalten des zurückliegenden Jahres dürfte im Januar zu einer Aufblähung der gemessenen Inflationsraten beigetragen haben, sich im Jahresdurchschnitt aber eher dämpfend auswirken.
Trotz dieser Relativierungen der Januar-Inflationszahlen ist vor allem in Deutschland im späteren Jahresverlauf aufgrund von Basiseffekten mit weiter steigenden Teuerungsraten zu rechnen. Hier kann im Sommer sogar die 3-Prozent-Marke überschritten werden. Diese Entwicklung sollte aber nicht das Auge davor verschließen, dass mit noch längere Zeit fortbestehender wirtschaftlicher Unterauslastung und niedrigeren Lohnsteigerungen die fundamentalen Einflüsse auf die Inflation schwach bleiben.
Nach dem Auslaufen der zahlreichen temporären Sondereinflüsse dürfte die Inflation im Jahr 2022 daher wieder ein gutes Stück zurückgehen. Wesentlich ist nun, dass die Geldpolitik eine klare Linie vorgibt, wie sie mit diesen und in milderer Form auch in anderen Euro-Mitgliedstaaten auftretenden Zahlen umzugehen gedenkt. Stützt sie sich wie von uns erwartet auf den mittelfristigen Inflationsausblick, so sollten sich die Auswirkungen auf die Renditen und einer steileren Zinskurve relativ moderat ausnehmen.
Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?
Über den Autor